Gegen den 22-jährigen in Berlin in Untersuchungshaft sitzenden Kofferbomber Youssef Mohammad al Hajdib hat die Bundesanwaltschaft Anklage erhoben. Ihm wird versuchter Mord und versuchter Sprengstoffanschlag vorgeworfen. Für eine Anklage, Mitglied einer terroristischen Vereinigung gewesen zu sein, hat es offenbar nicht gereicht. Generalbundesanwältin Monika Harms, die die Anklageschrift selbst verfasste, erwähnt den Terror-Vorwurf mit keinem Wort.
Auch zur Tatausführung bleibt die Bundesanwaltschaft überraschend vage. Es sei Youssef Mohammad al Hajdib und seinem im Libanon vor Gericht stehenden Komplizen Jihad Hamad (21) nicht gelungen, Sauerstoff in die Gasflasche hineinzupressen, um das nötige Gemisch für eine Explosion zu erzeugen, heißt es knapp.
Dass die beiden Täter offenbar unerfahren mit der Gasflasche hantiert haben, ist eine neue Erkenntnis der Ermittler. Laut Anklage mussten Youssef und Jihad während ihrer Anschlagsvorbereitungen eine Gasflasche gegen eine neue tauschen. Das Gas war bei den Experimenten offenbar in großer Menge entwichen.
Technischer Fehler verhinderte Anschlag
Al Hajdib und Haman wird vorgeworfen, im Juli vergangenen Jahres einen Anschlag auf zwei Regionalzüge geplant zu haben. Die Explosion sollte zeitgleich in den Zügen von Köln nach Hamm und von Köln nach Koblenz erfolgen, und "zu einer unbestimmten, möglichst großen Anzahl von Toten und Verletzten führen". Nur durch einen technischen Fehler beim Bau der Bomben kam es nicht zum schlimmsten Terror-Anschlag in der Geschichte der Bundesrepublik.
Als Kofferbomber Youssef Mohammad al Hajdib im August 2006 festgenommen und dem Haftrichter vorgeführt wurde, begründetet dieser seinen Haftbefehl damit, "dass der Beschuldigte dringend verdächtig sei, sich an einer terroristischen Vereinigung als Mitglied beteiligt zu haben".
Doch die ermittelnde Karlsruher Bundesanwaltschaft hatte schon bald Probleme, den Vorwurf der Bildung einer "terroristischen Vereinigung" gegen die Kofferbomber zu belegen. Um den Strafgesetzbuch-Paragrafen 129a zu erfüllen, bedarf es des Hinweises auf mindestens drei Personen, die sich für eine "gewisse Dauer" zusammengeschlossen haben.
Nur zwei Täter
Die Ermittler hatten zwar zunächst von drei verschiedenen DNA-Spuren berichtet, die sie bei den Beweisstücken gefunden hätten. Doch laut einem internen Bericht des Bundeskriminalamtes vom Herbst 2006 wurden an den Kleidungsstücken, mit denen die Gasflaschen in den Koffern abgepolstert waren, nur "zwei Spurenverursacher festgestellt". Weitere so genannte "Mischspuren" schienen keine Bedeutung zu haben. Auch die Auswertung von Fingerabdrücken brachte den Fahndern nicht den Eindruck, dass an der Vorbereitung und Ausführung der Tat mehr als zwei Personen beteiligt waren.

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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hatte deshalb bereits im März erklärt, dass der Vorwurf der Bildung einer "terroristischen Vereinigung nicht mehr aufrechtzuerhalten sei. Die Anhaltspunkte, die von der Bundesanwaltschaft angeführt wurden, reichten den Bundesrichtern nicht. Den im vergangenen Jahr als möglichen dritten Täter verdächtigten Syrer Fadi al S. erwähnten die BGH-Richter gar nicht erst in ihrem Beschluss. Wenig später wurden die Haftbedingungen von Youssef Mohammad el Hajdib erleichtert.
Richter hat Erfahrung mit Verfahren gegen Islamisten
Der Prozess gegen den Kofferbomber wird vorm Düsseldorfer Oberlandesgericht stattfinden. Richter wird der Vorsitzende des Staatsschutzsenates Ottmar Breidling sein. Breidling hat Erfahrung mit Verfahren gegen Islamisten. Im Oktober 2005 verurteilte er nach eineinhalb Jahren Verhandlung im sogenannten Al-Tawhid-Prozess drei Palästinenser und einen Algerier zu hohen Haftstrafen. Die Männer standen im Verdacht, Anschläge in Düsseldorf und Berlin vorbereitet zu haben. Breidling nutzte die Urteilsverkündung, um "unglaubliche Missstände" bei der Anwendung des Ausländerrechts anzuprangern. "Das Verfahren hätte bei konsequenter Anwendung des Ausländerrechts nicht stattfinden müssen."