Deutschland dürfe sich mit Blick auf die Pläne zum Einsatz einer internationalen Friedenstruppe in der Ukraine nicht enthalten, mahnt Christian Mölling, Sicherheitsexperte und Leiter des Programms "Europas Zukunft" bei der Bertelsmann Stiftung. Sonst zementiere es "seine Isolierung in Europa."
In Europa wird derzeit darüber diskutiert, ob nach Ende des Krieges in der Ukraine eine europäische Friedenstruppe den Waffenstillstand absichern könnte. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron war am Donnerstag nach Warschau gereist, um darüber mit dem polnischen Premier Donald Tusk zu sprechen. Bundeskanzler Olaf Scholz war nicht eingeladen.
Deutschland verharre immer noch im Modus aus Friedenszeiten, sagte Mölling im stern-Podcast "Die Lage international". Und gefährde damit zunehmend die eigene Position: "Den europäischen Partnern zu sagen 'Wir sind für den Frieden, aber die Umsetzung und die Risiken können wir leider nicht tragen', halte ich für eine Verhandlungsposition, die zum Scheitern verurteilt ist." Damit entferne sich Deutschland weiter von seinen wichtigsten Verbündeten in Europa: "Dann brauchen Sie 'Zeitenwende' auch nie wieder in den Mund zu nehmen." Schon jetzt seien die deutschen Beziehungen zu Frankreich und Polen "so schlecht wie schon lange nicht mehr".
Deutschland liefert Putin den Spaltpilz für Europa
Aber auch international werde eine deutsche Zurückhaltung Folgen haben. "Wenn wir sagen 'Wir machen das nicht', wird das auch in Washington gehört", so Mölling. Die Zurückhaltung spiele aber auch Putin in die Hände: "Wenn Deutschland nicht dabei ist, hat Europa insgesamt den größten Spaltpilz."
In einer historischen Phase, kurz vor Amtseinführung von Donald Trump als US-Präsident und vor wichtigen Entscheidungen über die Zukunft der Ukraine, "ist die deutsche Regierung aus dem Spiel, mit Blick auf ihre Handlungs- und Finanzierungsfähigkeit", so Mölling. Auch "politisch-atmosphärisch" habe sich Berlin weitgehend isoliert.
Christian Mölling sieht Signalwirkung
In Polen und Frankreich sei die Enttäuschung über Deutschland schon jetzt "unglaublich groß". Das habe Signalwirkung: "Wenn wir die Diplomatie nicht einmal mit unseren zentralen Partnern hinbekommen, wie sollen dann Verhandlungen mit Putin funktionieren?"