"Limbo" ist in jeder Hinsicht minimalistisch. Es verfügt über keinerlei Story, Bildschirmanzeigen oder Filmsequenzen. Musik setzt nur selten ein, die Steuerung begnügt sich mit zwei Tasten. Sogar die Farben sparten sich die dänischen Entwickler. Die Welt von "Limbo" wird von Schwarz-, Weiß- und Grautönen beherrscht und in ein diffuses Licht getaucht. Fast scheint es so, als hätte jemand ein Werk der Silhouetten-Animationsfilmerin Lotte Reiniger in die digitale Gegenwart katapultiert.
Doch im Gegensatz zu den Scherenschnitt-Märchen der Berliner Künstlerin ist "Limbo" nicht für ein jüngeres Publikum gemacht. Das Spiel ist morbide, beängstigend, manchmal sogar abstoßend - und doch fesselnd. Der Tod ist hier ein ständiger Begleiter eines Jungen, der auf einer Lichtung aufwacht und fortan vom Spieler durch finsteres Gehölz und städtische Ruinen gesteuert wird. Bärenfallen, herabstürzende Baumstämme, mit Dornen gespickte Gruben, rollende Felsbrocken, rotierende Kreissägen und mit Blasrohren bewaffnete Schattengestalten sorgen dabei immer wieder für ein jähes, überraschendes und meist drastisches Ableben.
Vor allem die Begegnungen mit einer riesigen Spinne kosten Nerven. Meist sind mehrere Anläufe nötig, um dem Monstrum zu entkommen - mal muss man hastig einen Fluss überqueren, mal auf einer Steinkugel von dannen balancieren, nachdem man bereits eingesponnen wurde. Selten ist dabei der Lösungsweg auf den ersten Blick ersichtlich. Doch genau darin liegt auch der Reiz von "Limbo": Beim fünften Versuch hat man schließlich den Bogen raus und endet nicht als Zwischenmahlzeit am Spieß ...
Bedrückendes Gefühl und dezente Geräuschkulisse
Die Angst und eine leichte Form von Paranoia verschwinden jedoch nie. Die Augen tasten den Boden unruhig nach Unregelmäßigkeiten und Schaltern ab, die meist nichts Gutes versprechen. Unterstützt wird das bedrückende Gefühl von einer dezenten Geräuschkulisse, die allerdings nur Bedrohliches hervorhebt: das Kreischen von Sägeblättern, das Summen riesiger Insekten, das Knarzen von wackeligen Konstrukten.
Auch das Spielgeschehen entwickelt sich im Lauf der insgesamt knapp vier Stunden weiter - vom bloßen Überleben zum Bewältigen ausgefuchster Physik-Knobeleien, bei denen es auf Timing und Geschick ankommt. Was es mit dem Jungen mit den stechend weißen Augen auf sich hat? Das wird hier natürlich nicht verraten. So viel jedoch vorweg: Das Finale ist ebenso abrupt wie überraschend - und irgendwie auch eine Erlösung. Rund 15 Euro kostet "Limbo", was angesichts des geringen Wiederspielwerts etwas teuer erscheint, für ein virtuelles Kunstwerk, das Spieler derart emotional mitreißt, aber durchaus angemessen ist.
"Limbo"
Hersteller/Vertrieb | Playdead |
Genre | Geschicklichkeit |
Plattform | Xbox 360 |
Altersfreigabe | ab 16 Jahren |