Scheibes Kolumne Legale Drogen am PC

Ist der Text auch noch so klein, er will erst einmal geschrieben sein. Leider dauert es viel zu lange, bis die letzten Buchstaben auf das Papier fließen. Oft klappen dann bereits die Augendeckel zu. Kolumnist Scheibe sucht nach legalen Drogen, um die Wachsamkeit am Rechner zu erhöhen.

Ist der Text auch noch so klein, er will erst einmal geschrieben sein. Leider dauert es viel zu lange, bis die letzten Buchstaben einer Schreibarbeit auf das Papier fließen. Oft klappen dann bereits die Augendeckel zu – der Anwender ist viel zu müde. Zum Glück gibt es ein paar legale Drogen, um die Wachsamkeit am Rechner zu erhöhen.

Die Arbeit muss sitzen wie eine Frisur

Egal, ob es um komplizierte Zahlenspiele, um das Frickeln an der eigenen Homepage, um das Verfassen stilsicherer Texte oder um das Programmieren von Software geht: Es ist stets ein zeitaufwendiges Unterfangen. Eine Stunde reiht sich da schnell an die andere. Der Körper hat nicht viel zu tun, nur in den hektisch über dem Tastenbrett zuckenden Fingern mucken ein paar Muskeln gegen die physische Langeweile auf. Nach ein paar Stunden stellt sich leicht die große Müdigkeit ein. Die Augenlider fallen einem zu, die Konzentration lässt drastisch nach. Das ist okay, wenn es um ein privates Unterfangen geht. Niemand nimmt es einem übel, wenn die Adressenliste für den Sportverein einen Tag später als vereinbart abgegeben wird. Ganz anders sieht es aber bei einer professionellen Terminarbeit aus. Das ist wie mit der Frisur aus der Drei-Wetter-Taft-Werbung: Das muss sitzen. Und zwar unbedingt.

Nachts nervt niemand

Oft sitze ich bis nachts um zwei am Rechner. Die Nachtarbeit resultiert aus der Notwendigkeit: Am nächsten Tag muss stets ein Text dringend fertig werden. Inzwischen mag ich es aber eigentlich auch, nachts zu arbeiten. Es ruft niemand an, kein Paketbote klingelt. Völlig entspannt kann man sich ganz der Aufgabe widmen, eine Buchstabentaste nach der anderen zu drücken.

Nachtgestalten

Es ist überraschend, wie viele Leute ebenfalls nachts noch am Rechner sitzen. Stefan, der Programmierer, hackt noch in die Zeilen. Esther, die Layouterin, bringt Texte und Bilder in Form. Auch Werner-Kurt Giesa, der Autor der Horrorheftreihe "Zamorra, der Meister des Übersinnlichen", ist nachts um drei stets noch per Mail ansprechbar: Er arbeitet nur noch nachts und schläft dafür am Tage. Zusammen überlegen wir, mit welchen natürlichen Stimulanzen es wohl möglich sei, noch länger am Rechner wach zu bleiben.

Das Versuchskaninchen bin ich

Ich stelle mich gerne als universelles Versuchskaninchen zur Verfügung, weil ich in den letzten Jahren schon so einiges ausprobiert habe. Vorrangig Koffein. Literweise habe ich die Cola in mich reingeschüttet, immer eisgekühlt und natürlich aus der gläsernen Gastroflasche, weil es so am besten schmeckt. Der Erfolg war messbar: Das Koffein kribbelt durch die Adern, der Zucker sorgt für neue Energie. Leider gewöhnt sich der Körper schnell an diese Minimaldosis. Die neue "Jolt Cola" mit doppelt Koffein schmeckt leider nicht sooo lecker und ist auch zu teuer.

"Wie wäre es denn mit Tee?", fragt Esther. Geht nicht, dann stehe ich nur noch vor dem Pinkelbecken und nicht mehr vor dem Monitor. Und bei Kaffee wird mir kotzübel, da geht gar nix mehr. Cappuccino geht gerade noch so. Den rühre ich mir einmal am Tag aus einem Pülverchen zusammen. Mehr vertrage ich nicht, weil dann wieder meine gewohnte Kaffee-Übelkeit aufkommt. Also Red Bull. Knallt gut, ist aber leider viel zu teuer. Drei Büchsen am Tag sind ein Laster, das den Geldbeutel arg belastet. Ich probiere es deswegen mit der Billigvariante von Plus aus. Da steht aber auf der Verpackung nicht drauf, wie viel Koffein nun eigentlich in der Dose enthalten ist. Wahrscheinlich nicht sehr viel. Ich kaue Guarana-Fruchtbonbons, schlucke Energy-Pillen und probiere weitere Drinks aus.

Koffein kann auch kontraproduktiv sein

Leider kommt es zu Nebenwirkungen. Ab einer bestimmten Überdosis Koffein dreht der Körper durch. Die Hände zittern, ein Panikgefühl krabbelt das Rückgrat hoch, und der kalte Schweiß bricht aus. Dabei wird auf einmal der ganze Geist so müde, dass jede Bewegung eine Qual ist und man sich zu jedem Arbeitsschritt förmlich erst aufraffen muss. Das ist dann bei der Arbeit eher kontraproduktiv.

Auch die Rennmaus taugt nicht als Droge

Jetzt bin ich inzwischen der Meinung, dass ich so schnell müde werde, weil die Arbeit am PC so extrem langweilig ist. Da dreht der Intellekt Däumchen, wenn die Finger mal wieder mit dem Tippen nicht nachkommen – und würde eben lieber ein Nickerchen machen. Ich muss mich also neu beschäftigen. Die Idee, Rennmäuse anzuschaffen, die man dann in den Arbeitspausen beobachten kann, war schon einmal gar nicht so schlecht. Leider haben sich die Viecher so vermehrt, dass ich inzwischen vier Terrarien (und aktuell sieben neue Babys) unterhalten muss. Außerdem geht beides zusammen nicht: Mäuse gucken und auch noch arbeiten.

Die Lösung: das Fernseh-Fenster

Eine Zeit lang habe ich WinAmp mit lauter MP3-Musik gefüttert: AC/DC, Deep Purple, DMX und Eminem. Mit richtig ordentlich Phon auf den sechs Boxen, die an den PC angeschlossen sind, kann man sich nachts um zwei schon richtig gut wach halten. Leider trägt die laute Musik zur nachtschlafenden Zeit nicht unbedingt dazu bei, dass die Nachbarn besonders erfreut sind. Inzwischen habe ich mir angewöhnt, oben links im Monitor ein Fenster aufzumachen, in dem ich Fernsehen gucken kann. Das Antennenkabel ist mit einer TV-Karte verbunden. Gerade nachts kommen doch richtig herrliche Spielfilme und Magazine in der Glotze. Wo ich doch gerade Trash und billige Actionfilme so liebe. Seitdem bleibe ich glatt noch eine Stunde länger wach. Schade, dass Stefan und Esther dann schon schlafen...

<a class="link--external" href="mailto:scheibe@typemania.de">Carsten Scheibe</a>

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