Scheibes Kolumne Maschinen riechen Angst

Maschinen tun, was der Mensch von ihnen verlangt. Sogar dann, wenn ihr Besitzer Angst davor hat, dass sie kaputtgehen. Dann tun sie das auch. Stern.de-Kolumnist Scheibe hat es gerade am eigenen Leib erfahren. Sein Maschinenpark schreit trotz Ebbe in der Kasse nach sofortiger Generalüberholung.

Zuletzt habe ich das während meines Studiums erlebt. Omas kleines Sparbüchlein war irgendwann zwischen dem fünften und sechsten Semester einfach aufgebraucht. Auf dem Bau jobben konnte ich damals auch nicht, weil so viele Klausuren und Zwischenprüfungen anstanden. Plötzlich zeigt das Konto tiefrote Zahlen - und es war keine Besserung in Sicht. In Zeiten wie diesen mümmelt man sein trocken Brot und hofft, dass einem nicht der Himmel auf den Kopf fällt. Das ist dann auch genau der Moment, in dem von jetzt auf gleich und in perfider Synchronisation alle technischen Geräte ausfallen, die es im Haushalt nur so gibt. Damals, in diesen armen Zeiten, gingen bei uns an einem einzigen Tag die Waschmaschine, der Kühlschrank und auch noch der Toaster kaputt. Die Waschmaschine und der Kühlschrank waren die eigentlichen Horrormeldungen des Tages, weil ihr Austausch richtig teuer ist. Der Toaster aber sorgte schlussendlich dafür, dass die Stimmung völlig kippte und ich nur noch hysterisch grinsend am Küchentisch hockte - das war für mich das metallgewordene i-Tüpfelchen der finanziellen Katastrophe. Dass am nächsten Morgen auf dem Weg zur Uni auch noch der Auspuff vom Auto abfiel, war dann kein Akt mehr. Mein sorgenumwölktes Hirn weigerte sich einfach, die neuerliche Katastrophe überhaupt zur Kenntnis zu nehmen.

15 Jahre überstanden

Die damalige Katastrophenhäufung ist gute 15 Jahre her. In der Zwischenzeit mussten schon einmal der Trockner ausgewechselt und eine neue Spülmaschine angeschafft werden. Über den Computer und die Peripherie müssen wir hier ja gar nicht erst reden: Diese Geräte altern ja bereits, bevor sie auch nur auf den Gedanken kommen können, einmal komplett den Geist aufzugeben. Doch inzwischen herrscht wieder dicke Luft im Hause Scheibe. Nach einer Steuerprüfung und einer viel zu schnellen Bearbeitung der Einkommenssteuererklärung hat das Finanzamt nicht nur die Hand weit aufgehalten, sondern mein Konto bis weit über das Dispolimit hinaus geplündert. Es ist zwar noch nicht so weit, dass ich beim Nachbarn um Butter und Milch betteln muss. Aber es ist wieder einmal ein ungünstiger Zeitpunkt, um Investitionen zu tätigen. Natürlich ist es so, dass die Maschinen meine Angst ein zweites Mal riechen - und sofort und unweigerlich darauf reagieren. Während ich noch ängstlich zu unserem Familientoaster schaue, der vier Toasts auf einmal in die Luft schleudern kann, ist es einmal mehr die Waschmaschine, die den Startschuss gibt und ihren Geist aufgibt. Sie saugt Wasser an und macht dann nur noch trocken Klick-Klick, anstatt gurgelnd ihr Programm zu starten. Und das bei zwei Kindern, die jeden Tag mehr Wäsche produzieren als eine Football-Mannschaft, die voller Freude im Schlamm trainiert.

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Wer hat schon Waschmaschinenpreise im Kopf?

Na, dann kaufen wir eben eine neue Waschmaschine. Die alte hat ja auch fast sechs, sieben Jahre auf dem Buckel. Ein Blick ins Internet haut mich allerdings völlig um: Ich wusste gar nicht, dass Waschmaschinen noch immer soooo extrem teuer sind. Den Preis unserer alten Maschine kann ich leider nicht recherchieren, das Modell gibt es nämlich gar nicht mehr. Da wir keine Lust haben, gleich mehrere hundert Euro auszugeben, ziehen wir doch eine Reparatur in Betracht. Wir feilschen mit dem beauftragten Handwerker um die Kostenpauschale für die Anfahrt (der wohnt doch gleich um die Ecke!) und stören uns auch nicht an seiner Aussage, dass er so einen Motor noch niemals zuvor in einer Siemens-Maschine gesehen hat. Immerhin kann er den Fehler finden - ein Kohlefinger ist völlig abgenutzt und muss ausgetauscht werden. Mit 70 Euro Kosten kommen wir noch günstig weg.

Verhoben

Doch im gleichen Moment gibt unsere Hebeanlage im Keller den Geist auf. Mit einem knatternden Schlurzen fräst sie sich fest. Sie ist dafür da, das Wasser der Waschmaschine und das Abwasser aus dem Redaktionsbad auf ein höheres Niveau zu pumpen, sodass es in die Kanalisation abfließen kann. Schnell ziehen wir den Stecker und schalten die Waschmaschine aus, bevor die ganze Gülle aus dem Waschbecken hochkommt. Der Notdienst vom Klempner ist schnell alarmiert: "Kollege kommt gleich." Der fingert fluchend eine Stunde im Spülkasten der Hebeanlage herum, bis er drei völlig zerstörte Metallsiebe hervorfischt, wie sie sonst in Wasserhähnen eingebaut werden. Die haben sich in den Messern der Anlage festgesetzt. Dummerweise vermissen wir keine Metallsiebe. Ob sich die Maschinen jetzt schon selbst sabotieren, um für Stimmung in der Bude zu sorgen? Noch einmal 100 Euro sind weg.

Die Katastrophe nimmt ihren Lauf. Binnen Stundenfrist versagt eine Deckenlampe, verweigert ein externes Faxgerät seinen Dienst und fällt die Stoßstange vom Familien-Sharan ab, als wir wieder einmal zu schnell durch die Löcher unserer ostdeutschen Sandstraße brettern. Kann es jetzt noch schlimmer werden? Bestimmt. Im Dezember ist die nächste Rate fürs Finanzamt fällig. Bestimmt warten die übrigen Geräte im Haus nur darauf, bis es so richtig eng wird mit den Finanzen. Vielleicht sollten wir vorsorglich überall die Stecker ziehen?

Eine Glosse von Carsten Scheibe, Typemania

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