Fump! Genau das war das Geräusch, das mein alter Röhrenfernseher gemacht hat, als er sich für immer in die analogen Jagdgründe verabschiedete. Fump! Mitten beim Zappen durch die Kanäle in den Minuten vor den 20-Uhr-Nachrichten setzte plötzlich das Bild aus und machte einer tiefschwarzen Mattscheibe Platz, auf der kein Pixel mehr leuchtete. Ein komisches Gefühl ist das, wenn ein so wichtiges Gerät auf einmal so rein gar nicht mehr funktioniert.
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Mein dreckiger Schreibtisch Müssen eigentlich alle Kreativen kleine Dreckferkel sein, was die Ordnung auf ihrem Schreibtisch anbelangt? Fast scheint es so! Carsten Scheibe sammelt die "schlimmsten" Tatsachenfotos aus der ganzen Welt. Staunen, Erschrecken, Mitmachen: DreckigerSchreibtisch.de
Meine Frau sah das ebenfalls sehr kritisch: "Morgen kommt der Babysitter. Die macht doch gleich wieder kehrt, wenn der Fernseher nicht geht. Bitte kümmere dich darum."
Was tun?
Kümmern? Aber wie denn? Da ist mein alter Weggefährte kaputt, der mir über zehn Jahre hinweg treu zur Seite gestanden hat, und während seine Überreste noch rauchen, soll ich schon seinen Nachfolger einkaufen. Aber ich sehe das Problem mit dem Babysitter durchaus ein. Und meine Nachrichten möchte ich auch recht gerne im Wohnzimmer auf dem normalen Fernseher sehen und nicht im Fenster auf dem PC-Monitor im Keller.
Hilfe im Netz
Ich trolle mich also in den Keller und schau mich im Internet nach einer neuen Glotze um. Röhrenfernseher sind da gar nicht mehr zu haben, nur noch TFT-Flachfernseher und Plasma-Monster. Schnell packt mich die Lust auf das Moderne und ich suche nach einem Gerät, das endlich ganz flach ist, knapp einen Meter Bildschirmdiagonale aufweist und darüber hinaus auch noch im Widescreen-Format vorliegt. Mann, den "Herrn der Ringe" auf so einem Boliden der Anzeigekunst zu sehen, ganz ohne schwarze Streifen und dazu noch mit einem satten Sound, das wäre doch prima.
Ich entscheide mich für ein passendes und brandaktuelles Gerät von Toshiba und werfe die Preispiraten an. Das kostenlose Tool kennt ein paar tausend Online-Shops und sucht gezielt nach dem besten Preis. Tatsächlich könnte ich ein paar hundert Euro sparen, wenn ich der billigsten Empfehlung folge. Ich gebe aber ein paar Euro dazu und finde ein wenig höher in der Ergebnisliste ein Angebot zu 1199 Euro bei einem Online-Händler, den ich kenne und bei dem ich häufiger Hardware bestelle. Der hat das Gerät sogar lieferbar, sodass ich es sicherlich in ein paar Tagen per Spedition zugestellt bekommen könnte. Aber: Das würde zeitlich nicht mehr ausreichen, um den Babysitter zufrieden zu stellen.
Preis wie ein Schlag in die Magengrube
Also packte ich meine Kinder ins Auto und fuhr zu einem großen Elektronikhändler nach Berlin-Spandau. Der hatte eine riesige Halle mit Waschmaschinen, HiFi-Anlagen und Fernsehern vollgestellt. Unter anderem war auch mein im Web ausgespähter Fernseher mit an Bord. Ihn so "live" zu sehen, war wirklich erhebend. Ganz in schwarz, schön glänzend - und dann diese GRÖSSE! Klar, ich war verliebt. Schade um die alte Glotze, aber nach all den Jahren würde ein Flachbildschirm fast so etwas wie ein Geschenk an die ganze Familie sein. Nur der Preis, der versetzte mir glatt einen Hieb direkt in die Magengrube: 1799 Euro sollte die Flimmerkiste kosten. Dabei war der Elektronikhändler doch Berlin-weit bekannt für seine niedrigen Preise.
Schon war ein Verkäufer da. Ich wedelte ihm mit meinem Ausdruck vor der Nase herum. Er riss die Arme hoch: "Bitte lass es keinen Internet-Ausdruck sein!", rief er. "Doch", meinte ich: "Dieser Online-Shop hier möchte für das gleiche Gerät nur 1199 Euro haben. Und bevor Sie etwas sagen: Es gibt den Online-Shop wirklich, er liefert zuverlässig und das Gerät ist sogar direkt verfügbar. Ich denke nur an meinen Babysitter, der morgen kommt und einen Fernseher verlangt, sonst würde ich gleich da bestellen."
Schlagende Argumentation
Das nahm ihm ein wenig den Wind aus den Segeln. Er winkte mich in sein Büro, griff sich einen Taschenrechner, packte die Stirn in Falten, zerknüllte einen Zettel, rechnete wieder, wurde blass, trank etwas, zerknüllte auch den nächsten Zettel und schaute mir dann tief in die Augen. "Für 1400 Euro kann ich Ihnen den Fernseher mitgeben."
Dieses Mal fühlte ich mich ganz sicher in meiner Position. Ich lächelte so kalt wie ein Eiszapfen aus gefrorenem Stickstoff und argumentierte: "Bestelle ich den Fernseher im Internet, habe ich ihn in einer Woche für 1199 Euro. Sie geben ihn mir heute für 1400. Da zahle ich ja 200 Euro nur für den Seelenfrieden meines Babysitters. Das ist mir dann doch etwas zu teuer."
Noch gab der Verkäufer nicht auf: "Und was ist mit den Lieferkosten?" Ich winkte ab: "30 Euro." Er: "Und was ist, wenn mal ein Garantiefall eintritt? Das wird kompliziert mit dem Online-Shop. Bei uns können Sie immer vorbeikommen." Ich winkte wieder ab: "Ich kaufe so vieles im Internet. Seit ich denken kann, musste ich dabei noch nie einen Garantiefall einsenden. Bei mir hält alles so lange, bis die Garantie abläuft." Er resignierte: "Ich muss mit meinem Chef telefonieren."
Während er zum Handy griff, schlenderte ich aus seinem Büro wieder in die Halle zurück. Meine Kinder hatten einen Riesen-Flachfernseher mit bestimmt zwei Meter Bildschirmdiagonale entdeckt, auf Super-RTL umgeschaltet und den Ton aktiviert. Sie waren selig. In ihren Augen konnte ich ablesen, dass sie dieses Modell nur zu gerne für ihr Kinderzimmer mitnehmen würden.
Mit hängenden Schultern kam der Verkäufer zurück. "Der Chef sagt, für 1200 Euro können Sie ihn gleich mitnehmen." Na bitte, es geht doch. Ich zahlte mit der Bankkarte, fuhr den Wagen zum Fahrstuhl und holte hier mein neues Baby ab. Na, dann mal auf die nächsten zehn Jahre. Und ein Hoch auf die Erkenntnis, dass sich der Preisvergleich im Internet auch wirklich rechnet.
Eine Glosse von Carsten Scheibe, Typemania