Alles fing mit der Schülerin Marie an, die als Aushilfskraft ins reine Männerbüro mit drei Kerlen geholt wurde. Auf einmal wurden blasphemische Gedanken laut ausgesprochen, die zuvor niemand gehegt hatte: Lüften wäre doch einmal gar nicht schlecht. Wie bitte? Lüften? Ist denn das stickig-trockene-heiße Klima wirklich so schlecht, das in zu engen Büroräumen entsteht, wenn mehrere Rechner Tag und Nacht eingeschaltet sind, der Drucker Ozon im Grammbereich ausspuckt und die Bildschirme die Luft aufheizen, bis sie zu flirren beginnt? Und das von drei verschwitzten Kerlen mit extremem Schweißfluß noch die richtige Würze bekommt?
Erstunken ist noch niemand, erfroren aber schon
Nun ist die arme Marie ja noch minderjährig, eine Schülerin und generell ein schützenswertes Wesen. In der Folge haben wir uns erbarmt und die Kellertür ab und zu einmal für ein paar Minütchen geöffnet, um frische Luft hineinzuholen. Frische Luft - das bedeutet für Kerle wie uns Kälte, Ungeziefer und generell viel zu viel Natur. Wir fühlen uns einfach nicht wohl in frischer Luft. Erstunken ist noch niemand, erfroren aber schon. Klar: Jetzt im Sommer erfriert hier niemand. Da macht dann aber auch das Lüften keinen Sinn mehr, weil die Luft draußen genauso stickig ist wie die drinnen. Nur mein Heuschnupfenfaktor steigt auf einmal ins Unendliche.
Nun sind Karsten und Gregor geflüchtet. Aus den verschiedensten Gründen arbeiten sie nicht mehr bei uns im Büro. An ihre männliche Stelle sind die Praktikantin Antonia, die Schülerin Laura und eine selbstständige Büroaushilfe namens Jeanine getreten. Zusammen mit Marie sind das gleich vier Mädels, die mir auf einmal im Nacken sitzen. Natürlich hat das auch seine Vorteile. Die Kollegen aus anderen Büros beneiden mich um meinen jungen "Hühnerstall". Und die Kunden am Telefone reden doch auf einmal mehr, als sie eigentlich müssten. Nur: Wer Frauen kennt, der weiß, dass sie den vorhandenen Status Quo nie akzeptieren, sondern immer an einer Veränderung laborieren. Gestern konnte ich so bereits das folgende Gespräch belauschen.
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Ein teuflischer Plan
Marie: "Habt ihr eigentlich einmal realisiert, dass wir jetzt zeitweise zu viert sind? Vier Frauen. Gegen einen Mann. Ich finde, das nutzen wir noch gar nicht richtig aus."
Jeanine: "Ja, mal müsste doch meinen, dass wir dem Büro doch noch mehr unseren eigenen Stempel aufdrücken könnten. Das sieht hier doch noch alles viel zu maskulin aus."
Antonia: "Genau, wir müssen etwas tun. Der Chef fährt doch bald in den Urlaub. Dann sollten wir das Büro einmal umdekorieren."
Laura (kichert): "Dann kommen erst einmal Gardinen an die Fenster. Und Teppiche auf den Boden. Die Aktenordner bekleben mir außerdem mit bunten Blümchen-Stickern."
Raus mit diesen männlichen Farben!
Jeanine: "Genau. Und raus mit diesen männlichen Farben. Graue und blaue Aktenordner: Pah! Hellgelb, pink, grün und rot müssen die sein. Hol doch mal den Bürokatalog heraus. Da gibt es doch bestimmt Locher, Klammeraffen und Kleberabroller, die ein wenig fescher aussehen als dieses öde Gerümpel, was wir zurzeit haben."
Marie: "Eine schöne Liegecoach wäre auch nicht schlecht, damit man sich mal ausruhen kann. Die könnten wir in den Verraum stellen."
Antonia: "Nein, da packen wir eine Küche hin. Mit Kaffeemaschine. Damit wir auch einmal ordentlich tratschen können. Zwischen dem Weg zum Kopierer und dem Holen der Post."
Tee-Service, Plunderstücke und kunterbuntes Briefpapier
Laura: "Ich hätte gerne lieber ein Tee-Service. Gibt's denn hier nicht einen Bäcker, der uns täglich Plunderstücke ins Büro liefern könnte? Die Jungs haben sich doch auch immer eklig-fettige Burger kommen lassen."
Jeanine: "Habt ihr eigentlich gesehen, dass man beim E-Mail-Programm so lustige Briefpapiere verwenden kann? Solche mit Herzchen und animierten Küsschen? Die nehme ich ab sofort für meine Kunden-Mails. Die freuen sich doch bestimmt."
Antonia: "Gute Idee. Neue Musik für den Anrufbeantworter sollten wir auch besorgen. Vielleicht etwas von Sascha."
Marie: "Modern Talking mag der Chef glaube ich nicht."
Laura: "Naja, bald ist er ja weg. Dann haben wir ja endlich Zeit, um hier alles auf Vordermann zu bringen."
Seitdem sind die Mädels still. Sie strahlen, arbeiten fleißig und fragen immer wieder, wann ich denn endlich verreise und ihnen die Büroschlüssel übergebe. Liebe männliche Kollegen: Ich muss zugeben, ich habe Angst vor meiner Rückkehr.
Eine Glosse von Carsten Scheibe, Typemania