Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte, heißt es in einem alten Sprichwort. Im Konkurrenzkampf am Markt stimmte das bisher meistens. Hat der Kunde die Wahl, sind die Hersteller in der Regel kreativer, die Produkte sind günstiger, die Qualität steigt. Beim Streaming ist das aber anders: Je mehr Dienste es gibt, umso schlechter ist es für den Kunden.
Das aktuellste Beispiel ist Disney. Der Unterhaltungsgigant will sich nicht weiter an Netflix, Amazon und Co. binden - und wird ab 2019 seinen eigenen Streamingdienst anbieten, kündigte der Konzern im August an. In der Folge werden sämtliche Disney-Inhalte von den Konkurrenz-Plattformen verschwinden - und die von Lucasfilm und Marvel gleich mit. Ein harter Schlag für Fans der "Star Wars"-Reihe und der Marvel-Comics.
Die Kunden sind die Dummen
Der Schritt zeigt das Dilemma der Kunden in der Streaming-Welt. In einer idealen Welt für den Kunden würden sämtliche Anbieter alle Serien und Filme bieten und sich beim Preis unterbieten. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Streaming-Dienste versuchen, die Kunden mit immer neuen Exklusiv-Inhalten an sich zu binden. Wer alles sehen will, muss mit jedem neuen Anbieter mehr bezahlen. Kündigt man ein Abo, verliert man damit auch gleich den Zugang zu den Lieblingsserien, ein Effekt, der als "Locked In" (eingesperrt) bekannt ist.
Der Konkurrenz-Kampf betrifft nicht nur Serien-Fans: Auch beim Musikstreaming kämpfen Apple Music, Spotify oder Jay-Zs Dienst Tidal mit Exklusivinhalten um die Kunden. So kommt es, dass neue Alben oder ganze Musik-Bibliografien nur noch bei einem einzigen Anbieter zu finden sind. In Deutschland sorgten im Sommer die Fußball-Lizenzen für Aufregung: Zum ersten Mal darf Sky nicht mehr alle Bundesliga-Spiele zeigen, ein Teil geht an Eurosport.

Der Reiz des Exklusiven
Aus Sicht der Streaming-Anbieter ist der Trend zur Exklusivität absolut nachvollziehbar. Nichts lockt die Kunden so sehr an wie gute Exklusiv-Inhalte, etwa Serien wie "Stranger Things" oder "Game of Thrones". Statt für teure Lizenzgebühren gibt man das Geld lieber für Eigenproduktionen aus und macht sich unabhängiger von Drittanbietern. Netflix setzt schon jetzt immer mehr auf eigene Inhalte, in den USA verschwinden schon länger mehr Filme und Serien aus dem Programm, als neu hinzukommen. Disneys Schritt dürfte die Entscheidung zur größeren Unabhängigkeit nur bestärken.
Einen positiven Effekt für die Kunden hat Disneys Entscheidung immerhin: Der Dienst werde "deutlich günstiger" als Netflix werden, kündigte Disney-Chef Bob Iger in einer Telefonkonferenz an. Damit könnte endlich preislich Bewegung in den Markt kommen. Ob daraus ein allgemeiner Trend abzulesen ist, bleibt abzuwarten. Der geringe Preis dürfte in erster Linie realistisch gedacht sein. So sehr die meisten Zuschauer die Disney- und Marvel-Filme lieben: 8 Euro im Monat werden die wenigsten für das beschränkte Portfolio des Dienstes bezahlen.
Was bringt die Zukunft?
Da auch andere Film-Studios eigene Dienste planen, könnte sich die Auswahl der einzelnen Dienste noch weiter verkleinern. So ist es durchaus denkbar, dass man in Zukunft Kunde mehrerer Angebote ist, dafür aber weniger pro Dienst bezahlt. Aktuell sieht es danach aber nicht aus - im Gegenteil: Netflix hat gerade weltweit die Preise erhöht, auch in Deutschland ist das Abo nun teurer. Immerhin kann man schnell wechseln, die Dienste haben in der Regel nur eine Kündigungsfrist von einem Monat. So günstig und bequem wie ein Dienst für alle ist das aber natürlich bei weitem nicht.
Wenigstens bei Disney müssen sich die deutschen Kunden übrigens noch nicht vor dem Rückzug fürchten. Aktuell ist der Streamingdienst nur für die USA geplant. Gut möglich, dass "Die Eisprinzessin" und "Star Wars" hierzulande noch eine Weile länger bei Netflix zu sehen sind. Das ist doch schon was.