Monopol-Vorwürfe Apple knickt vor Musk ein – für den iPhone-Konzern geht es aber um viel mehr

Apple-CEO Tim Cook
Apple-Chef Tim Cook hatte sich am Mittwoch mit Elon Musk getroffen
© Marcio Jose Sanchez / Picture Alliance
Tagelang ging Elon Musk öffentlich Apple an. Nach einem Treffen mit CEO Tim Cook ist seine größte Sorge wohl nun vom Tisch. Um Twitter dürfte es Cook aber weniger gegangen sein. Die App ist für Apple Teil eines größeren Problems.

Nach einem Treffen mit Apple-Chef Tim Cook konnte Twitters Besitzer Elon Musk am Mittwoch die frohe Botschaft verkünden: Twitter droht nicht wie befürchtet der Rauswurf aus dem App Store. Ob diese Entscheidung allerdings wirklich mit Musk zu tun hat, steht auf einem anderen Blatt. Apple kann es sich aktuell schlicht nicht leisten, als Richter über das Wohl oder Übel wichtiger Apps wahrgenommen zu werden.

Bei Musk war das kein Thema. "Ein gutes Gespräch. Wir konnten unter anderem das Missverständnis klären, dass Apple Twitter aus dem App Store zu entfernen droht", heißt es in einem Tweet. Diese Befürchtung hatte Musk zuletzt noch selbst gestreut. Ihm gehe es um die Verteidigung der Meinungsfreiheit, erklärte er noch am Mittwoch. "Dies ist der Kampf um die Zukunft der Zivilisation. Wenn wir die Meinungsfreiheit in Amerika verlieren, kann nur noch Tyrannei folgen."

Kein Zugang für Dritte

Dass Apple die Tyrannei wollte, dürften selbst wenige Gegner dem Konzern vorwerfen. Bei der Meinungsfreiheit sieht es schon ein bisschen anders aus. Apple macht sich seit Jahren für Diversität stark, duldet keine Apps im App Store, die unmoderiert Hassrede oder Angriffe auf Minderheiten zulassen. Und: Apple kann das auch durchsetzen. Weil man auf iPhone und iPad keine Apps installieren kann, die nicht von Apple freigegeben wurden, sind rechte Hetz-Programme wie die Verschwörungs-App "Infowars" auf Apples Mobilgeräten nicht zu finden.

Diese Macht steht allerdings auf dem Prüfstand. Im Rahmen eines Gesetzesentwurfes haben bereits letztes Jahr Vertreter des Repräsentantenhauses der USA einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der vorsieht, auch auf iPhones und iPads Apps aus Drittquellen zuzulassen. Apple ist der letzte große Betriebssystembetreiber, der diese Praxis, das sogenannte "Side Loading", auf seinen Mobilgeräten verbietet. Google und Microsoft erlauben es bereits.

Monopol-Vorwürfe

Bisher hat sich Apple stets erfolgreich gegen entsprechende Regulationsversuche gewehrt. Die Argumentation des Konzerns: Wenn man erlaubt, dass Nutzer Apps aus potenziell unsicheren Quellen installieren, kann man die Sicherheit der Geräte nicht im selben Maße garantieren. Tatsächlich sind auf Apples Mobilgeräten deutlich weniger Schädlinge bekannt, als es bei Googles System Android der Fall ist.

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Es gibt für Apple allerdings auch einen starken finanziellen Anreiz für die Praxis. Der Konzern verlangt – wie Google übrigens auch –für jeden über den App Store getätigten Kauf einen Anteil zwischen 15 und 30 Prozent. Würden nun die Kunden nun regelmäßig Apps von Dritten herunterladen, fielen diese Einnahmen weg. Zudem könnten die App-Anbieter damit auch Apples Regel umgehen, dass alle Käufe in Apps auch über das Bezahlsystem des App Stores laufen müssen.

Für viele App-Anbieter wäre ein Wegfall dieser Einschränkung also hochlukrativ. So bietet etwa Netflix seine Abos gar nicht über die App an, der "Fortnite"-Entwickler Epic Games versuchte gar, mit einem eigenen Bezahlsystem an Apple vorbei Geld zu kassieren – und flog prompt aus dem App Store. Seitdem versucht das Unternehmen, Apple mit Klagen zur Öffnung seines vermeintlichen Monopols App Store zu zwingen.

Musk stichelt

Auch Elon Musk ist das natürlich bekannt. Schon seit Tagen stichelt er gegen Apples "30-Prozent-Steuer auf das Internet". Das hängt natürlich mit seinen Plänen für Twitter zusammen. Weil der Konzern dringend Geld braucht – und zwar noch mehr als vor der Übernahme –, will er die Einnahmen aus dem Abomodell Twitter Blue deutlich erhöhen. Schließen viele Nutzer das Abo über die App ab, blieben Musk wegen Apples Abgabe aber 30 Prozent weniger Einnahmen. 

Kein Wunder, dass einige Beobachter hinter Musks Angriffen auf Apple vor allem eine Strategie sehen, diese Einnahmen zu sichern. Und mit dem Verweis auf die Meinungsfreiheit politischen Druck auf Apple aufzubauen.

Druck aus Washington

Prominente Republikaner wie Trump-Konkurrent Ron DeSantis sind bereits auf Musks Zug aufgestiegen. Auf einer Pressekonferenz erklärte er bereits am Mittwoch, dass Apple mit einem Twitter-Rauswurf klar Monopol-Macht beweisen würde. Das geschehe, "weil Elon Musk tatsächlich die Meinungsfreiheit dort wiederherstellt", führte der Republikaner aus. Twitter hatte in den letzten Tagen begonnen, viele gesperrte Accounts wiederherzustellen, darunter viele von rechten US-Konservativen. "Sollte Apple sie deswegen herauswerfen, wäre das ein großer Fehler – und eine klare Nutzung seiner Monopol-Macht", so DeSantis.

Apple scheint den wachsenden Druck wahrzunehmen. CEO Tim Cook war diese Woche nach Washington gereist, hatte mehrere Termine mit republikanischen Abgeordneten. Diese Termine wurden nach Berichten von "Bloomberg" zwar vor Musks Ausfällen vereinbart. Das Thema dürfte seitdem aber nur mehr an Gewicht gewonnen haben.

Ob sich die Lage nach dem Treffen zwischen Cook und Musk tatsächlich entspannt, muss sich zeigen. Musks extreme Auslegung freier Rede sorgte bereits seit der Twitter-Übernahme für Konflikte mit zahlreichen Werbekunden. Die Unternehmen, darunter auch Apple, fürchten eine Zunahme extremistischer oder problematischer Inhalte, wenn Twitter seine Moderation zurückfährt. Und entziehen daher lieber die Werbebudgets. Musk reagierte darauf aber nicht mit einer neuen Strategie zu den Inhalten. Sondern mit dem Versuch, sich mit den Abo-Gebühren unabhängiger von Werbung zu machen.

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