Nur eine Firma leiten – das ist Elon Musk schon seit Jahren zu wenig. Immer wieder gründete der Tesla-Chef weitere Unternehmen, die mal den großen Traum vom Flug ins All, mal kleine Ideen wie einen eigenen Flammenwerfer umsetzen. Einigen Tesla-Aktionären ist das ein Dorn im Auge. Sie wollen Musk gerichtlich dazu zwingen, seinen Verpflichtungen beim Autokonzern nachzukommen, statt sich in immer neuen Nebenprojekten zu verheddern. Es geht um viele Milliarden Dollar.
Denn eigentlich hatte sich Musk viel Geld mit einem Deal gesichert: Immer, wenn er vordefinierte Ziele erreicht, kann er ein Tesla-Aktienpaket zum Vorzugspreis kaufen. Das handelte er bereits 2018 mit dem Vorstand des Autokonzerns aus. Am 14. November beginnt nun ein Gerichtsprozess gegen die Vereinbarung. Der Anleger Richard Tornetta reichte die Klage bereits 2019 ein. Sein Vorwurf: Die "größte Vergütung der Menschheitsgeschichte" habe Musk zwar noch deutlich reicher gemacht, ihrem Zweck für den Autohersteller wurde sie aber nicht gerecht. Der Twitter-Kauf dürfte dieses Argument nur stärken.
CEO in Teilzeit
Das Ziel des Plans sei es vor allem gewesen, Musk in seiner Führungsposition bei Tesla fester einzubinden, argumentiert Tornetta. Schon 2018 hatte der umtriebige Unternehmer viel Zeit in seine anderen Projekte wie den Satellitendienst Starlink, das Raumunternehmen SpaceX oder seine Hobby-Innovationsfirma Boring Company gesteckt. Er sei ein "Teilzeit-CEO" wirft ihm Tornetta deshalb vor.
Tatsächlich streitet Musk das gar nicht ab. Er arbeite etwa die Hälfte seiner Zeit bei Tesla, erklärt der Konzern den Gerichtsunterlagen zufolge. Seine Umtriebigkeit sei Musks Alleinstellungsmerkmal, versuchen seine Anwälte zu argumentieren. Das war allerdings vor dem Kauf von Twitter. Das soziale Netzwerk entpuppt sich immer mehr als zusätzliches, sehr zeitraubendes Projekt.
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Kein gutes Timing
Der Zeitpunkt für die Klage könnte für Musk tatsächlich kaum schlechter kommen. Seit der Twitter-Übernahme verbringt er in der öffentlichen Wahrnehmung einen Großteil seiner Zeit mit dem Kurznachrichtendienst. Gleichzeitig ist Teslas Aktienkurs seit Anfang des Jahres stark eingebrochen. Zumindest ein Teil davon ist sicher auch darauf zurückzuführen, dass Musk die 44 Milliarden Dollar teure Twitter-Übernahme zu einem guten Teil mit mehrfachen Verkäufen von Tesla-Aktien finanzierte.
Bei den Aktionären kam das nicht besonders gut an. Dass dann noch bekannt wurde, dass Musk Personal seiner anderen Unternehmen – auch von Tesla – abzieht, um die Twitter-Übernahme zu koordinieren, dürfte erst recht nicht zu seinem Argument beitragen, er würde stets die Interessen des Autokonzerns vertreten.

Corona-Gewinner
Dabei hatte es in den letzten Jahren durchaus gut für Musk ausgesehen. Um das Maximalpaket im Wert von aktuell knapp 55 Milliarden Dollar zu erreichen, musste er den Wert des Konzerns von zu Anfang etwa 50 Milliarden Dollar auf über 650 Milliarden wuchten. Ein damals extrem ambitioniertes Ziel, das durch den Corona-Boom allerdings überraschend einfach zu erreichen war.
Nachdem der Wert des Konzerns sich im Laufe des Jahres 2019 zunächst halbiert hatte, schob ihn der Tech-Aktienboom Anfang 2020 stetig nach oben. Bis Ende des Jahres hatte er sich knapp verzehnfacht, Musk hatte statt zehn nur drei Jahre zum Erreichen des Maximalziels gebraucht. Der Erfolg setzte sich 2021 fort, Tesla war am Peak mit 1,24 Billionen Dollar fast doppelt soviel wert wie angepeilt. Seitdem ist der Kurs allerdings stark eingebrochen. Und liegt nun wieder unter 600 Milliarden Dollar.
In zweiter Hinsicht konnte Musk indes deutlich weniger liefern. Die Einnahmen Teslas sollen nach der Vereinbarung von knapp 20 Milliarden auf über 175 Milliarden Dollar im Jahr ansteigen. Davon ist das Unternehmen aber weit entfernt. Im Jahr 2021 kamen etwa 67 Milliarden Dollar zusammen. Im Herbstquartal hatte Tesla durch die schlechte Gesamtwirtschaftliche Lage aber wieder leicht unter den Erwartungen gelegen. Noch einmal 100 Milliarden Dollar mehr Umsatz zu schaffen, dürfte schwer werden.
Milliarden in Gefahr
Sollte das Gericht den Deal kassieren, ist das für Musk ein herber finanzieller Rückschlag. Ein Teil der Vereinbarung ist, dass er die Aktienoptionen statt eines regulären Gehalts bekommt. Wird ihm die Option auf jene Aktien wieder entzogen, hätte er die letzten Jahre also umsonst gearbeitet, statt viele Milliarden zu kassieren. Die Auswirkungen der Klage auf den Aktienkurs und damit auf sein übriges Vermögen kommen als weitere Gefahr dazu.
Auf ein wohlwollendes Gericht kann Musk indes eher nicht hoffen. Mit der zuständigen Richterin Kathaleen McCormick vom Court of Chancery in Delaware hatte Musk dieses Jahr schon einmal zu tun: Im Frühjahr wollte er von ihr in einer Klage bestätigt haben, dass er Twitter wegen Unstimmigkeiten doch nicht zum vereinbarten Kaufpreis übernehmen muss. Der Ausgang ist bekannt.
Quelle: Techcrunch, CNBC, Reuters, Tesla