Tesla "Wenn ihr jemanden verhaftet, dann bitte mich": Wie die Coronakrise Elon Musk an seine Grenzen treibt

Tesla-Gründer Elon Musk plant die nächste Revolution: Er möchte unsere Gehirne mit unseren Smartphones koppeln
Angesichts der Beschränkungen der Corona-Krise ist Elon Musk noch haltloser als sonst
© Getty Images
Elon Musk ist bekannt für große Ideen, einen ausgeprägten Geschäftssinn und etwas abwegige Twittertiraden. Seit Beginn der Corona-Krise wird der Tesla-Chef noch exzentrischer als ohnehin schon – und legt sich nun auch mit den Behörden an.

Fast 1,4 Millionen Erkrankte, über 80.000 Tote: Kein Land der Welt ist vom Coronavirus so hart betroffen wie die USA. Trotzdem kämpft die US-Wirtschaft für eine Lockerung der Maßnahmen – und eine Rückkehr zum Business as Usual. Einer der lautesten Advokaten ist Tesla-Gründer Elon Musk. Er will den Autokonzern so schnell wie möglich wieder zum Laufen bekommen. Und ist dabei noch erratischer als sonst.

Dabei hält sich der exzentrische Milliardär auch sonst schon nicht dabei zurück, seine wilden Gedanken auf Twitter und in Interviews zum Besten zu geben. So philosophierte er bereits darüber, dass er hoffe, die Roboter seien nach deren Welteroberung nett zu uns, oder bezeichnete einen der Retter der in einer thailändischen Höhle gefangenen Schülergruppe ohne Belege als Pädophilen. Seit dem Anfang des Lockdowns in seiner Wahlheimat Kalifornien ist sein Gehabe aber noch weiter als sonst abgedriftet – und gipfelt nun in einem offenen Herausfordern der Behörden.

Musk gegen die Behörden

Am Wochenende hatte Musk einfach eigenmächtig seine Fabrik im kalifornischen Fremont eröffnet. "Ich werde wie jeder andere an der Produktionslinie stehen", kündigte er – natürlich – beim Lieblingsmedium Twitter an. Seinen Angestellten blieb weniger die Wahl als ihrem eifrigen Chef: Zwar stellte Tesla es ihnen frei, wegen Bedenken nicht zur Arbeit zu erscheinen. Dafür rechnet der Konzern dann aber unbezahlten Urlaub an. Den bezahlten hatten die Tesla-Mitarbeiter schon in den letzten Wochen des Lockdowns als Zwangsurlaub verbraten müssen.

Musk sieht sich selbst als Märtyrer, der sich gegen einen Unrechtsstaat stellt. "Wenn sie jemanden verhaften, dann bitte nur mich", stellte er sich bei Twitter als Verfolgter dar. Seiner Ansicht nach ist Tesla nicht von dem von Gouverneur Gavin Newsom verhängten Lockdown betroffen. Seine gewagte Begründung: Die Verordnung sähe in 16 essenziellen Branchen Ausnahmen vor – und Tesla gehöre als Transport- und Energieunternehmen gleich zweimal dazu. 

Musk gegen den Staat

Weil dem ein Bezirksbeamter widersprochen hatte, reichte Musk am Wochenende auch gleich eine Klage gegen den Bezirk Alameda County ein, in dem die Fabrik liegt. Zudem wolle er das Hauptquartier des Konzerns "augenblicklich" verlegen. Und zwar nach "Texas/Nevada". Wie der Umzug in gleich zwei voneinander unabhängige Bundesstaaten aussehen soll, verriet er aber nicht. Auch ein Schließen der Fabrik in Alameda stellte Musk in den Raum.

Sein Unternehmen fühlt er unfair behandelt. Während viele Konkurrenten in der Autoindustrie längst wieder mit der Produktion begonnen hätten, stünden die Bänder in der Fabrik weiter still. Sogar eine andere Tesla-Fabrik im benachbarten San Joaquin County dürfe man wieder betreiben, erklärte das Unternehmen laut "Ars Technica" in der Klage. "Ein nicht gewählter und ignoranter Interims-Beamter stellt sich hier gegen den Gouverneur, den Präsidenten und den gesunden Menschenverstand", klagte Musk.

Ihm scheinen die Beschränkungen durch die Corona-Krise ohnehin gegen den Strich zu gehen. Schon Anfang März, als gerade die ersten Silicon-Valley-Konzerne ihre Mitarbeiter ins Homeoffice zu schicken begannen, twitterte er: "Die Coronavirus Panik ist dumm." Im Laufe des Lockdowns beschwerte er sich mehrfach über die Einschränkungen, forderte Ende April gar in Großbuchstaben: "Befreit Amerika jetzt" und gratulierte Texas zur Entscheidung, erste Restaurants und Geschäfte wieder zu eröffnen. In einer Telefonkonferenz zu Teslas Finanzen nannte er die Beschränkungen laut "The Verge" undemokratisch und sogar "faschistisch".

Cybertruck: Tesla-Pickup hält Bruchtest nicht Stand – Panne bei Vorstellung
Peinliche Panne: Tesla-Pickup hält Bruchtest nicht Stand

Wirrer Twitter-Feed

Die Äußerungen zum Virus und seinen Folgen sind aber nicht Musks einziges Interesse. Der Paypal-Milliardär mischt auf seinen Social-Media-Kanälen wild Themen, springt von der Idee, das Klötzchenspiel Minecraft auf den in Teslas verbauten Displays laufen zu lassen, über Ankündigungen zu seinem Raumfahrtunternehmen SpaceX, um dann völlig unvermittelt anzukündigen, dass er sämtliche Grundstücke in seinem Besitz verkaufen will. Er wolle kein Haus mehr besitzen und nur noch Gegenstände besitzen, die für ihn einen persönlichen Wert haben, erklärte er letzte Woche. Seine Freundin, die Sängerin Grimes, mit der er gerade seinen Sohn X Æ A-12 bekommen hat, sei deswegen sauer auf ihn.

Manche vermuten hinter der erratischen Gedankenflut mehr Kalkül, als man zunächst vermuten würde. Das "Wall Street Journal" berichtet etwa, dass Musk tatsächlich seine Häuser zum Kauf anbietet, weil er trotz eines Milliardenvermögens Zahlungsprobleme habe. Der Hauptteil von Musks Vermögen besteht aus Unternehmensanteilen an Tesla und SpaceX, sie zu verkaufen, würde die Aktienkurse der Firmen unter Druck setzen. Das könnte wiederum in Musks Interesse sein. Er glaube, "Tesla ist überbewertet", verkündete Musk letzte Woche. Und drückte damit Aktienkurs erst einmal nach unten.

Im Kampf um die Tesla-Produktion hat Musk zumindest einen Teilsieg errungen. Statt die Fabrik unverzüglich zu schließen, kündigte das County nur eine Ermittlung an. Tesla solle einen Plan vorlegen, wie man die Schutzmaßnahmen einhalten wolle, so die Behörden. Von einer völligen Schließung war dann keine Rede mehr.

PRODUKTE & TIPPS