Bei der Internetkriminalität fehlen nach Angaben des Strafrechtsprofessors Eric Hilgendorf klare Richtlinien für die Bestrafung etwa pornografischer oder rechtsradikaler Inhalte. "Im Strafrecht für die neuen Medien fehlt die Feinsteuerung. Es gibt eine solche Fülle an Interpretationen, dass viele Richter gar nicht den Überblick haben können", sagte der Wissenschaftler der Universität Würzburg in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Trier. Entsprechend seien deutsche Richter bei der Bestrafung oft sehr unsicher.
Entwicklung zu schnell für den Gesetzgeber
Hilgendorf warnte allerdings vor einem "voreiligen Ruf nach dem Gesetzgeber". "Die Entwicklung bei den neuen Medien ist so rasant, dass neue Gesetze möglicherweise schon nach ein paar Jahren überholt sind." Der Strafrechtler meinte, dass es erst nach etwa zehn Jahren Rechtspraxis Sinn mache, aus Bewährtem Gesetze zu formen. Solange müsse der Bundesgerichtshof Fälle exemplarisch abhandeln.
Sonderfall Nazi-Propaganda
Problematisch, aber möglich sei eine Verurteilung in Deutschland, wenn jemand aus dem Ausland rechtsradikale Propaganda im Internet verbreitete. "Sobald sich der Inhalt eindeutig - also auch in deutscher Sprache - an ein deutsches Publikum richtet, kann der Verfasser nach der vollen Härte deutscher Gesetze verurteilt werden." Vollstreckt werden könne die Strafe jedoch erst, wenn der Verurteilte deutschen Boden betritt.
Haftbarkeit für Provider ausweiten
Hilgendorf sprach sich außerdem dafür aus, die Haftbarkeit für so genannte Provider auszuweiten. "Die Anbieter sollten bestraft werden, wenn sie wissentlich Platz im Internet an private Nutzer verkaufen, obwohl diese illegales Material verbreiten." In diesen Fällen gebe es bislang keine klare Gesetzeslage. Unstrittig sei nur die Strafbarkeit für Provider, die eigenes illegales Material über das Internet verbreiten.