Kolumne - Neulich im Netz Hase und Igel: Microsoft und Apple sind schon da

In der ehemaligen IT-Welt, die längst zur Unterhaltungselektronik-Welt geworden ist, ist es spannend wie lange nicht mehr. Nach Internet und Digitalisierung beginnt jetzt der Wettlauf um unser digitales Zuhause. Zwei alte Bekannte spielen mit dem Rest der Welt Hase und Igel: Ick bün al dor!

In Las Vegas ging die CES zu Ende, ausgeschrieben heißt die richtungsweisende Messe "Consumer Electronics Show", es geht also um Unterhaltungselektronik. Logisch, dass die wichtigsten Keynotes, wie millionenschwere Fortissimo-Präsentationen dort heißen, von Microsoft und Intel gehalten werden. Und direkt danach lud Apple zur Macworld Expo. Waren das nicht mal Computer-Firmen? Lange her.

Gerade will Disney den Trickfilm-Konkurrenten Pixar übernehmen. Wirklich übernehmen? Immerhin bekäme der Vorstandsvorsitzende von Pixar als Schmerzensgeld ein millionenschweres Aktienpaket von Disney und rückte so zum größten Einzelaktionär auf. Sein Name? Steve Jobs, im Nebenberuf Guru für profilierungssüchtige Möchtegerngrafikdesigner und Apple-Boss. Der Mann, der den iPod hat erfinden lassen und das possierliche Gerät mittlerweile über 40 Millionen Mal verkauft hat. Sein Musikdienst iTunes dominiert das Kaufgeschäft mit digitaler Musik und erobert gerade den Markt für Videos.

Vom Sakrileg zum Schachzug

Auf der Macworld Expo stellte Jobs erste Apfelnotebooks mit Intel-Prozessor an. Was noch vor Jahren als Sakrileg gegeißelt worden wäre, wird nun als cleverer Schachzug gefeiert. Rein zufällig positioniert sich auch Intel gerade im Wettlauf um das digitale Zuhause. Da käme es schon sehr überraschend, wenn die Giganten bald auf anderen Feldern kooperieren würden. Microsoft und Intel haben auch mal kooperieren wollen, doch davon hört, sieht und liest man nichts mehr.

Ballmers Microsoft, das für die meisten immer noch Gates' Microsoft ist, steht auch nicht schlecht da. Zwar klingt der Versuch, mit einem Musikdienst namens "Urge" iTunes zu Leibe zu rücken, etwas hilflos, auch wenn der Partner kein geringerer als MTV ist. Dieses Mal sagt Apple "ick bün al dor", doch auf anderen Feldern spielt Microsoft den Igel.

Guido Augustin

Kolumnist für stern.de seit 1997 - und das A der H&A medien: Redaktion, Public Relations und Online-Konzepte.

Die Xbox 360 spielt dabei eine wichtige Rolle, denn die Kiste ist längst viel mehr als eine Daddel-Konsole für Pubertierende, die noch keine Freundin haben. Über Webanschluss und Funknetzwerk hat sich die Xbox 360 längst fest im Wohnzimmer verankert, jedes Spiel der neuesten Generation muss multiplayerfähig sein, über die Xbox 360 kann man bald telefonieren, jetzt schon surfen, DVDs gucken, ein wenig einkaufen – und den iPod anschließen.

Noch mehr neue Abkürzungen

Der nächste Bang soll Fernsehen über Internet werden, IPTV genannt, weil eben TV über IP-Technologie übertragen wird. Und wer hat da einen marktreifen Standard vorgelegt, auf den die meisten Großen gerade setzen? Richtig, Microsoft. MSTV heißt das Baby und wer einmal auf MSTV setzt, klebt an Microsoft wie PC-Nutzer an Windows. Das ist übrigens auch längst da. Mit der Media Center Edition (MCE) wird aus der gewohnten Desktop-Umgebung eine smarte Oberfläche, die mit der Fernbedienung (im Lieferumfang enthalten) gesteuert werden kann. Und dann gibt es noch den Media Player, das digitale Rechtemanagement (DRM), diverse Multimediaformate – alles aus dem Hause Microsoft. Bin ich froh, dass ich mein Walkman-Handy wieder habe, da kann ich entspannt warten, wer das Rennen gewinnt und auf sinkende Preise hoffen.

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