Keine Löschungen mehr Ein Platz für Corona-Kritik und Falschinformationen: Warum Facebook weniger löschen will

Facebook-Gründer und CEO Mark Zuckerberg
Facebook-Gründer und -CEO Mark Zuckerberg.
© Josh Edelson / AFP
Zu Beginn der Corona-Pandemie zog Facebook die Zügel an – Falschinformationen über die Krankheit oder Maßnahmen waren tabu. Nun überlegt das Unternehmen, die Regeln wieder zu lockern.

Mehr als 25 Millionen Inhalte hat Facebook seit Beginn der Corona-Pandemie von seiner Plattform entfernt, schreibt "Konzern-Außenminister" Nick Clegg auf der Firmenhomepage. Eine stolze Zahl. Offenbar war das auch nötig, denn das soziale Netzwerk war und ist Anlaufstelle für hunderte Millionen Menschen, die nicht immer in der Lage sind, die Wahrheit von Lügen und Verschwörungstheorien zu unterscheiden. Doch im Namen der Meinungs- und Redefreiheit will man nun neue – weniger strenge – Regeln ausarbeiten.

Facebook bittet intern um Rat

Dafür bittet Facebook das sogenannte "Oversight Board" um Rat. Das Gremium gehört zu Meta und fällt für die verschiedenen Plattformen des Konzerns, allen voran Facebook und Instagram, bindende Entscheidungen zu Zensur- und Moderationsfragen. Auch Meinungen zu Nutzungsbedingungen kann dieser Rat abgeben – allerdings, ohne, dass diese bindend wären.

So heißt es: "Meta bittet das Aufsichtsgremium um Rat, ob die Maßnahmen gegen gefährliche COVID-19-Fehlinformationen, die zu Beginn der Pandemie unter außergewöhnlichen Umständen eingeführt wurden, beibehalten werden sollten, während viele, wenn auch nicht alle Länder der Welt versuchen, zu einem normaleren Leben zurückzukehren."

Als Ausgangspunkt für die Debatte wählt Clegg den Anspruch Facebooks, der "freien Rede" verpflichtet zu sein. Offenbar steht das in den Augen des Unternehmens im Widerspruch mit den strengen Regeln, die man zu Beginn der Pandemie für Falschmeldungen und Desinformation aufgestellt hatte.

Und so sucht Facebook nach Alternativen zur bloßen Löschung von Inhalten. Genannt werden beispielsweise schlechtere Sichtbarkeit von Inhalten oder die Einblendung von Warnhinweisen. Beides würde es dem sozialen Netzwerk ermöglichen, trotz aller Distanz Reichweite mit derartigen Inhalten zu machen – und damit Umsätze.

Profitgier oder freie Diskussion?

Die aktuellen Regeln sind auf Facebook öffentlich einsehbar – und sehr restriktiv. Die Umsetzung dürfte für beide Lager zur Gratwanderung werden. Das Technik-Magazin "Heise" schreibt, dass es 2021 einen Fall gab, bei dem das Gremium bereits eingriff. Damals habe Facebook ein Video aus Frankreich gesperrt, in dem behauptet wurde, ein Medikamentenmix mit dem umstrittenen Wirkstoff Hydroxychloroquin helfe bei Corona-Infektionen. Das Gremium bewegte die Plattform dazu, das Video wieder zu veröffentlichen. Denn es habe keine "unmittelbare Gefahr" darin gesehen.

Auch Nutzende der Plattform sind geteilter Meinung. Während das eine Lager dem Konzern Profitgier vorwirft und in der Lockerung der Regeln eine Möglichkeit für Facebook sieht, mehr Geld mit der Radikalisierung kleiner Gruppen zu verdienen, begrüßen andere die Öffnung für Kritik, offene Fragen und Diskussionen zu heiklen Themen. 

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Die folgende Diskussion zwischen Meta und dem "Oversight Board" soll auch eine Strategie für künftige Ausnahmesituationen hervorbringen – denn offenbar sind beide Seiten mit der aktuellen Lösung nicht ganz zufrieden.

Quellen: Heise, Facebook

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