Große Touchscreens, direkte Verbindung zum Smartphone und Unmengen an Sensoren: Autos sind längst mehr als tumbe Maschinen und bieten dem Fahrer jede Menge smarte Unterstützung. Die dabei entstehenden Daten werden von den Herstellern aber erstaunlich schlecht geschützt, zeigt eine Studie der Mozilla-Stiftung. Im Gegenteil: Manche Hersteller erlauben sich das Recht, auch intimste Details über die Nutzer auszuschnüffeln. Und im Zweifel auch an Dritte zu verkaufen.
"Autos sind in puncto Datenschutz die übelste Produktkategorie, die wir je getestet haben", fassen die Autoren in ihrer Studie entsprechend harsch zusammen. Jede einzelne der 25 getesteten Automarken sei durchgefallen – ob Mercedes, Audi oder Kia. "Während wir uns Sorgen darüber zu machen, dass unsere vernetzten Türklingeln und Smartwatches uns ausspionieren könnten, ist die Automobilindustrie still, leise und im großen Stil ins Datengeschäft eingestiegen", konkludiert die Studie. "Wie? Indem sie ihre Fahrzeuge zu datenhungrigen Überwachungsapparaten gemacht hat, die dank modernstem Chichi und Schnickschnack nie da gewesene Möglichkeiten haben, Sie zu beobachten, Ihnen zuzuhören und Informationen darüber zu sammeln, was Sie in Ihrem Auto tun und wohin Sie unterwegs sind."
Spitzelnde Autos
Als problematisch bewertet die Studie schon alleine den schieren Umfang an Möglichkeiten zur Sammlung von Daten – und dass diese den wenigsten Fahrern bewusst sein dürfte. Durch die unzähligen Sensoren, Kameras und den zusätzlichen Zugriff auf die Smartphone-Daten durch die Apps ergebe sich ein kaum vorstellbares Überwachungspotenzial. Vom Fahrverhalten, den Aufenthaltsorten über persönliche Daten wie Alter und Interessen, Biometrie wie Gesichtserkennung bis zum Sexualverhalten und den Vorlieben nennt die Studie kaum zu glaubende 165 Kategorien, in denen Autohersteller nach eigenen Angaben Daten sammeln – und sich vorbehalten, die dann auch auszuwerten.
Dass einige der Kategorien stutzig machen – etwa die der sexuellen Vorlieben – dürfte auch daran liegen, dass auch Mozilla nicht konkret weiß, ob und wie die Hersteller die Daten wirklich sammeln. Die Studie wertete in erster Linie die Benutzungsrichtlinien aus, hat keine Insider-Kenntnisse, welche Hersteller welche Daten tatsächlich sammeln. So ist denkbar, dass einige Hersteller sich lediglich absichern wollen, nicht versehentlich auswertbare Datensätze anzulegen, die dann den Nutzungsbedingungen widersprechen. Da auch die Nutzer das aber nicht wissen können, besteht aber natürlich immer ein Risiko. Und: Keiner der Hersteller verschlüsselt die Daten im Fahrzeug selbst.
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Tesla ist Schlusslicht
Die Neugierde ist nicht bei allen Herstellern gleich ausgeprägt. Das absolute Schlusslicht ist Tesla. Elon Musks E-Auto-Schmiede schafft Beeindruckendes: "Tesla ist erst das zweite Produkt, das wir jemals überprüft haben, das von uns alle Datenschutz-Warnsignale erhalten hat", erklärt Mozilla. Immerhin: Anders als andere Unternehmen würde der Hersteller ausdrücklich betonen, die Daten weiterzuverkaufen.
Auf dem vorletzten Platz landet Nissan, "weil das Unternehmen Daten aus den bedenklichsten Kategorien sammelt, die uns je untergekommen sind". Der Hersteller will neben allerlei Autodaten auch solche zur Genetik, Psychologie, den Neigungen, der Intelligenz und der sexuellen Aktivität speichern. Und diese dann auch an Dritte weitergeben und verkaufen können. Auch Kia ist neugierig auf das Sexualverhalten seiner Kunden. Toyota sticht auf andere Art negativ hervor: Der Hersteller legt seinen Kunden gleich ein ganzes Dutzend Datenschutzerklärungen zur Zustimmung vor. Die Hersteller mit den wenigsten Makeln sind Renault und Dacia.
Quelle: Mozilla