Meta Russland verbietet Instagram und Facebook – Whatsapp aber nicht. Das sind die Gründe

Trotz des Verbot des Mutterkonzerns Meta bleibt die Nutzung von Whatsapp in Russland erlaubt
Trotz des Verbot des Mutterkonzerns Meta bleibt die Nutzung von Whatsapp in Russland erlaubt
© Artur Widak/ / Picture Alliance
Jetzt ist es also offiziell: Techriese Meta gilt in Russland in Folge des Ukraine-Krieges als extremistische Organisation, die beliebten Töchter Facebook und Instagram sind verboten. Doch Konzernschwester Whatsapp darf weitermachen. Dahinter steckt ein einfaches Kalkül.

Die Debatte um die gesellschaftlichen Folgen sozialer Netzwerk ist an sich nicht neu, auf eine Stufe mit Terror-Organisationen wie dem Islamischen Staat würde Facebook und Instagram hierzulande aber wohl kaum jemand stellen. In Russland ist nun genau das passiert. So will Putins Regierung die Kritik am Ukraine-Krieg unter Kontrolle behalten. Doch an Whatsapp kommt nicht mal der Kreml vorbei.

Das zeigt ein Urteil eines russischen Gerichts. Es bestätigte am gestrigen Montag die Entscheidung der russischen Regierung, Instagram und Facebook zu sperren, weil die Konzernmutter Meta "extremistischen Aktivitäten" nachgegangen sei. Damit sind die beiden Netzwerke in Russland verboten, russische Medien dürfen nicht einmal mehr ihre Logos zeigen, berichtet "Reuters". Der Messenger wird allerdings explizit ausgenommen: "Diese Entscheidung trifft nicht auf Whatsapp zu", erklärt das Urteil.

Warum bleibt Whatsapp erlaubt?

Die grundsätzliche Erklärung liefert das Gericht gleich mit. Der Messenger sei nicht betroffen "weil er keinerlei Funktionen besitzt, Informationen öffentlich zu verbreiten", so das Urteil. Trotzdem bleibt die Entscheidung überraschend. Denn: Mit Meta wurden nicht nur die einzelnen Dienste wie Instagram, sondern dem gesamten Konzern das Geschäft in Russland untersagt, stellte die russische Regulierungsbehörde Roskomnadzor am Montagabend klar. Dass ein Teil des Unternehmens explizit ausgenommen wird, ist da zumindest extrem ungewöhnlich.

Tatsächlich dürfte auch ein anderer Grund eine wichtige Rolle spielen: Whatsapp ist in Russland extrem beliebt. Mehr als 75 Prozent der Russen nutzten den Messenger laut einer "Statista"-Erhebung von 2020. "Jeder benutzt es", bestätigte entsprechend die Kommunikationsexpertin Alena Georgobiani gegenüber "Wired". "Ich kenne kaum eine Person in meiner Kontaktliste, die nicht Whatsapp hat."

Und: Anders als etwa Instagram und Facebook hat der Messenger in Russland keine einheimische Alternative. Während das heimische Netzwerk VKontakte dort eine der beliebtesten Plattformen ist, gibt es keinen russischen Messenger mit einem ähnlich hohen Verbreitungsgrad. Das ursprünglich in Russland gegründete Telegram taugt für die Regierung nur bedingt als Ersatz. Die Gründer haben das Land nach Sperr-Versuchen verlassen und den Messenger über mehrere Zwischenstationen nach Dubai verlegt. Dass ausgerechnet die ukrainische Regierung den Messenger als wichtiges Sprachrohr benutzt, dürfte dem Kreml ebenfalls wenig schmecken. Trotzdem legte Telegram in den letzten Wochen auch in Russland massiv zu. Laut dem russischen Provider Megafon hatte der Messenger letzte Woche zum ersten Mal Whatsapp in der Nutzung überholt.

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Russland will die Kontrolle behalten

Letztlich geht es bei dem Meta-Verbot vor allem um eines: Russland will die Kontrolle über den Narrativ seines Angriffes auf die Ukraine behalten. Das Verbot traf Meta vor allem deshalb, weil der Konzern bei Facebook die russischen Propaganda-Kanäle sperrte und bei Instagram verbale Angriffe und Gewaltaufrufe gegen die russische Führung und ihre Truppen erlaubte. Dass Instagram seine Richtlinien mittlerweile strenger auslegt, half nicht, das Verbot zu vermeiden.

Für Russland ist die Sperre mittlerweile essenziell, um den Zugang der Russen zu ausländischen Quellen zu unterbinden. Der Angriff auf die Ukraine wird in den russischen Medien weiter nicht als Krieg, sondern als "Spezialeinsatz" deklariert, das schlechte Abschneiden der russischen Seite zurückgehalten. Dass Whatsapp anders als Instagram und Facebook keine massenhafte Verbreitung von anderweitigen Perspektiven erlaubt, dürfte also - wie im Urteil auch angegeben - eine wichtige Rolle bei der Entscheidung gespielt haben.

Auf Dauer scheint die russische Regierung aber eine weitere Abkapselung zu erwägen. Einem Bericht der Zeitung "Vedomosti" zufolge plant das russische Netzwerk VKontakte bereits, einen längst vergessenen Vorgänger wieder zu beleben: Das Unternehmen will demnach den kurz nach der Jahrtausendwende beliebten Messenger ICQ wieder aus der Mottenkiste zu holen. Die ersten Gespräche dazu gab es Mitte Februar - eine Woche vor dem Einmarsch in der Ukraine.

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