Langsam ruckelt man die Steigung nach oben, erreicht den Scheitelpunkt – und rast unter lauten Schreien in die Tiefe. Achterbahnfahrten sind ein beliebter und weitgehend sicherer Nervenkitzel. Apples mit dem iPhone 14 und den neuen Apple Watches eingeführte Unfallerkennung erkennt sie aber nicht immer als solchen. Und scheint deshalb regelmäßig den Notruf einzuschalten.
Das berichtet das "Wall Street Journal". Demnach war etwa Sara White mit ihrer Familie in einer Achterbahn im Kings Island Amusement Park in der Nähe von Cincinnati gefahren, als ihr iPhone 14 die Fahrt als schweren Unfall erkannte. Die 39-Jährige merkte im Trubel der Fahrt nichts davon, dass ihr Telefon selbstständig begann, einen Notruf abzusetzen. Erst beim Aussteigen bemerkte sie eine ganze Reihe verpasster Anrufe. Die Notfall-Hotline hatte versucht, sie zurückzurufen - um zu bestätigen, dass es ihr gut ging.
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iPhone 14: Nicht jeder Notruf ist ein Notfall
Die im September mit den neuen iPhone-14-Modellen und den neuen Apple Watches eingeführte Funktion ist eigentlich ziemlich smart. Bewegen sich die Geräte sehr schnell und bremsen auf einen Schlag unter großem Lärm ab, vermuten die Geräte einen Unfall. Die Nutzer:innen bekommen dann eine Nachfrage, ob sie einen Notruf absetzen möchten. Reagieren sie nicht darauf, gehen iPhone und Apple Watch davon aus, dass sie bewusstlos sind, und rufen sicherheitshalber einen Rettungsdienst.
Genau das scheint auch die Crux bei den Achterbahnen zu sein. Die Kombination aus schneller Geschwindigkeit, dem teils abrupten Abbremsen und den Schreien der Mitfahrenden wird von Apples Algorithmus als potenzieller Crash erkannt. Weil die Besitzer:innen aber abgelenkt sind, bekommen sie die Nachfrage der Geräte nicht mit. Und in der Folge kommt es zum Fehlalarm.
Fehlalarme belasten System
Dem Bericht zufolge ist White nicht alleine. Journalistin Joanna Stern konnte mehrere Fälle finden, in denen Rettungskräfte zu einem vermeintlichen Notfall ausgerückt waren - nur um dann völlig gesunde Achterbahn-Passagiere vorzufinden. "Wir können keinen Anruf ignorieren", erklärte die Leiterin einer Einsatzzentrale der Zeitung. "Wir sind eine gewissen Menge an Fehlalarmen gewöhnt, aber auf Dauer zehrt es an den Nerven."
Mit dem Problem konfrontiert, betonte ein Apple-Sprecher erneut, dass die Erkennung mit den Daten von Millionen Autounfällen als Grundlage entwickelt wurde und dadurch sehr zuverlässig funktioniere. Zudem arbeite der Konzern konstant daran, die Erkennung immer weiter zu verbessern.

"Im Notfall würden sie mich finden"
Tatsächlich konnte die Funktionsfähigkeit der Erkennung im Notfall bereits auf traurige Art und Weise bestätigt werden. Letztes Wochenende hatte ein iPhone in Nebraska automatisch einen tragischen Unfall gemeldet, der sechs Personen das Leben kostete. Bestehen noch Überlebenschancen, sind Opfer solcher Unfälle auf jede Sekunde angewiesen, dass die iPhones auch ohne Beobachter im Auftrag bewusstloser Verletzter den Notruf wählen, kann dann wertvolle Minuten bringen.
Einen weniger tragischen Fall hat Stern ebenfalls für ihren Artikel ausmachen können. Dem Motorradfahrer Douglas Sonders war Mitte September sein wenige Tage altes iPhone 14 Pro Max aus der Handyhalterung geflogen, als er mit Freund auf Tour war. Ohne sein Wissen alarmierte es nicht nur den Notruf, sondern auch seine als Notfallkontakte eingerichtete Ehefrau sowie seine Mutter. Obwohl er ihnen einen gehörigen Schrecken eingejagt hatte, will er die Funktion weiter aktiviert lassen. "Ich weiß nun, dass sie funktioniert, sagte er der Zeitung. "Im Notfall weiß ich, dass sie mich finden würden."
Quelle: Wall Street Journal