Die Internet-Nutzung unterwegs bürgert sich allmählich im Alltag ein - und bringt neue Geschäftsmodelle und Konkurrenten auf den Plan. Schwergewichte wie Apple und Google drängen ins Mobilfunk-Geschäft und verändern das Kräfteverhältnis und die Spielregeln. Das Wachstum in Schwellen- und Entwicklungsländern stellt unter anderem die Handy-Hersteller vor Herausforderungen, weil sie plötzlich große Mengen möglichst günstiger Mobiltelefone bauen müssen.
Im Rampenlicht des wichtigsten Branchentreffs (11. bis 14. Februar) dürfte vor allem das mobile Internet stehen. Erwartet wird unter anderem, dass erste Prototypen für das von Google initiierte Handy-Betriebssystem Android gezeigt werden.
Auch Ankündigungen für neue mobile Dienste dürften nicht fehlen. So ist es für Nokia an der Zeit, den Aufbau seines Portals Ovi voranzutreiben: Das groß angekündigte Musik-Angebot startete bisher erst in Großbritannien, der Spiele-Dienst N-Gage wurde wegen technischer Schwierigkeiten verzögert. Die Londoner "Times" berichtete nun, das britische Unternehmen Omnifone wolle in Barcelona Nokia die Schau stehlen und ein eigenes Musik-Handy mit Zugang zu Songs der großen Musikkonzerne vorstellen.
Neue Ideen müssen her
Da die Umsätze mit Sprachtelefonie angesichts immer günstigerer Tarife stetig sinken, sucht die Mobilfunk-Branche fieberhaft nach neuen Ideen, wie man mit Datendiensten Geld verdienen kann. Bewegung gibt es da schon: Daten der Netzbetreiber zeigen, dass mit der Verbreitung des Apple-Handys iPhone die Internet-Nutzung unterwegs deutlich zunimmt. Mit Spannung werden deshalb die Android-Handys erwartet.
Angesicht von Googles Dominanz im Internet-Werbemarkt trauen Branchenbeobachter dem Suchmaschinen-Primus zu, auch mit Werbung auf dem Handy erfolgreich zu sein. Als ein Schlüssel dafür werden ortsbezogene Dienste gesehen. Mit der Verbreitung von Handys, die - ob über GPS oder mit anderen Mitteln - ihren Standort erkennen, können den Nutzern gezielt Angebote zum Beispiel von Kaufhäusern oder Restaurants in ihrer Nähe aufs Telefon gesendet werden.
Der weltgrößte Chiphersteller Intel dürfte nach Barcelona Prototypen seiner mobilen Mini-Computer (MID) mitbringen, die mit den neuen Silverthorne-Prozessoren eine hohe Rechenleistung mit geringem Stromverbrauch verbinden sollen. Bisher scheitert eine breitere Internet-Nutzung unterwegs unter anderem daran, dass die Geräte die Akkus binnen weniger Stunden leersaugen.
Der Mobile World Congress, der bisher unter dem Namen "3GSM" bekannt war, ist in diesem Jahr wieder hochkarätig besetzt. In Barcelona sind unter anderem die Chefs von Nokia, T-Mobile, Vodafone, China Mobile oder führender Netzwerkausrüster sowie Vertreter vieler junger Unternehmen, die um die Aufmerksamkeit der Branche buhlen.
DPA
Trend 1: Mobiles Internet
Über Jahre haben die Mobilfunk-Anbieter Milliarden in den Aufbau superschneller Netze investiert - doch zum Massenmarkt wurde die Internet-Nutzung für unterwegs bisher nicht. Die Verbraucher stören sich an hohen Tarifen oder umständlicher Bedienung auf den kleinen Bildschirmen. Doch inzwischen wittert die Branche Morgenluft: Apples iPhone zeigt, dass die Nutzer bei richtigem Bedienkomfort doch zum "Internet in der Tasche" greifen. Googles Betriebssystem Android, von dem in Barcelona erste Geräte- Prototypen erwartet werden, verspricht attraktive neue Dienste. Intel will mit den sparsamen und leistungsstarken Silverthorne-Chips die Voraussetzung dafür schaffen, dass die Akkus länger halten.
Trend 2: Smartphones
Die Nutzung mobiler Datendienste erfordert entsprechende Geräte. Die sogenannten Smartphones sind eigentlich Mini-Computer, mit denen man auch telefonieren kann. Handy- Weltmarktführer Nokia ist auch hier die Nummer eins mit gut der Hälfte des Marktes - doch die Konkurrenz von Apple und Google könnte in den kommenden Jahren die Gewichte verschieben. Smartphones sind ein schnell wachsendes Geschäft, das aber eigentlich erst am Anfang steht: Im vergangenen Jahr stieg der Absatz um 60 Prozent auf insgesamt etwa 115 Millionen Geräte, also etwa ein Zehntel des gesamten Handy-Marktes. Beim Design gibt es eine große Vielfalt: Von kompletten Tastaturen wie beim E-Mail-Handy Blackberry bis zum berührungsempfindlichen Bildschirm des iPhone.
Trend 3: Navigation
Nokia nahm gut acht Milliarden Dollar in die Hand, um den Anbieter digitaler Straßenkarten Navteq zu übernehmen - und das aus gutem Grund. Navigation und Ortung gelten als ganz heiße mobile Dienste. Dabei geht es weniger um die aus dem Auto bekannten Wegbeschreibungen als um bisher ungeahnte Möglichkeiten, die Menschen gezielt mit Werbung anzusprechen. Zum Beispiel könnten Geschäfte oder Restaurants Kunden in ihrer Nähe die Werbung direkt aufs Handy schicken. Dass der Navigationsgeräte-Hersteller Garmin in Barcelona sein erstes Handy "nüvifone" zeigen will, dass GPS-Ortung, mobiles Internet und Telefonie vereint, bestätigt den Trend.
Trend 4: Femtocells
Hinter dem bisher wenig bekannten Begriff steckt eine Art eigener Handy-Hotspot für zu Hause. Im eigenen Heim telefonieren die Menschen eher weniger mit dem Handy - viele haben Netzprobleme, auch die Tarife sind angesichts der Flatrate-Angebote im Festnetz nicht so günstig. Mit Femtocell-Anlagen würden die Handys nicht die Antennen der Mobilfunk-Anbieter ansprechen, sondern nach WLAN-Manier den eigenen Hotspot - von dem die Gespräche oder Daten dann kostengünstig über DSL-Leitungen weitergeleitet werden. Experten halten einen Durchbruch für die Technik in den kommenden Jahren für möglich.