Herzstück und wohl wichtigstes Bauteil ist ohne Zweifel die Kamera. Zur Selfie-Kamera ist nicht viel zu sagen. Beim S22 Ultra arbeitet auf der Vorderseite eine Knipse mit 40 Megapixeln, die sehr gute Bilder macht und einen hohen Detailgrad abliefert. Beim Porträt-Modus fransen strubbelige Haare etwas zu sehr aus.
Auf der Rückseite zündet Samsung ein Feuerwerk der Superlative. 108-Megapixel-Hauptkamera, Superweitwinkelkamera mit 12 Megapixeln, zwei Teleobjektive mit je 10 Megapixeln und zwei optische Zoom-Stufen. Zumindest auf dem Papier steht das iPhone 13 Pro mit „nur“ drei Kameras und 12 Megapixeln mit leeren Taschen da. Aber ist das wirklich so?
Zunächst ein Test bei Tageslicht, im Vergleich mit einem iPhone 13 – ohne Pro. Bei normalen Lichtverhältnissen ist kaum ein Unterschied zu sehen, auch Nahaufnahmen unseres Test-Dackels sind in puncto Schärfe kaum zu unterscheiden, wobei das S22 Ultra tendenziell dunkle Bereiche merklich aufhellt, das iPhone 13 Fotos kontrastreicher aufnimmt.
Den automatischen Fokus setzen beide Smartphones unterschiedlich. Das S22 Ultra versucht stets, die goldene Mitte zu finden, während das iPhone 13 eher den vorderen Bildbereich scharf stellt. Selbstverständlich lässt sich bei beiden Smartphones manuell bestimmen, wo der Fokus zu liegen hat, aber halten sie mal einen Dackel lang genug still für sämtliche manuelle Kamera-Einstellungen.
Noch ein Wort zum Zoom, bevor die Nacht dran ist. Denn sobald es dunkel wird, verschlechtert sich die Qualität der hohen Zoomstufen zu sehr, sodass eine faire Beurteilung nicht möglich wäre. Also: Das S22 Ultra bietet einen drei- und zehnfachen optischen Zoom. Digital geht es bis zur 100. Aus der Hand ist das unmöglich bedienbar, da im hundertfachen Zoom die kleinste Bewegung den kompletten Bildausschnitt verschiebt, aber auf einem Stativ geht’s.
Beispiel Kran: Aus großer Entfernung rückten wir der Person in der Kanzel in sieben Schritten auf den Leib. Was im Weitwinkel nur ein kleiner Punkt ist, wird mit zunehmender Annäherung deutlich erkennbarer. Bis zum zehnfachen Zoom bleibt alles gut erkennbar, danach wird es verwaschen. Das liegt natürlich daran, dass Samsung hier softwareseitig deutlich nachhilft und der optische Zoom längst nicht mehr ausreicht. Aber: Auch bei hundertfacher Vergrößerung ist es noch möglich, Umrisse von Personen oder Schriftzüge zu erkennen. Eine nette Spielerei.
Bei der Kommunikation des Hersteller war es Samsung ein besonderes Anliegen, auf die Stärken von Nachtaufnahmen hinzuweisen. Man wolle mit dem S22 Ultra „die Nacht zum Tag“ machen. Wobei das eigentlich nur eingeschränkt das Ziel sein sollte, denn man will in der Regel den Charakter dunkler Aufnahmen möglichst realistisch einfangen.
Im Test haben wir das iPhone 13, das iPhone 13 Pro und das S22 Ultra auf einen Spaziergang entlang des Hamburger Hafens mitgenommen. Das iPhone 13 lieferte dabei immer noch akzeptable Aufnahmen, konnte iPhone 13 Pro und S22 Ultra aber nicht das Wasser reichen. Die beiden Top-Smartphones sind nahezu gleichauf. Das iPhone 13 Pro stellt Nachtaufnahmen tendenziell etwas farbechter dar, während das S22 Ultra tatsächlich eher „die Nacht zum Tag“ macht und eigentliche dunkle Bereiche teils deutlich aufhellt. Das sorgt beim S22 Ultra für mehr Details im Bild, der Stimmung dunkler Aufnahmen schadet es nach unserem Geschmack allerdings ein wenig.
Sehr gut kann das S22 Ultra mit direkten Lichtquellen bei Nacht umgehen, das iPhone 13 Pro streute das Licht über große Teile der Aufnahme. Besser steht Apple oft beim automatischen Fokus da: Wie auch bei den Nahaufnahmen des Test-Dackels setzt das iPhone den Fokus stets auf den vorderen Bildbereich, das Samsung Galaxy S22 Ultra entscheidet sich stets für die Mitte.
Abseits von wenigen Unterschieden, die zu großen Teilen vom persönlichen Geschmack abhängen, gefallen uns beide Kameras im Test sehr gut. Das setzt sich auch bei Videos fort, hier lassen sich mit beiden Geräten tolle Aufnahmen machen, wobei das S22 Ultra mit dem Profi-Modus auch ohne zusätzliche Apps mehr Optionen bietet und mit 8K-Aufnahmen dem iPhone etwas voraushat. Im Grunde aber das alte Spiel: Wer schnell und einfache tolle Ergebnisse will, wird das iPhone bevorzugen, wer gerne alle Fäden selbst in der Hand hat, tendiert womöglich zu Android. Den wenigen Menschen, die 8K-Smartphone-Aufnahmen benötigen, bleibt hingegen keine Wahl.