Das Verteidigungsministerium der Ukraine und der patriotische Kanal United24 haben ein Video über die Erfahrungen der ukrainischen Besatzungen mit dem deutschen Leopard 2A6 veröffentlicht. Natürlich handelt es sich um ein Werbevideo. Das macht schon die starke Filterung deutlich. Bei der ersten Einstellung fragt man sich, ob es sich überhaupt um eine reale Aufnahme handelt oder ob hier nicht ein Panzer aus einem Videospiel über den Feldweg rumpelt.
Kritische Bemerkung etwa über die zu schwach ausgelegten Bauteile, die den harten Einsatz nicht lange standhalten, fehlen. Ebenso Anmerkungen zu dem Mangel an Ersatzteilen. Dennoch birgt das Video interessante Insights. Das erste Gefecht, welches Kommandant Zahar schildert, ist kein Panzerduell. Typisch für die Ukraine fährt der Panzer eine Begleitmission für eine Infanteriegruppe. Mit zwei Schützenpanzern vom Typ Bradley, von denen einer auf eine Mine lief, unterstützte sein Leopard den Sturmangriff der Infanterie. Das Gefecht dauerte zwei bis drei Stunden, so Zahar. Sie hätten alles, was an Munition vorhanden war, verschossen. Das Ergebnis: Die ukrainische Sturmgruppe hatte nur zwei Verletzte. Zahar: "Nachher haben wir mit den Jungs gesprochen, sie sagten uns: 'Wenn ihr nicht da gewesen wärt, gäbe es uns nicht mehr.'"
Gebaut für große Soldaten
Zahar hat vorher die Sowjetmodelle T-64 und T-72 gefahren. Seine erste Bemerkung zum Leopard 2 hört sich verwunderlich an. "Bildschirme, Bedienung – alles ist so einfach, gemacht für Menschen." Tatsächlich ist "leichte Bedienbarkeit" ein zentraler Moment des Leopard-Designs. Der Panzer wurde ursprünglich in gewaltigen Zahlen für eine Wehrpflichtarmee gebaut. Reservisten sollten sich "sofort" wieder an alles erinnern. Dazu kommt die Geräumigkeit des Innenraums. In den sehr viel kleineren Sowjetpanzern geht es beengt zu – zumindest für Männer wie Zahar. Ursprünglich wurden die Panzer für kleine Männer ausgelegt, in der UdSSR gab es genügend Zentralasiaten.
Leopard gewinnt im Duell
Die Ausbildung in Deutschland sei hart gewesen, sagt der Kommandant. "Ein Drei-Jahres-Programm wurde in fünf Wochen gesteckt." Die Nato-Vorstellung vom Krieg unterscheide sich von der Wirklichkeit der Ukraine. "Für sie läuft das so. Vor dem Angriff bereinigt die Luftwaffe alle feindlichen Positionen. Dann kommt die Artillerie. Wenn der Panzer startet, ist alles bereits niedergekämpft. Die Panzer machen nur den Rest." "Bei uns macht der Panzer fast die ganze Arbeit. Wenn wir in den Kampf treten, gibt es noch viele Gegner, die auf uns schießen." Am gefährlichsten seien Minen und Lenkwaffen. Drohnen seien nicht so furchteinflößend, weil der Leopard bei einem Treffer nicht explodiere. "Sollte es zu einem Duell Panzer gegen Panzer kommen, denke ich, dass der Leopard gewinnt."
Zahar lobt Optik und Zielerfassung. In den alten und nicht modernisierten Sowjetpanzern seien Treffer auf 1000 Meter ein guter Wert, so Zahar. Der Leopard hat klare Sicht auf die maximale Kampfentfernung von 3600 Metern. Weiter lobt er die Manövrierbarkeit und die Geschwindigkeit des Deutschen Panzers und seinen Rückwärtsgang. Eines der größten Handicaps des T-72 im Gefecht ist seine geringe Rückwärtsgeschwindigkeit. Häufig müssen die Fahrer im Gefecht eine riskante Wende ausführen, weil sie rückwärts nicht vom Fleck kommen.
Mehrere Treffer überlebt
Das Wichtigste ist die hohe Überlebensfähigkeit der Besatzung. Die Sowjetmodelle haben keinen menschlichen Ladeschützen, die Munition wird automatisch zugeführt. Das funktioniert schneller und auch zuverlässig. Aber dafür ist die gesamte Munition in einem Karussell unterhalb des Turms untergebracht. Ein Durchschlagstreffer im Kampfraum führt häufig zu einer sofortigen Explosion der Munition, die Besatzung hat keine Chance zu entkommen. Das ist beim Leopard 2 anders. Ein Durchschlag in den Kampfraum kann auch die Besatzung töten, aber es kommt nicht fast zwangsläufig dazu.
Zahar bekennt, der Leopard 2A6 habe ihm drei Geburtstage geschenkt. "Drei Mal wurden Panzer, mit denen ich gearbeitet habe, getroffen – und die ganze Crew blieb unverletzt." Bei seinen Schilderungen der Treffer werden Sequenzen vom berüchtigten "Bradley Square" eingeblendet. Dort blieb am Beginn der Sommeroffensive eine ukrainische Panzergruppe in Minenfeldern und Artilleriefeuer liegen. Dort traf eine Lancet-Drohne seinen Panzer, beim dritten Geburtstag wurde der Leopard von einer Anti-Panzer-Lenkwaffe getroffen, aber sie schlug nur ein Loch und niemand wurde verletzt
Topspeed 80 km/h
Fun Fact: Alexy, der Fahrer, besitzt nicht einmal einen zivilen Führerschein. Sein Spitzname seit der Ausbildung in Deutschland lautet Kamikaze. Sein ganzer Stolz: Er hat schon 80 km/h aus dem Leopard rausgeholt, acht mehr als die offizielle Höchstgeschwindigkeit. Dmytro, der Gunner, ist stolz auf die Präzision der Hauptwaffe, der 120-mm-Glattrohrkanone L/55 von Rheinmetall. "Sie trifft auf eine Entfernung von vier Kilometern. Auf drei Kilometer liegt die Treffergenauigkeit bei fast 100 Prozent." Dann kommt der Ladeschütze, Vitalii, den es in den T-Modellen nicht gibt. Er müsse vor allem stark sein, weil er mit den 30 Kilogramm schweren Geschossen hantiere. In seiner Passage sieht man auch die Munitionslager des Leopard. "Im Einsatz sind die Türen geschlossen. Wenn der Turm getroffen wird, saugt ein System alle Flammen nach oben, so dass der Rauch nicht im Turm bleibt."
Auf dem Schlachtfeld hat jeder Angst vor Kampfpanzern, sagt Zahar am Ende. Doch sie, die Tanker, hätten auch Angst, denn ein Panzer ist ein primäres Ziel. Er zieht immer das Feuer des Gegners auf sich. "Sie wollen uns mit aller Entschlossenheit vernichten."