In der Nähe von Charkow haben ukrainische Soldaten russische Anti-Personenminen eines neuen, modernen Typs gefunden. Die russische POM-3 Medaillon ist eine smarte Mine, die mit Sensoren ausgestattet ist. Was heißt das? Eine herkömmliche Mine wird meist durch Druck auf der Oberfläche ausgelöst. Eine Anti-Personenmine explodiert, wenn jemand darauf tritt. Jedenfalls in den meisten Fällen, derartige Minen können auch mit Stolperdrähten und ähnlichen mechanischen Auslösern kombiniert werden. Die POM-3 hingegen ist mit seismischen Sensoren ausgestatten, die auf menschliche Schritte reagieren. Erkennt die Mine einen Menschen in der Nähe, tritt sie in Aktion.
Springmine mit hoher Wirksamkeit
Die POM-3 gehört zu den sogenannten Springminen. Löst sie aus, explodiert sie nicht im Boden. Eine Explosion im Boden wirkt nur unmittelbar nach oben. Eine Springmine springt zuerst in die Luft und explodiert dort in geringer Höhe, sodass ihre Splitter in einem größeren Umkreis wirksam sind. Die POM-3 ist nicht flach wie eine Tellermine, sie hat die Form eines Zylinders und wiegt 1,8 Kilogramm. Sie explodiert in einer Höhe von 1 bis 1,5 Metern. Die POM-3 wirkt in einem Umkreis von 18 Metern tödlich.
Wo ist der militärische Vorteil der POM-3? Jede sensorische Mine sperrt einen größeren Teil des Bodens als ein Modell mit Berührungszünder. Um ein Feld zu sperren, wird nur ein Bruchteil der Sprengkörper benötigt. Damit herkömmliche Minen wirksam sind, müssen sie sorgsam von Hand knapp unter der Erdoberfläche verlegt werden, kaum ein Soldat wird direkt auf eine Mine treten, die auf dem Gras liegt. Die POM-3 hingegen wird von einem Raketenwerfer gestartet. Über dem Ziel setzt ein Transportbehälter die Minen frei, sie gehen mit einem Fallschirm zu Boden und bleiben dann in der Erde stecken und richten sich auf.
Unter Kampfbedingungen kaum zu räumen
Blickt man auf die Konfrontation im Donbass, ist damit zu rechnen, dass auch im Ukrainekrieg im großen Maßstab Minen und Sprengfallen jeder Art eingesetzt werden. Sie sind grundsätzlich eine starke Gefahr für Zivilisten. Sensorische Minen haben zudem den Nachteil, dass sie nicht auf herkömmliche Weise geräumt werden können, da sich der Minenräumer ihnen nicht nähern kann. Sie erfordern eine andere Technik. Beim Auftauchen einer großen Zahl von Minen wie der POM-3 ist zu erwarten, dass die Sensoren überlistet werden, und etwa ein kleiner Roboter die seismische Frequenz menschlicher Schritte nachahmt und so die Minen zur Explosion bringt. Grundsätzlich lassen sich smarte Minen nach Ende der Gefechte eher leichter räumen. Einzelne Soldaten können sie während der Kampfhandlungen dagegen kaum aus dem Weg räumen, auch weil die Sensoren für einen Schutz gegen das Aufheben sorgen: Wird die Mine bewegt oder angehoben, explodiert sie. Die POM-3 stoppt daher einen gegnerischen Vormarsch weiträumig und zuverlässig, dazu kann sie zum Schutz von Stützpunkten eingesetzt werden.

Wie ist der Einsatz der Mine rechtlich einzuschätzen?
Anders als häufig berichtet sind Minen nicht "verboten". Man kann sagen, sie sind geächtet oder "banned" im Englischen. Im sogenannten Ottawa-Abkommen verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten, auf Einsatz, Lagerung und Produktion von Anti-Personen-Minen zu verzichten. Minen gegen Fahrzeuge sind von dem Abkommen nicht erfasst. Das Problem ist das Wort "Unterzeichnerstaaten". Russland ist dem Abkommen nie beigetreten, das Abkommen bindet Moskau also nicht. Die Ukraine hat das Abkommen unterzeichnet, es ist aber kein Geheimnis, dass Kiew an der Kontaktlinie im Donbass auch Minensperren ausgebracht hat, das Abkommen also ignoriert. Truppen Russlands und der Separatisten stießen bei ihrem Vormarsch im jetzigen Krieg auf Sprengfallen der ukrainischen Soldaten, wie sie typischerweise bei Rückzügen eingesetzt werden. Auf gegnerische Minen stößt man nur beim Vormarsch in einem Gebiet, dass der Gegner zuvor beherrschte. Die Kiewer Truppen treffen also erst jetzt nach dem teilweisen Rückzug der russischen Truppen auf Minen.
Dazu kommt ein weiterer Punkt: Minen wurden nicht wegen ihrer Wirkung in einer Kriegszone verboten. Letzten Endes ist der Tod durch eine Mörsergranate nicht weniger qualvoll. Sie sind geächtet worden, weil sie auch lange nach Ende der Kampfhandlungen in der Erde lauern. Selbst Minen aus dem Zweiten Weltkrieg können noch explodieren. Diese Hinterlassenschaft kann ganze Gebiete auf lange Zeit unbewohnbar machen und trifft vor allem Zivilisten. Dieser Einwand trifft smarte Minen wie die POM-3 nicht. Da die Sensoren von einer Batterieversorgung abhängig sind, haben sie immer eine begrenzte Lebensdauer. Die POM-3 verfügt zudem über einen Zeitzünder, mit dem in Stufen die Lebensdauer eingestellt werden kann. Läuft er ab, explodiert die Mine unter der Erde. Im Sinne des Ottawa-Abkommens ist eine moderne Mine wie die POM-3 weit weniger problematisch als die billigen, älteren Modelle, die eine Ewigkeit scharf bleiben.
Versteckte Fallen weit heimtückischer
Auch fehlt der POM-3 eine weitere Eigenart des Minenkrieges, die Heimtücke. Klassische Berührungsminen und Sprengfallen werden absichtlich so angebracht, dass das Opfer sie nicht erkennen kann und sie ahnungslos auslöst. Ein Klassiker ist etwa das "Verminen" von Kühlschränken, WC-Sitzen und Türen in geräumten Dörfern. Anders als verdeckt verlegte Minen und Sprengfallen ist die POM-3 sichtbar. Einerseits bleiben als Warnung die Fallschirme zurück, an denen die Minen zu Boden gehen, andererseits richtet sich das Rohr der Mine senkrecht über dem Boden aus. Ihr Einsatz zielt nicht primär darauf, als Falle dem Gegner Verluste beizubringen, sondern große Flächen für eine gewisse Zeit zu sperren. Daher dürften altmodische Minen, die mit einem gewissen Sadismus versteckt verlegt werden, für die Zivilsten in der Ukraine die weit größere Gefahr darstellen.