Krieg in der Ukraine RGW90 - Ukraine bekommt weitere 2650 Panzerabwehrwaffen aus Deutschland

Klein, leicht mit hoher Feuerkraft - die RGW90.
Klein, leicht mit hoher Feuerkraft - die RGW90.
© DND / PR
Dynamit Nobel Defence liefert den tragbaren Raketenwerfer RGW90. Kiew hat eine Variante für den Häuserkampf bestellt – der Gefechtskopf kann Panzer ausschalten und zugleich Mauern und Bunker knacken.

Und es geht doch. Nach der Panzerfaust 3 erhält die Ukraine 2650 Panzerabwehrwaffen des Typs RGW90 aus Deutschland. Während die Panzerfaust aus den Beständen der Bundeswehr geliefert wurde, kommt die RGW90 direkt vom Hersteller Dynamit Nobel Defence (DND). Nobel stellt auch die Panzerfaust 3 her. Beide Systeme sind keine Lenkwaffen zur Panzerbekämpfung, die ihr Ziel selbstständig verfolgen so wie Javelin, TOW oder auch das ältere Milan-System. Der Schütze muss das Ziel anvisieren, feuern und treffen.

In der Grundkonzeption unterscheiden sich beide Waffen dennoch. Bei der Panzerfaust 3 wird die Patrone vorn auf das Schulterstück aufgesteckt – damit ähnelt sie den russischen RPGs und dem Modell aus dem Zweiten Weltkrieg, der originalen Panzerfaust. Bei der neueren RGW90 wird der Gefechtskopf aus einem Rohr heraus gestartet – so wie bei der Bazooka der US-Armee oder dem deutschen Pendant, dem Panzerschreck. Beide Waffen werden von der Schulter mit Schub gestartet, sollen aber beim Start den Schützen nicht verbrennen. Ein Problem, dass bei einer Lenkwaffe so nicht auftaucht, sie muss nur aus der Abschussvorrichtung "herausploppen" und kann dann in einiger Entfernung durchstarten.

Leichte Waffe für kurze Distanzen

Auf eine Kampfentfernung von theoretischen 500 Metern kann sie mehr als 600 Millimeter Panzerstahl durchschlagen. Wobei zu berücksichtigen ist, dass die 600 Millimeter ein Normwert sind und moderne Panzerungen den gleichen Schutz bei geringerer Stärke erreichen. Die Trefferwahrscheinlichkeit liegt bei 90 Prozent auf ein 2,3 Meter x 2,3 Meter NATO-Standardziel. Bei Zielen in Bewegung schrumpft die effektive Reichweite stark, weil die Waffe das Ziel nicht verfolgen kann. Gedacht ist die RGW90 nicht für die Langstrecke, sondern für kurze Distanzen, sie kann ab 20 Metern eingesetzt werden und auch aus relativ kleinen geschlossenen Räumen abgefeuert werden. Die RGW90 ist etwa einen Meter lang und wiegt etwa zehn Kilogramm. Das "Rohr" hat ein Kaliber von 90 Millimetern, die Gefechtsköpfe können aber breiter sein. Die RGW90 wird standardmäßig mit einem Monohohlladungssprengkopf gegen Panzerungen bestückt.

Die Variante RGW 90 AS ist mit einem zweistufigen Sprengkopf ausgestattet. Er kann Schutzabdeckungen durchbrechen und danach das dahinter liegende Ziel zerstören. Hier liegt die Reichweite zwischen 10 und 400 Metern. Als Bunkerknacker wird die RGW-90WB gegen Mauerwerk und Beton eingesetzt. Die Ukraine hat die RGW90 HH [HEAT/HESH] A2 bestellt. Sie ist mit einem Mono-Hohlladungsgefechtskopf ausgestattet, der sowohl gegen gepanzerte Fahrzeuge und Mauerwerk eingesetzt werden kann. Alle "kleinen" Panzerbekämpfungsmittel arbeiten mit dem Prinzip einer Hohlladung. Sie wirkt nicht durch eine Sprengwirkung nach außen. Trifft der Gefechtskopf auf das Ziel, setzt eine gezielte Zündung im Inneren (Hohlladung) ein, die gesamte Wirkung des Sprengsatzes wirkt nach innen und treibt einen Metallstachel durch die Panzerung. Die Ladung wirkt als explosiver Hammer, der den Dorn vorantreibt.

Ähnlich der Panzerfaust 3

Wie die Panzerfaust 3 hat auch die RGW90 weniger Aufmerksamkeit erhalten als die smarten selbstlenkenden Panzerabwehrraketen (ATGM). Für die Infanterie ist RGW90 eine wichtige Ergänzung, sie gibt einem Trupp Soldaten sehr viel Feuerkraft mit bei geringem Gewicht. Eine Feuerkraft, die nicht angefordert werden muss, sondern sofort eingesetzt werden kann. Insbesondere der Dual-Use-Gefechtskopf gegen Panzer und Beton ist maßgeschneidert für die Kämpfe in der Ukraine, die häufig auf engem Raum in urbaner Bebauung stattfinden. ATGM besitzen eine weit größere Reichweite, können aber effektiv nicht auf Entfernungen zwischen 20 und 50 Metern eingesetzt werden. Die RGW90 kann zudem feuerbereit mitgeführt werden und ist nicht auf Panzer spezialisiert. Die Sprengwirkung wird genutzt, um das Stürmen von Häusern vorzubereiten. Im Häuserkampf wird die RGW90 häufig nicht direkt gegen den Gegner gerichtet, sie wird eingesetzt, um schnell Mauerdurchbrüche für die eigene Truppe zu schaffen.

Einzigartig ist das nicht. Sowohl ukrainische wie auch russische Truppen setzen derzeit in Mariupol den Raketenwerfer RPO Schmel ein. Die neueste Version, die RPO-M, nutzt einen thermobarischen Gefechtskopf und erreicht die Zerstörungswirkung einer schweren Artilleriegranate. Anders als Manpads gegen Flugziele werden derartige Waffen bei Kämpfen schnell in großen Stückzahlen verbraucht.

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