Eine Tragödie vor der Küste Guatemalas überschattet die Rekordfahrt des Biodiesel-Rennboots "Earthrace". Kurz nach Mitternacht von Samstag auf Sonntag rammt der silberne Trimaran auf der Etappe von Panama nach Acapulco ein rund fünf Meter langes Fiberglassboot eines Haifischers. Der Bordingenieur am Steuer von "Earthrace" hatte die kleinen roten und weißen blinkenden Lichter in der Dunkelheit für eine Boje gehalten. Laut Seerecht dürfen Schiffe nur mit weißen, roten oder grünen Lampen markiert werden, die konstant leuchten müssen.
Direkt nach dem Unfall sieht die "Earthrace"-Crew drei Männer im Wasser. Der jüngste von ihnen klettert erschöpft, aber unverletzt an Bord. Der 51-jährige Pedro Salazan Gonzalez hält sich am Rumpf des beschädigten Fischerbootes fest. "Earthrace"-Kapitän Pete Bethune springt ins Wasser und schiebt den Mann auf das moderne Kohlefaserboot, während der Unglückssteuermann Anthony Distefano den schwer Verletzten nach oben zieht. Distefano wirft dem dritten Mann eine Rettungsboje zu, die dieser aber nicht zu fassen bekommt. Bethune schwimmt ihm entgegen, taucht nach ihm, vergeblich: "Das Wasser war ganz flach und voller Trümmer", sagt Pete Bethune der Zeitung "Sidney Morning Herald". "Ich bin dorthin geschwommen, aber der Mann war einfach versunken", so Bethune, der dies "den schlimmsten Tag meines Lebens" nannte.
Stundenlange Suche
Stundenlang kreuzt die "Earthrace" durch das Unfallgebiet auf der Suche nach dem dritten Fischer. Andere Fischerboote wollen sich sich nicht an der Suche beteiligen, obwohl die "Earthrace"-Crew ihr letztes Bargeld als Lockmittel anbietet: 300 US-Dollar. Da das Boot wegen eines bereits vorher defekten Steuerbord-Motors und des bei der Kollision beschädigten Backbord-Propellers nur mit fünf Knoten Richtung Land tuckert, fürchtet die Crew um das Überleben des verletzten Fischers. Nachdem mehrere Notrufe per Funk nichts ausrichten und die Fischer ihren Kollegen auch bei der zweiten Nachfrage nicht an Land schaffen wollen, bittet die Crew über Satellitentelefon die US-Botschaft in Guatemala und die US-Küstenwache um Hilfe. Das wirkt mit Verzögerung.
Erst mehr als neun Stunden nach der Kollision taucht ein Küstenwachboot zusammen mit einem kleinen Fischerboot auf. Bittere Ironie: Dabei handelt es sich um eines der Boote, die mitten in der Nacht ihre Hilfe verweigert hatten. Der zuvor gerettete Fischer überlebt Verletzungen an Darm, Magen und Brustbein, weil die "Earthrace"-Crew ihn mit 2,5 Litern Kochsalzlösung aufgepäppelt hat.
Rennboot unter Verschluss
Das lädierte Rennboot liegt jetzt unter Verschluss in der Marinebasis von Puerto Quetzal. Für Freitag ist ein erster Gerichtstermin angesetzt.
Die Rekordfahrt aufgeben? Für Pete Bethune ist das trotz aller Rückschläge und der verlorenen Zeit undenkbar: "Wir müssen hier nur unseren Ruf wiederherstellen, dann geht es weiter", sagt der "Earthrace"-Kapitän zu stern.de.
Pech von Anfang an
Die Mission scheint vom Pech verfolgt: Schon auf der ersten Etappe von Barbados nach Panama begannen nach 19 Stunden schneller Fahrt die Carbon-Propeller zu zerbröseln. Der Hersteller ist übrigens die Firma Air Fertigung aus der Nähe von Rostock. Inzwischen läuft das Biodiesel-Boot mit Propellern eines US-Herstellers.