Was aus der Ferne wie unzählige Türme akkurat gestapelter Bauklötze aussieht, wird aus der Nähe immer gewaltiger: Die Riesentürme im größten Containerhafen der Welt in Singapur bestehen aus Fracht-Containern, jeder 2,60 Meter hoch und gut zwölf Meter lang. Bis zu neun sind im Pasir Panjar-Terminal aufgetürmt, so weit das Auge reicht. "Maerk" steht darauf, oder "Hanjin". Dazwischen stehen ein paar rote mit der Aufschrift "Hamburg Süd". Menschen sind nicht zu sehen. "Fast alles ist computergesteuert", sagt ein Sprecher des Hafenbetreibers PSA International PTE.
Der Hafen mit vier Container- und zwei Mehrzweckterminals hat gerade wieder ein Rekordergebnis vorgelegt und die Konkurrenz von Hongkong und Shanghai noch einmal auf Distanz gehalten. 27,9 Millionen Standardcontainer (TEU) wurden in Singapur im vergangenen Jahr umgeschlagen, 12,7 Prozent mehr als im Jahr davor. Der größte deutsche Hafen in Hamburg schlug rund zehn Millionen TEU um. "Die zurückliegenden Jahre waren für die Schifffahrtsindustrie sehr ergiebig, und 2007 war keine Ausnahme", sagte Transportminister Raymond Lim.
Extremer Platzmangel
Singapur konkurriert gegen die großen Häfen mit einem Nachteil: der winzige Stadtstaat - knapp so groß wie Hamburg, 4,6 Millionen Einwohner - hat kein Hinterland, wie etwa Shanghai und Hongkong. Deshalb empfiehlt sich der Hafen als Umschlagplatz für Waren aus aller Welt. "Rund 85 Prozent unseres Volumens werden hier umgeladen und weiterverschifft", sagt der PSA-Sprecher, dessen Name, so die Firmenpolitik, nicht genannt werden darf. Das Umschlaggeschäft ist nicht an einen bestimmten Hafen gebunden. Ob Hemden aus Indonesien für Europa oder Computer aus den USA für Südostasien in Singapur oder anderswo umgepackt werden, ist egal. Frachtunternehmer gehen dahin, wo es am schnellsten oder billigsten ist.
Deshalb setzt Singapur auf seine legendäre Effizienz. Der Hafenbetreiber PSA gehört zu 100 Prozent Temasek, der staatlichen Investmentfirma. "Im Durchschnitt ent- und beladen wir ein Containerschiff innerhalb eines Tages", sagt der Sprecher. Die Container stehen höchstens drei bis fünf Tage auf dem Hof.
Ein typischer Fall: Schiff X mit 8000 TEU (Standardcontainern) lädt die Hälfte seiner Ware ab. Die Container werden in Singapur auf 120 andere Schiffe umgeladen, die 32 Häfen in aller Welt ansteuern. Anschließend lädt Schiff X 3000 neue TEU, die mit 140 Schiffen aus 35 Häfen ankamen. Auch diese Operationen sind computergesteuert und - kontrolliert. "Insgesamt verkehren hier 200 Schifffahrtslinien, die uns mit 600 Häfen in 123 Ländern verbinden", sagt der Sprecher.
Die Kranführer sitzen nicht im Kran
Im Hafen liegen gerade die "MSC Denisse" und die "MSC Joanna" am Kai. Wie Hochhäuser ragen die Containerschiffe auf. Wie von Geisterhand bewegen lange Kräne die Frachtboxen, die in den riesigen Greifarmen wie Bauklötze aussehen. Be- und Entladung wird aus einer Schaltzentrale gesteuert, von Kranführern, die vor Computerschirmen sitzen. "Die physisch anstrengendste Tätigkeit ist die Bewegung der Computermaus", sagt einer. Er dirigiert gerade einen Container vom Schiff auf einen wartenden Lastwagen, zentimetergenau. Auf drei Bildschirmen kontrolliert er seine Arbeit. "Wir fertigen jeden Tag 60 Schiffe, 70.000 Container und 8000 Lastwagen ab", sagt der Sprecher.
Die PSA ist der zweitgrößte Hafenbetreiber weltweit und operiert in 26 anderen Häfen. So wickelt die Firma in Antwerpen 85 Prozent des Geschäfts ab. Die Gruppe beschäftigt in Singapur 5000 Menschen, und hat 2006 einen Gewinn vor Steuern von 1,5 Milliarden Singapur-Dollar (715 Mio Euro) vor Steuern erzielt. Die Maritim-Industrie beschäftigt mehr als 100.000 Mitarbeiter in Singapur und trägt rund sieben Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei.