Mit ohrenbetäubendem Lärm schießt aus Schleusen Wasser in den Stahlzylinder. In den schäumenden Fluten versinkt langsam der mächtige Rumpf eines U-Bootes. Kommandos tönen aus Lautsprechern. Im Schein von grellem Kunstlicht treffen Techniker hektisch letzte Vorbereitungen für eine Spezialoperation. Doch was wie die Geheimbasis aus einem James-Bond-Film wirkt, spielt sich mitten in Kiel ab. Das 1967 erbaute Druckdock des Marinearsenals, ein Tieftauchsimulator für U-Boote, gilt als weltweit einmalig. "Selbst Amerikaner und Russen verfügen über nichts Vergleichbares", sagt Dockmeister Wolfgang Klebowski, während die Wellen den U-Boot-Turm umspülen.
Die Kunden bleiben geheim
In der mausgrauen Röhre werden vor allem in Deutschland gebaute Militär-U-Boote auf Herz und Nieren getestet. Besonders Bundeswehr und Nato-Partner nehmen die Dienste des U-Boot-TÜV gerne in Anspruch. Wie viele der schwimmenden Festungen aus aller Welt hier schon vor Anker lagen, ist ebenso streng geheim, wie Konstruktionsdaten und simulierte Tauchtiefen. Das Areal ist militärisches Sperrgebiet. Eine einzige Luke führt in die Anlage, die vor Beginn jedes Tests geräumt und hermetisch verschlossen wird. Nur mit dem Kopf oder den Füßen voran kann die Öffnung durchquert werden. Für jedes Boot, das die hydraulische Eingangsschleuse passiert, wird das Dock neu getrimmt.
Ein Gigant wird versenkt
Diesmal hat das deutsche U-22 im Bauch des 74 Meter langen Docks festgemacht. Die rund 550 Tonnen schwere Kampfmaschine wird zunächst auf Grund gelegt. Um 15 Tonnen Ballastwasser aufzunehmen, sind die acht Torpedorohre geöffnet und die Lufttanks leer. Bei dem anschließenden sechsstündigen Test ist der wendige Gigant dann einer ungeheuren Belastung ausgesetzt. "Bis das Dock mit 8400 Kubikmetern Wasser vollständig gefüllt ist, vergehen etwa eindreiviertel Stunden", sagt Dezernatsleiter Jürgen Stührk.
Ein Teil der Mannschaft bleibt an Bord
Dichte und Festigkeit der U-Boote werden im Schnitt alle zwei Jahre untersucht. Nach Wartungszeiten in der Werft sollen im Druckdock eventuelle Lecks aufgespürt werden. Ein Teil der Besatzung von 27 Mann bleibt mit einem Ingenieur an Bord, um per Funk die gewünschte Tauchtiefe an die Prüfkommission im Leitstand durchzugeben. Die Wände dort zieren dutzende Wappen und Plaketten - Geschenke von U-Boot-Fahrern an die Crew des Docks haben einen Ehrenplatz über Lampen, Hebeln, und Anzeigen.
Im Notfall blitzschneller Druckausgleich
Stührk wirft einen kritischen Blick auf die Armaturen. "Vor Inbetriebnahme der Anlage erprobte die Marine ihre U-Boote mit riskanten Manövern in der norwegischen Tiefsee." Mit Kränen und Trossen wurden die Stahlkolosse in kritische Bereiche abgeseilt. Strömung und Wind seien dabei für Mensch und Maschine stets eine Gefahr. Im Dock könne hingegen im Notfall binnen 30 Sekunden ein Druckausgleich hergestellt werden. Nach weiteren 10 Minuten könne die Mannschaft dann das Boot verlassen.
Nur ein Boot wurde zerquetscht - und das mit Absicht
Bei bestimmten Test ersetzen empfindliche Horchgeräte Augen und Ohren der Besatzung. "Ist eine Dichtung, ein Schott oder eine Schweißnaht kaputt, entgeht den Messinstrumenten nicht das leiseste Tröpfeln", sagt Klebowski. Korrekte Diagnosen für Waffen, Sonar und Elektronik seien auf hoher See "eine Frage von Leben und Tod". Die stolzen Baukosten des Docks von einst 17,5 Millionen Mark (8,95 Millionen Euro) haben sich längst rentiert. "Seit 1967 hatte kein von uns geprüftes Boot eine Havarie", verkündet Stührk stolz. Nur ein ausrangiertes Exemplar sei einmal absichtlich zerquetscht worden, um die volle Leistungsfähigkeit des Docks zu ermitteln.
Betrieb bis mindestens 2010
Das Druckdock bleibt noch bis mindestens 2010 in Betrieb. Solange etwa stechen die zwölf deutschen U-Boote der Klasse 206 A noch in See. Dann wird die Flotte voraussichtlich modernisiert und nachgerüstet. Über mangelnde Arbeit können die Mitarbeiter des Marinearsenals also künftig kaum klagen. Das Wort "Arsenal" stammt laut Stührk schließlich aus dem Arabischen und heißt so viel wie "Stätte emsigen Wirkens".