Ukraine-Krieg "Nie dazu gedacht, als Waffe eingesetzt zu werden" – Starlink legt Internet für Drohnen in der Ukraine lahm

Eine Panzerhaubitze 2000 feuert Anfang Januar auf russische Stellungen nahe Soledar, Ukraine – die Zielkoordinaten ermitteln die Verteidiger oftmals mit Drohnen.
Eine Panzerhaubitze 2000 feuert Anfang Januar auf russische Stellungen nahe Soledar, Ukraine – die Zielkoordinaten ermitteln die Verteidiger oftmals mit Drohnen.
© Clodagh Kilcoyne / DPA
Die Ukraine setzt zur Verteidigung des Landes seit Beginn der Invasion auf das Satelliten-Internet von Elon Musk und Spacex. Doch offenbar nutzt die Armee die Technik auf eine Weise, die dem Unternehmen plötzlich missfällt.

Starlink ist für die Ukraine eine digitale Lebensader. Seit Beginn der russischen Invasion – und den damit einhergehenden Schäden an der Infrastruktur des Landes – setzen Armee und Bevölkerung auf das Satelliten-Internet von Elon Musk. Im Dezember meldete Digitalminister Mychajlo Fedorow, dass man zusätzlich zu den rund 22.000 Bodenstationen nochmals 10.000 Stück besorgen wolle.

Russland hingegen war die Technologie schon immer ein Dorn im Auge, da Starlink eine schnelle und effiziente Kommunikation der ukrainischen Soldaten ermöglicht und stellenweise auch für die Zerstörung von feindlichen Zielen mitverantwortlich ist. Denn Starlink hilft Drohnen entlang der Front dabei, taktische Aufklärungsarbeit zu leisten und Koordinaten für Langstreckenwaffen zu ermitteln – falls die Multicopter nicht sogar selbst Bomben tragen, die sie dann über dem Feind abwerfen.

Doch damit ist jetzt offenbar Schluss, berichtet "Reuters" und zitiert Gwynne Shotwell, die Präsidentin und COO des Raumfahrtunternehmens Spacex, welches für Starlink verantwortlich ist. Es heißt, das Unternehmen habe Schritte unternommen, um die Ukraine daran zu hindern, Starlink für die Steuerung von Drohnen einzusetzen.

Laut Shotwell war Starlink "nie dazu gedacht, als Waffe eingesetzt zu werden" und der bisherige Einsatz gehe daher an der Nutzungsvereinbarung vorbei, auf die sich Spacex mit der ukrainischen Regierung geeinigt habe. "Die Ukrainer haben es auf eine Art und Weise ausgenutzt, die nicht beabsichtigt und nicht Teil einer Vereinbarung war", so Shotwell.

Man habe Starlink für humanitäre Zwecke wie die Bereitstellung von Breitbandinternet für Krankenhäuser, Banken und Familien bereitstellen wollen, heißt es. "Wir wissen, dass das Militär sie für die Kommunikation nutzt, und das ist in Ordnung", räumte Shotwell ein. "Aber es war nie unsere Absicht, dass sie sie für offensive Zwecke nutzen."

Wie genau Starlink nun verhindere, dass die Drohnen entlang der Front ihre Arbeit verrichten können, wollte Shotwell "Reuters" nicht verraten. "Es gibt Dinge, die wir tun können, um die Möglichkeiten der Drohnen einzuschränken", hieß es nur kurz.

Unlängst hat Russland Starlink-Terminals und die Satelliten als Angriffsziel eingestuft und auf diversen Wegen versucht, die Verbindung zu den Satelliten zu behindern. Mit dem Peilsystem "Borschtschewik" sucht Putins Armee beispielsweise nach Terminals entlang der Front, um diese anschließend auszuschalten (hier erfahren Sie mehr). Elon Musk selbst berichtete mehrfach von Hacker-Angriffen auf das Starlink-Netzwerk, die seit Kriegsbeginn deutlich zugenommen hätten. Auch warnte er davor, die Terminals achtlos einzusetzen, da mit feindlichem Beschuss zu rechnen sei, sollte Russland die Schüsseln entdecken.

China erarbeitet Gegenmaßnahmen, US-Armee prüft Einsatz

Andere Nationen, darunter China, zeigten sich ebenfalls besorgt über das Internet aus dem All. Im vergangenen Jahr präsentierten Forscher des Pekinger Instituts für Tracking und Telekommunikation verschiedene Lösungen, wie man sich gegen den Einsatz der Satelliten wehren könnte – zur Diskussion standen unter anderem Mikrowellen-Angriffe, Raketenbeschuss und der Einsatz von Satelliten mit Greifarmen, der Objekte aus deren Umlaufbahn werfen soll.

Die Aussagen von Gwynne Shotwell sind auch deshalb so interessant, da die US-Armee ebenfalls an Szenarien arbeitet, wie sich Starlink für militärische Zwecke nutzen ließe. Bereits im April 2022 zeigte die United States Air Force, dass man aktiv daran forsche, wie und ob sich Starlink zum Beispiel als Fernsteuerung für Kampfjets eigne. Im Kriegsfall wäre ein solcher Einsatz vergleichbar mit dem, was die Ukraine zuletzt mit Starlink tat – nur dürfte es schwer werden, der eigenen Armee die Nutzung nach Belieben vorschreiben zu wollen.

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