Als Apple sein erstes iPad Pro vorstellte, war das ein Versprechen. Mit der damals für Apple ungewöhnlichen Stift-Bedienung und dem riesigen 12,9-Zoll-Display wollte der Konzern für viele Kunden den Laptop ersetzen. Dass letztes Frühjahr erstmals ein iPad einen Notebook-Prozessor bekam und damit auch bei der Leistung gleichzog, war ein weiterer Schritt in diese Richtung. Das neue iPad Pro (2022) ist einem Notebook nun schon fast zu ähnlich, wie der Test zeigt.
Denn während in den letzten Jahren mit einem neuen Design inklusive eines überarbeitenden Stiftes, dem starken Pro-Motion Display und schließlich mit dem M1-Chip immer aufregendere Neuerungen kamen, bringt das neue iPad Pro vor allem eines: Es ist mit Apples aktuellem M2-Chip versehen. Und damit knapp 15 Prozent schneller als sein Vorgänger. Das war es weitgehend.
iPad Pro schnell wie kein anderes Tablet
Damit soll nicht der Mehrwert des neuen Chips kleingeredet werden: Das neue iPad ist schlicht irre schnell. In Leistungstests, sogenannten Benchmark-Programmen, erreicht es nahezu die Werte der aktuellen Apple-Notebooks Macbook Air (hier bei uns im Test) oder Macbook Pro (ebenfalls von uns getestet). Das war vor weniger als zwei Jahren noch schlicht undenkbar. Auch gegenüber seinem direkten Vorgänger aus dem letzten Frühjahr bietet das neue iPad Pro je nach Nutzung 15 bis 20 Prozent mehr Leistung. Das kann sich wirklich sehen lassen.
Es ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass man diese Art von Updates – reine Produktpflege, bei der nur ein Chip schneller wird – bislang vor allem aus dem Notebook-Bereich kennt. Beim iPad dürfte die Anzahl an Käufern, die wirklich die Leistungsgrenzen des Gerätes erschöpfen können, allerdings noch einmal deutlich kleiner sein.

Denn mit klassischen Alltagsaufgaben wie E-Mail, surfen, Videos und selbst Gaming sind iPad Pros schon seit Jahren nicht auszulasten. Wirklich nötig ist die volle Power der Tablets eigentlich nur, wenn sie von Profi-Anwendern für Videoschnitt, Musikproduktion oder Grafik-intensive Arbeit benötigt werden. Diese hoch anspruchsvollen Anwender:innen werden dankbar die Mehrleistung in Anspruch nehmen.
Wette auf die Zukunft
Für alle anderen ist die Mehrleistung in erster Linie dann interessant, wenn sie ein Gerät suchen, das möglichst zukunftstauglich ist. Der M2 verspricht auch dann noch genug Leistung zu haben, wenn der Ressourcen-Hunger von Alltags-Apps steigt. Oder Apple die Grenzen zwischen dem iPad und seinem Mac-Rechner noch weiter einzureißen beginnt. Ein Vorgang, den der Konzern gerade mit einem Update vorangetrieben hat (hier erfahren Sie mehr).
Auch ein eher als Nebeneffekt des M2 zu verstehendes Feature des Apple Pencil (zweite Generation) muss seinen Nutzen erst noch im Laufe der Zeit entwickeln: Führt man den Pencil in die Nähe des neuen iPad Pro, wählt der Stift schon erste Elemente aus, bevor man das Display berührt. Das funktioniert auch mit bereits vorhandenen Stiften, ein Neukauf ist nicht nötig. Die sogenannte "Schwebefunktion" erfüllt allerdings bis jetzt kaum einen spürbaren Nutzen. Zwar könnte das "Hovern" viele denkbare Funktionen bieten, etwa eine Vorschau von Videos oder eine Vergrößerung des markierten Objektes. So etwas findet sich aber nicht einmal in Apples eigenen Apps. Dadurch ist die Vorab-Markierung im Alltag bisher in erster Linie irritierend.
Ob das auch schon von Samsungs S-Pen bekannte Feature in Zukunft tatsächlich nützlich wird, muss sich erst beweisen. Zu viel sollte man aber wohl nicht erwarten, schließlich müssen die Apps auch funktionieren, wenn man keinen Apple Pencil besitzt. Bei einer ähnlichen Funktion, dem als "3D-Touch" bezeichneten festeren Drücken auf das Display, hatte Apple nach einigen Jahren aufgegeben und sie letztlich gestrichen.

(Fast) alles bekannt
Ansonsten hat sich beim iPad Pro fast nichts verändert. Das Design gleicht dem des letzten Modells und zwar wie ein Ei dem anderen. Das Display ist immer noch fantastisch, bietet mit einer Auflösung von 2732 x 2048 (beim 12,9-Zoll-Modell), einer maximalen Helligkeit von 1600 Nits (bei HDR-Inhalten) und einer flexiblen Wiederholrate bis 120 Hertz allerdings exakt die gleiche Darstellung wie der Vorgänger.
Bei den Kameras hat sich Hardware-seitig ebenfalls nichts getan. Die Frontkamera ist anders als beim neuen Einsteiger-iPad (hier finden Sie unseren Test) immer noch im Seitenrand, erkennt den Nutzer per FaceID zuverlässig. Die Rückkamera löst wieder in 12 Megapixel (Hauptkamera), beziehungsweise 10 MP (Ultraweitwinkel) auf, bietet weiter den Tiefensensor LiDAR. Neu ist nur die verbesserte Nachberechnung der Bilder mit Smart HDR 4.
Bei der Konnektivität kommt eine kleine Neuerung hinzu: Das iPad Pro unterstützt den modernen Wlan-Standard Wifi 6E, der noch mehr Frequenzbereiche und eine höhere Geschwindigkeit unterstützt, wenn er sich in entsprechend ausgestattete Netze einloggt. Die sind allerdings noch ziemlich rar. Die Mobilfunk-Version unterstützt zusätzlich 5G.
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Schon länger kann man einfach über das Mikrofon-Symbol am unteren Rand der Tastatur diktieren. Nur die Emoji fehlten bislang. Jetzt kann man sie einfach mitsprechen und sie werden eingesetzt. Die Befehle sind recht einfach, etwa "Zwinkersmiley" oder "Emoji Herz", und funktionieren in sämtlichen Apps, die die Tastatur nutzen. Gut: Diktiert man, während man die App geöffnet hält, bleibt nun auch die Tastatur sichtbar und kann gleich zur Korrektur genutzt werden.
Schlucken beim Preis
Wie alle neueren Apple-Geräte in jüngster Zeit hat auch das iPad Pro kräftig beim Preis zugelegt. Das Modell in 11 Zoll beginnt bei 1049 Euro für die 128-GB-Version ohne Mobilfunk, das Modell in 12,9 Zoll gibt es gar erst ab 1449 Euro. Braucht man mehr Speicher oder eine eigene Internetverbindung – beides lässt sich nicht nachrüsten –, wird es schnell deutlich teurer. Das Top-Modell mit 2 TB Speicher und 5G kostet schließlich 3024 Euro. So teuer war ein iPad noch nie.
Fazit: Das beste iPad braucht fast keiner
Mit dem neuen iPad Pro hat Apple ein Update vorgelegt, wie man es bisher nur von seinen Notebooks kannte: Es ist schneller, beherrscht dadurch einige neue Tricks – und entspricht sonst exakt dem Vorgänger. Das ist nichts Schlechtes. Das neue iPad Pro ist ohne Zweifel das beste Tablet auf dem Markt. Bloß: Die Vorteile werden nur die wenigsten potenziellen Kunden auch tatsächlich nutzen können. Gemeinsam mit dem deutlichen Preisanstieg wird eine Kaufempfehlung dadurch ausgesprochen schwierig.
Für die meisten Käufer wird daher das iPad Pro (2021) weiter das attraktivere Angebot bleiben, es ist bereits ab 824 Euro erhältlich, bietet bis auf den neuen Chip nahezu dasselbe Gesamtpaket. Wenn sich die Preise annähern, sollte man bei nur geringem Aufpreis aber das neuere Modell wählen. Auch das iPad Air mit M1-Chip (hier finden Sie unseren Test) ist mit einem Preis ab 630 Euro für die meisten Nutzungsszenarien eine ausgesprochen gute Alternative.
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