Es war eine Offenbarung dafür, wie ein Notebook aussehen konnte: Als Apple-Gründer Steve Jobs im Januar 2008 auf der Bühne das erste Macbook Air aus einem Briefumschlag zog, hatte das nicht nur einen gigantischen Wow-Effekt, sondern löste auf dem Laptop-Markt ein regelrechtes Beben aus. Das Ultrabook war geboren. Ab Freitag steht nun mit dem neuen Macbook Air das erste vollständige Neudesign seit der Vorstellung im Handel. Wir konnten es schon ausprobieren – und sind bis auf ein einzelnes Detail enorm angetan.
Dass es sich um ein neues Modell handelt, sieht man beim Macbook Air mit M2-Chip schon auf den ersten Blick. Das seit Jahren gewohnte, enorm markante Design in Tropfenform ist passé, stattdessen fügt sich das neugestaltete Macbook Air mit abgerundeten Ecken, einem überall gleichmäßig dicken Gehäuse und dem schmaleren Displayrand klarer in die aktuelle Design-Philosophie der jüngsten Apple-Notebooks ein.
Luftig leichtes Neudesign
Trotzdem ist es weiterhin ganz klar ein "Air". Mit einer Höhe von nur 113 Millimetern ist es immer noch erheblich schlanker als die übrige Notebook-Linie des Konzerns, unterbietet sogar das alte Air: Das misst an der dicksten Stelle 161 Millimeter - also fast einen halben Zentimeter mehr. Damit ist es das bisher dünnste Apple-Notebook. Auch beim Gewicht bleibt Apple dem Air-Prinzip treu: Nur 1,24 Kilogramm bringt das neue Modell auf die Waage. Weil sich das Gewicht gleichmäßiger verteilt, fühlt es sich fast noch leichter an, wenn man es an einer Ecke festhaltend herumträgt.
Klappt man das Macbook Air auf, kommen zwei weitere Umgestaltungen zum Vorschein. Die Offensichtlichere ist das neu gestaltete Display. Der Rahmen ist deutlich geschrumpft, die Kamera lunzt nun aus einer Aussparung am oberen Rand hervor. Das erlaubt es Apple, das Display bei gleichem Gehäuse-Fußabdruck etwas größer werden zu lassen. Statt 13,3 Zoll bietet es nun 13,6 Zoll Bildschirmdiagonale. Die Auflösung steigt mit 2560 x 1664 Bildpunkten aber nur minimal. Dafür ist es mit 500 Nits heller als der Vorgänger.
Das Display ist gewohnt sehr scharf, Farben stellt es sehr gut dar, jedoch nicht ganz so eindrücklich, wie es bei den teureren Modellen des Macbook Pro der Fall ist. Die relativ hohe Helligkeit sorgt dafür, dass sich der Bildschirm selbst im sonnigen Freien noch gut ablesen lässt.
Die zweite Neuerung im Innern betrifft die Tastatur. Apple nutzt nun die der teureren Macbook-Pro-Modelle. Die F-Tasten sind nicht mehr schmaler als der Rest der Tastatur, sondern vollwertige Tasten. Der Anschlag der Tastatur ist recht weich, es lässt sich trotz des niedrigen Hubs angenehm darauf schreiben.

Augen- und Ohrenschmaus
Neben der Tastatur hat Apple indes aufgeräumt. War das Keyboard bei den älteren Modellen noch von zwei Lautsprecher-Streifen eingesäumt, sind diese mit dem Neudesign verschwunden. Der Sound kommt nun aus zwei Boxen, die Apple im Display-Scharnier versteckt hat. Dem Klang tut das keinen Abbruch. Zwar lässt das dünne Gehäuse keine echten Bass-Tiefen zu, trotzdem wirkt der Klang für einen Notebook-Speaker beeindruckend satt.
In entsprechend produzierten Filmen und Serien hält das neue Audiosystem sogar noch ein Schmankerl bereit: Es unterstützt mit Dolby Atmos vollwertigen 3D-Klang. Mit unterstützten Kopfhörern wie den Airpods der dritten Generation erkennt das Notebook dann sogar, wenn man den Kopf bewegt und passt den Klang entsprechend räumlich an. Für vollen Musik-Genuss sollte man trotz der guten Boxen eher Kopfhörer oder eine Box verbinden, in Videocalls ist die Audio-Qualität aber sehr gut, Stimmen wirken sehr natürlich.
Wer oft mit dem Notebook an Konferenzen oder Meetings teilnimmt, wird eine weitere Neuerung des aktualisierten Macbook Air zu schätzen wissen. Wie bei den teureren Pro-Modellen hat Apple endlich die Kamera-Qualität verbessert. Statt den 1280 x 720 Bildpunkten (720p) bietet die neue Facetime-Kamera mit 1920 x 1080 Bildpunkten nun FullHD-Qualität. Das ist deutlich sichtbar: Statt verwaschener Oberflächen bekommen die Gesprächspartner nun knackscharfe Aufnahmen aus dem Homeoffice. Ob das immer ein Vorteil ist, muss jeder für sich entscheiden.
Sicher laden
Eine weitere Neuerung gibt es an der Seite: Auch beim Macbook Air bringt Apple – wie bei den teureren Pro-Modellen – den von Fans jahrelang vermissten Magsafe-Anschluss zurück. Das hat mehrere Auswirkungen. Zum einen wird natürlich das Aufladen weniger riskant. Weil das Ladekabel mit einem Magnet angeklippt wird, ist es weniger folgenschwer, wenn man mal am Kabel hängenbleibt. Statt des Notebook vom Tisch zu reißen oder gar den Stecker abzubrechen, löst sich einfach der Magnet.
Zum anderen ergibt sich ein weiterer Vorteil: Anders als beim Einsteiger-Macbook-Pro hat das neue Air sogar dann zwei USB-C-Anschlüsse für einen Monitor, externe Festplatten und so weiter frei, wenn es gerade auflädt. Wer ein Kabel weniger mitschleppen möchte, kann aber auch einfach eine der USB-C-Buchsen zum Laden nutzen. Auch das mitgelieferte 35-Watt-Netzteil lässt sich dafür nutzen: Magsafe ist letztlich nur ein Stecker an einem entfernbaren Kabel, das Netzteil nimmt jegliche USB-C-Kabel an.
M2 goes ...
Die vielen Neuerungen beim Design sorgen dafür, dass der große Star des gleichzeitig vorgestellten Macbook Pro (hier bei uns bereits getestet), Apples selbst entwickelter Computer-Chip der zweiten Generation namens M2, beim Macbook Air fast unter ferner liefen fällt. Das liegt nicht daran, dass der Chip keinen Blick wert wäre.
Mit seinem Prozessor-System aus vier Hochleistungs- und vier Effizienzkernen sowie je nach gewähltem Modell acht oder zehn Grafikkernen bietet das Macbook Air jede Menge Power. Im Vergleich zum Vorgänger erweist es sich in Testprogrammen als etwa 15 Prozent schneller, wenn mehrere Kerne genutzt werden. Bei Programmen, die nur einen Kern nutzen können, rechnet es sogar schneller als ein Macbook Pro mit M1-Pro-Chip. Allgemein ist es aber langsamer als die Premium-M1-Chips, als M1 Pro, M1 Max und M1 Ultra. Dadurch erbt das Macbook Air leider eines der größten Mankos des Vorgängers: Es kann ohne Zusatzhard- und Software nur einen einzigen Monitor ansprechen. Das ist schade, ein Weltuntergang ist es für die meisten Nutzer nicht.
Der einzige Nachteil gegenüber dem ebenfalls mit dem M2 laufenden Einsteiger-Macbook-Pro ist für viele Nutzer ein Vorteil. Anders als das Pro hat das Air keinen Lüfter. Wenn es komplett ausgelastet ist, kann es deshalb minimal weniger Leistung abrufen. Anderseits kann es aber eben auch gar nicht laut werden. Und rechnet selbst bei stundenlanger Volllast lautlos vor sich hin.
Dauerläufer
Das wirkte vor allem beim Ausdauer-Test etwas surreal. Das Macbook Air und sein Vorgänger mit M1-Chip standen schweigend nebeneinander, während beide Chips zu 100 Prozent ausgelastet im Programm Cinebench ein Bild nach dem anderen berechnen mussten. Zwar wurden beide etwas wärmer, unangenehm war es aber bei beiden Modellen nicht.
Die Akkuleistung dabei war mehr als beeindruckend: Das für seine Ausdauer bekannte M1-Macbook-Air schaffte trotz Volllast die magische Marke von drei Stunden gerade so, zwei Minuten nach dem überschreiten schaltete es sich aus. Der Nachfolger mit M2 hatte da immerhin noch acht Prozent Reserve. Erst nach 3:20 Stunden schaltete er sich ab. Bedenkt man, dass es dabei aber mehr Leistung und auch noch ein helleres Display bietet – beide Notebooks hatten den gesamten Zeitraum ein auf jeweils halber Helligkeit eingeschaltetes Display-, ist dieses Plus sehr beachtlich. Zumal Apple die Akkuleistung eigentlich nur als gleichwertig bewirbt.
Im Alltag sind solche Extrembelastungen natürlich eher die Ausnahme. Nutzt man das Macbook Air zum Surfen, Videoschauen oder für Büroarbeiten, sind deutlich längere Laufzeiten drin. Apple wirbt mit bis zu 18 Stunden Laufzeit, das ist bei sehr geringer Nutzung realistisch. Im Test hielt das Gerät an jedem Tag deutlich über einen normalen Arbeitstag hinaus, auch an langen Tagen dürften für die meisten Nutzer Reserven drin sein. Das ist eine starke Leistung.
Das bessere Pro
Gerade der Vergleich mit dem Geschwistermodell, dem 100 Euro teureren Macbook Pro mit M2, lässt das Air im Vergleich noch einmal attraktiver wirken. Das neue, sehr gelungene Design, das Mehr an Anschlüssen und das größere Display sind ein klares Plus für das Macbook Air und lässt es für die meisten "Pros" zum Arbeitsgerät der Wahl werden. Dass die Leistung bei extrem leistungsintensiven Aufgaben minimal hinterherhinkt, wiegt das Air in den allermeisten Fällen durch seinen nicht vorhandenen Geräuschpegel auf. Die nur noch beim Einsteigermodell des Macbook Pro erhältliche Touchbar dürften die wenigsten vermissen.
Um in nahezu jeder Hinsicht ein neuer Maßstab zum mobilen Arbeitsrechner zu werden, fehlt eigentlich nur eines: Leider unterstützt Apple nach wie vor in keinem seiner Mobilrechner eine eigenständige Mobilfunkverbindung. Gerade beim Macbook Air wäre eine 5G-Option besonders wünschenswert, um noch unkomplizierter unterwegs arbeiten zu können. Gerüchteweise arbeitet Apple an einem eigenen Mobilfunk-Chip. Vielleicht können also die Nachfolger dieses Manko irgendwann beheben.
Fazit: Einfach besser
Das Macbook Air ist ein Produkt-Update, wie man es sich wünscht. Das neue Design ist sehr schick, bringt viele tolle Neuerungen und gewünschte Features. Kompromisse muss man dafür nicht eingehen: Gegenüber dem Vorgänger-Modell ist es in nahezu jeder Hinsicht besser. Und auch das teurere Einsteiger-Modell des Macbook Pro dürfte durch das Air einige Käufer verlieren.
Wer auf das neue Design und seine Vorteile verzichten kann und Geld sparen möchte, ist mit dem weiter erhältlichen Vorgänger-Modell immer noch gut bedient. Bei einem guten Deal – gleich zum Verkaufsstart bietet Apple etwa Studenten im Rahmen des Back-to-School-Programms einen Rabatt durch Preisnachlässe und Gutscheine – sollte man den geringen Aufpreis aber erwägen. Der Griff zum Einsteigermodell des Macbook Pro ist eigentlich nur für Nutzer interessant, die unbedingt eine Touchbar wollen. Wer mehr Leistung braucht, sollte eher zu den potenteren – und auch deutlich teureren – Edelmodellen mit M1 Pro und besser greifen.
Das Macbook Air ist ab Freitag, den 15. Juli 2022 in den Farben Mitternacht (Schwarzblau), Polarstern (Silber mit Goldstich), Space Grau und Silber erhältlich. Es kostet im UVP ab 1500 Euro.
Dieser Artikel enthält sogenannte Affiliate-Links. Mehr Informationen dazu gibt es hier.