In der Debatte um Bildungsreformen warnt der deutsche Pisa-Koordinator Manfred Prenzel vor einem überstürzten Umbau des Schulsystems. Zwar dürfe "man sich durchaus die Frage stellen, ob das System in seiner Grundstruktur verbessert werden kann", sagte Prenzel. Wer Veränderungen der Struktur anstrebe, müsse diese aber "langfristig planen und so konkretisieren, dass sie breite Akzeptanz finden können".
"Wenn wir in absehbarer Zeit bessere Ergebnisse erzielen wollen, müssen wir unsere Lehrkräfte damit vertraut machen, mit einem stärker individualisierten Unterricht zu arbeiten", betonte der Kieler Bildungsforscher mit Blick auf die Ergebnisse deutscher Schüler beim zweiten internationalen Pisa-Schultest. "Es geht nicht darum eine Goldmedaille zu erwerben, sondern es geht darum, unseren Nachwuchs auf die Zukunft vorzubereiten." Deutschlands Schüler waren bei Pisa 2003 im Mittelfeld gelandet. An der Untersuchung hatten 250.000 Schüler aus 41 Ländern teilgenommen.
Abkehr vom Frage-Antwort-Spiel
Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) hatte wie die Lehrergewerkschaft GEW nach dem erneut unbefriedigenden Ergebnis für Deutschland die Abkehr vom dreigliedrigen Schulsystem aus Hauptschule, Realschule und Gymnasium gefordert. Dagegen verwies Prenzel darauf, dass sich die Leistungen deutscher Schüler seit der ersten PISA-Studie drei Jahre zuvor teils deutlich verbessert haben - etwa in den Naturwissenschaften und der Mathematik. "Das Ergebnis ermuntert dazu, sich weiter zu bemühen, Unterricht und Schule zu verbessern, weil wir doch in den vergangenen Jahren gesehen haben, dass es vorwärts gehen kann", sagte Prenzel.
Der Forscher mahnte weitere Veränderungen vor allem bei der Unterrichtsgestaltung an: "In Deutschland ist es nach wie vor ein großes Problem, wie man mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen umgeht." Prenzel forderte eine Abkehr "von dem Frage-Antwort-Spiel im Unterricht" und mehr individuelle Förderung der Schüler.
Zusammenlegung könnte Schülern differenzierte Lernmöglichkeiten bieten
Ähnlich wie Bundesbildungsministerin Bulmahn hat sich der bayerische SPD-Landtagsfraktionschef Franz Maget für eine Abschaffung der Hauptschule ausgesprochen. Sie solle mit der Realschule zu einer Regionalschule zusammengefasst werden, sagte Maget. An die CSU-Staatsregierung appellierte er, dieses Konzept in regionalen Modellversuchen zu erproben. Die Pisa-Studie habe gezeigt, dass vor allem die individuelle Förderung der Kinder verbessert werden müsse.
Die Zusammenlegung von Haupt- und Realschule ist Maget zufolge bereits im Bildungskonzept der Bayern-SPD vorgesehen. Nach intensiver Diskussion solle über diese weit reichenden Vorschlag in einem Jahr nochmals entscheiden werden, sagte er. "Ob das das Gelbe vom Ei ist, weiß ich auch nicht, aber so wie es ist, kann es mit der Hauptschule nicht weitergehen."
Durch die "Flucht" vieler Schüler an die Realschulen seien die Hauptschulen vielerorts vom Aussterben bedroht, sagte der SPD-Politiker. Die Zusammenfassung beider Schulformen unter einem Dach könne die Wohnortnähe erhalten und den Schülern differenzierte Lernmöglichkeiten bieten.