Es ist rostrot, lang und dünn, verströmt sein ganz eigenes Aroma und kommt erst zur Geltung, wenn man es in Wasser oder Sahne auflöst: Safran, das rote Gold, das teuerste Gewürz der Welt. Für Yasmin Goudarzi ist Safran mehr als nur ein Gewürz. Für sie bedeutet es Heimat. Ihr Vater stammt aus dem Iran. Das Essen ihrer Kindheit ist von dem roten Gewürz geprägt wie Kümmel oder Bohnenkraut vielleicht unsere Kindheit geprägt hat. Viele Jahre später hat sie sich dem Gewürz verschrieben. Beruflich. Auch, weil es Teil ihrer Identität, ihrer DNA ist. Fast könnte man meinen, durch ihr Blut fließe Safran.
"Ich hatte das Bedürfnis, den Iran näher kennenzulernen. Also habe ich dort mehrere Monate verbracht. Land und Leute, meine Wurzeln, sind mir so nah gekommen wie nie zuvor", sagt Yasmin Goudarzi, Gründerin von Orient Kontor, ein kleines Unternehmen, das sich auf den Safranimport spezialisiert hat. In keinem anderen Land der Welt wird so viel Safran angebaut und exportiert wie im Iran. Spanien und Afghanistan spielen im Safran-Business noch eine nennenswerte Rolle. Insgesamt belief sich der weltweite Exportmarkt 2019 auf rund 190 Millionen Euro.
Zurück in Deutschland hat die Hamburgerin ihren Freund:innen vom Land und von den Leuten erzählt, nicht davon, was in den Medien geschrieben wird, von einer Regierung, die nicht ihren Werten entspricht. Goudarzi hat für ihre Freund:innen gekocht. Hat sie mitgenommen in eine Aromenwelt, die ihnen bislang verborgen geblieben ist. Durchs Erzählen und vor allem durchs Essen konnte sie Vorurteile abbauen. "Es heißt nicht umsonst, dass Kochen Völkerverständigung ist. Meine Freund:innen haben viel gefragt und sich dafür interessiert, was bei mir im Kochtopf landet", erzählt die Hamburgerin mit iranischen Wurzeln. Das war der Anstoß für ihr Unternehmen. Sie wollte das Gewürz auf den deutschen Markt bringen, das in ihr so viel auslöst.
"Wir haben uns für den Safran entschieden, weil man in den deutschen Supermärkten keine gute Qualität findet", sagt Goudarzi. "Und dafür trotzdem noch viel Geld ausgeben muss." Safran gehört zu den Gewächsen der Krokusse. Die Blüte ist aus sechs Blättern aufgebaut, die in der Blütenröhre münden. Jede Pflanze produziert jährlich einen hellgelben Griffel, der sich am oberen Ende der Blüte in mehrere lange rote Narbenäste teilt. Die sind meist zwischen zweieinhalb und viereinhalb Zentimeter lang. Das ist das Gewürz, von dem hier die Rede ist.
Safran immer in ganzen Fäden kaufen
"Oft findet man bei minderer Qualität kurze Safranfäden, nicht die typisch langen, die wir aus dem Iran erhalten", erklärt Goudarzi. "Unsere sind dicker und länger und haben ein intensiveres Aroma." Wenn man keinen Händler seines Vertrauens kennt, sollte man immer darauf achten, Safran in ganzen Fäden zu kaufen. Nie gemahlen, ist Goudarzis Tipp. Denn dort schleichen sich schnell Fälschungen oder gestreckte Produkte ein. Beispielsweise mit Kurkuma. Wer dennoch zum Pulver zurückgreift, kann die Safran-Probe machen. Dazu löst man das Pulver mithilfe von Natron im Wasser auf. Handelt es sich um reinen Safran, bleibt die Lösung gelb, enthält sie Kurkuma, so wird sie trüb und verfärbt sich rot. Dieser Test war schon vor Jahrhunderten bei den Gewürzhändlern üblich.
"Guter Safran verströmt einen einzigartigen Geruch. Den riecht man sogar durch Metalldosen durch. Ein weiteres Qualitätsmerkmal ist die Farbe. Tiefrot muss sie sein. Die Fäden müssen klar erkennbar sein, manchmal werden Blüten darunter gemischt. Die haben darin nichts zu suchen", sagt Goudarzi. "Safran ist wasserlöslich. Besonders guter lässt sich im lauwarmen Wasser auflösen. Färbt sich das Wasser zu einem kräftigen gelb bis orange, ist der Safran frisch."
Safran, das Gewürz Persiens
Goudarzi arbeitet mit Kleinbauern und Kleinbäuerinnen in der Region Chorasan, südlich von Maschhad, zusammen. In den Hochebenen dieser Gegend herrscht das perfekte Klima für den Anbau des Safrankrokusses. Die Ernte der Safranfäden ist mühselig. Einmal im Jahr, meist gegen Ende Oktober, müssen die fragilen Fäden mit Fingerspitzengefühl aus der Blüte gezupft werden. Frühmorgens, wenn die Blüten noch geschlossen sind, werden die Narben per Hand gesammelt und dann auf traditionelle Weise getrocknet. Für ein Gramm Safran braucht man etwa 40 Blüten. Ein Grund dafür, warum es das teuerste Gewürz der Welt ist. "Keine Maschine hat das Feingefühl von menschlichen Händen"', sagt die Unternehmerin.
Goudarzi vertreibt ihren Safran in Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Noch macht sie ihren "Orient Kontor" nebenberuflich, weil die Liebe zu dem Land ihres Vaters so groß ist und weil sie die Menschen im Iran vor Ort unterstützen möchte. Im echten Leben ist sie Erziehungswissenschaftlerin. Der Safran geht an Privatkunden, aber auch an die Gastronomie. Jährlich verkauft sie etwa fünf Kilogramm Safran. Das klingt erst einmal wenig, aber dafür müssen die Bauern und Bäuerinnen im Iran 200.000 Blüten mühevoll ernten. Ein Gramm dieser Safranfäden verkauft die Hamburgerin für 8,99 Euro in ihrem Online-Shop.
Kein Gewürz wird in der persischen Küche so häufig verwendet wie Safran. Im Reis, in Saucen und auch im Tee. "Mich fragen viele, was man mit dem Gewürz anstellen kann", sagt Goudarzi. "Absoluten Anfängern empfehle ich das Gewürz in Sahnesaucen, beispielsweise für Nudeln, zu verwenden. Dafür mahlt man Fäden mit dem Mörser fein und aromatisiert die Sauce." Man soll sich an Safran ruhig heran tasten. Zuerst nur eine Messerspitze, wer es kräftiger mag, nimmt etwas mehr.
Safran schmeckt bitterherb, floral, aber auch edel und fein. Gut verschlossen, kühl und dunkel gelagert, in einer Metalldose beispielsweise, hält sich Safran leicht bis zu einem Jahr. Nicht vergessen sollte man, dass Safran nur einmal im Jahr geerntet wird. Heißt: Wer das teure Gewürz im September kauft, kriegt die Ware vom Oktober des Vorjahres.
Goudarzi verwendet Safran am liebsten im Schwarztee, dann entfaltet das Gewürz sein volles Aroma. Mit jedem Schluck ist sie ihren Wurzeln dann ein Stück näher.