Das Schwein ist ein sympathisches Tier - vom Schnitzel auf dem Teller bis zur Borste im Malerpinsel kann man es komplett brauchen. Es gibt keine Abfälle. Die Kokospalme ist das Schwein unter den Bäumen: Nichts an ihr, das sich nicht verzehren oder im Haus verwenden ließe, auch bei uns, fern der Tropen. Beispiel Reinlichkeit: Die Borsten eines guten Zimmerbesens sind, wenn nicht aus Rosshaar, aus Kokosfaser. Oder Bequemlichkeit: Anschwellenden Hintern leisten Matratzen, Stuhl- und Autositze mit Kokosfaserkern hinhaltenden Widerstand.
Die Kokosnuss ist eine Steinfrucht. Ihr Fleisch ist so schneeweiß wie ölhaltig. Kokosöl findet in Handseifen, Shampoos und Kosmetika, in Backfett und Margarine Verwendung. Ganze Kokosnüsse gibt es in den Lebensmittelabteilungen fast aller Supermärkte. Mit Perlsago (Froschlaich) und Graupen (Kälberzähne) gehören sie dort allerdings zu den meistverschmähten Artikeln. Nicht, weil Kokosnüsse unkulinarisch wären, sondern weil an ihren Inhalt nur mit Mühe ranzukommen ist. Denn die Natur hat das Kokosfleisch in einen Hartschalen-Koffer gepackt und den Schlüssel anzuhängen vergessen. Diesen Samsonite müssen wir knacken. Kaum einer weiß aber, wie - zumindest nicht in unseren Breiten.
In den Tropen wird die Kokosnuss nicht mit dem Hammer, sondern mit dem Rücken eines Küchenbeiles geöffnet. Routine und Geschicklichkeit lassen die Leute den Job dort unverletzt und in 30 Sekunden erledigen. Wir Nordhalbkugler benötigen pro Nuss etwa fünf Minuten - und dann den Notarzt, wenn man sich beim Herausstemmen des Kokosfleisches die Hand durchbohrt hat. Das gilt für die im Vorspann beschriebene Kaltmethode.
Gefahrlos dagegen ist die Ofenmethode. Am unteren Ende der eiförmigen Nuss sitzen drei runde Vertiefungen, die Keimlöcher - dünnwandiger als der Rest, eine Schwäche, die wir schamlos ausnutzen. Zwei davon durchstoßen wir mit einem Nagel (den Hammer haben wir zum Glück noch nicht weggepackt). Durch die Löcher lassen wir das süße, klare Fruchtwasser in ein Glas ablaufen (gleich trinken oder beim Kochen zum Ablöschen verwenden). Die Nuss kommt jetzt bei 200 Grad in den Backofen. Zieht sie sich dort zusammen? Dehnt sie sich? Egal - die Hitze setzt die dröge, harte Schale jedenfalls unter so extreme Spannung, dass sie sich in ihrer Not vom Fruchtfleisch löst. Nach zehn Minuten holt man die Nuss aus dem Ofen - die arme, sie kann nicht mehr. Wir legen sie auf eine Arbeitsplatte und hauen ihr mit dem Hammer auf die Zwölf. Sie bricht sofort entzwei und gibt ihr Fleisch anstandslos preis. Her mit der Küchenreibe: raspelraspelraspelrasp...
Klingt nach Arbeit? Das ist Arbeit! Die kann man sich sparen, denn es gibt doch trockene Kokosraspeln, Kokosmilch aus der Dose und Kokosmilchpulver, das nur mit Wasser angerührt zu werden braucht. Grundlage für all diese Produkte ist die Kopra - so heißt das noch in den Tropen aus der Schale gelöste, vor Ort getrocknete Kokosfleisch. Die Kopraherstellung ist die Erfindung eines Theodor Weber, der vor 150 Jahren die Hamburger Handelsfirma J. C. Godeffroy auf Samoa vertrat. Seit Weber lassen sich Kokosnüsse als Kopra verschiffen und bei uns zu Öl raffinieren, die fetthaltigen Rückstände gehen als Viehfutter an die Bauern. Wir haben Dishna Schwarz um ein paar typische Kokosgerichte gebeten. Frau Schwarz stammt aus Colombo in Sri Lanka. Als moderne Frau und künftige Bauingenieurin weigerte sie sich erst mal, Kochen zu lernen. Das reute sie, als sie vor 22 Jahren zum Studieren nach Deutschland zog. Dort wollten die Freunde gerne ceylonesisch essen. Wenn sie heute ihre Mutter in Sri Lanka besucht (zweimal im Jahr), stellt sie sich brav neben sie an den Herd. Inzwischen hat sie fast alles von ihr gelernt. Wie werden die Gerichte serviert? Natürlich mit Reis - und nie ein Gericht alleine, sondern zusammen mit anderen, auch Fleisch- oder Fischgerichten. Zum Beispiel denen des indischen Gesandten Amit Dasgupta, die wir in der vergangenen stern-Ausgabe vorgestellt haben. Sie haben die Rezepte nicht und hätten sie gern? Schicken Sie einen ausreichend frankierten Rückumschlag an: Redaktion stern, Ressort Küche, 20444 Hamburg. E-Mail: kueche@stern.de
Die Rezepte auf den folgenden Seiten stammen von Dishna Schwarz.
Alle Gewürze gibt es in asiatischen Lebensmittelläden oder per Post von India-Food in Hamburg, Tel.: 040/38 90 29 22; Fax: 040/38 90 29 24; per Internet: www.india-food.de oder E-Mail: indiafood@t-online.de
Mallum - Kohl mit Kokosraspeln
Für 6 Personen
1/2 Weißkohl oder Wirsing (1 kg)
Salz
1 TL Kurkuma (Gelbwurz)
1 TL schwarze Pfefferkörner
1 1/2 TL schwarze Senfkörner
1 cm Ingwerwurzel
2 Knoblauchzehen
1 Zwiebel
100 g Kokosraspeln
Zitronensaft (zum Abschmecken)
1.
Den Kohl der Länge nach vierteln, den Strunk entfernen, Kohl quer in feine Streifen schneiden oder hobeln. Mit 1 TL Salz, Kurkuma und etwa 100 ml Wasser in einem Topf halb gar kochen.
2.
Pfeffer- und Senfkörner grob mörsern. Ingwer schälen, Knoblauch und Zwiebel abziehen, alles sehr fein würfeln und mit den Senf- und Pfefferkörnern sowie den Kokosraspeln gut vermischen.
3.
Die Mischung zum Kohl streuen, untermengen und offen unter ständigem Rühren weitergaren, bis alle Flüssigkeit verdampft ist. Vor dem Servieren mit Salz und etwas Zitronensaft abschmecken.
Zubereitungszeit:
ca. 30-40 Minuten
Tipp:
Wer das Gericht noch schärfer möchte, kann eine entkernte, fein gehackte rote Chilischote dazugeben. Mit Kernen wird das Ganze noch schärfer. Dazu passt Basmatireis. Da mit sehr wenig Flüssigkeit gekocht wird, empfiehlt sich für die Zubereitung ein beschichteter Topf.
Ala Curry - Kartoffel-Curry
Für 6 Personen
750 g Kartoffeln (vorwiegend fest kochend)
1 Zwiebel
1 kleine grüne Chilischote (nach Geschmack)
1 cm Ingwerwurzel
1 EL Butter oder Pflanzenöl
1 TL schwarze Senfkörner
Salz
2 TL Currypulver
1/2 TL Kurkuma
10 Curryblätter (oder 2 Lorbeerblätter)
1 Msp. Chilipulver
300 ml ungesüßte Kokosmilch (Dose)
Zitronensaft (zum Abschmecken)
1.
Kartoffeln schälen und in ca. 2 x 2 cm große Würfel schneiden.
2.
Zwiebel abziehen, grüne Chilischote längs aufschneiden und entkernen, den Ingwer schälen. Alles sehr fein würfeln.
3.
Butter oder Öl in einem Topf erhitzen, Zwiebelwürfel und Senfkörner darin andünsten. Erst Kartoffelwürfel, 1 TL Salz und ca. 250 ml Wasser dazugeben, dann - mit Ausnahme der Kokosmilch - die restlichen Zutaten unterrühren und die Kartoffeln bei mittlerer Hitze gar schmoren.
4.
Die Kokosmilch dazugießen, kurz aufkochen und das Gericht mit etwas Zitronensaft und Salz abschmecken.
Zubereitungszeit:
15-25 Minuten
Tipp:
Dazu passt Kola Mallum - der Petersilien-Kokos-Salat auf der folgenden Seite
Kola Mallum - Petersilien-Kokos-Salat
Für 4-6 Personen
1 großes Bund glatte Petersilie
2 große reife Tomaten
1 kleine Zwiebel
100 g Kokosraspeln
Salz
schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Saft von 1/2 Zitrone
1.
Petersilie waschen, trocken schütteln, Blätter abzupfen und fein schneiden.
2.
Tomaten waschen, halbieren und entkernen. Tomatenfleisch in kleine Würfel schneiden. Die Zwiebel abziehen und in feine Würfel schneiden.
3.
Petersilie, Kokosraspeln und Zwiebelwürfeln gut mischen, mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft abschmecken. Tomatenwürfel dazugeben und unterheben.
Zubereitungszeit:
15-25 Minuten
Schmorgurkengemüse in Kokosmilch
Für 6 Personen
Gemüse: 2 mittelgroße Salatgurken; 1 kleine Zwiebel
2 EL Pflanzenöl
10 Stück Curryblätter (ersatzweise 2 Lorbeerblätter)
1/4 TL Chilipulver oder 1 kleine rote Chilischote
1 TL Currypulver
1-2 TL Salz oder 2 gestrichene TL gekörnte Gemüsebrühe Sauce: 2 EL Kokosraspeln
2 TL Reiskörner
1 1/2 TL schwarze Senfkörner
200 ml Kokosmilch (Dose)
2 Knoblauchzehen
1 1/2 TL Zucker
Salz
1.
Die Gurken schälen und der Länge nach halbieren, die Kerne mit einem Teelöffel herausschaben. Gurkenhälften in 1 cm dicke Scheiben schneiden.
2.
Die Zwiebel abziehen, in Würfel schneiden und in einem Topf in dem Öl kurz andünsten. Gurkenscheiben samt allen restlichen Zutaten dazugeben und zugedeckt bei mittlerer Hitze bissfest schmoren.
3.
Für die Sauce Kokosraspeln und Reiskörner unter ständigem Rühren goldbraun anrösten, sofort auf einen Teller schütten und kalt werden lassen.
4.
Kokosraspeln, Reiskörner und Senfkörner in einer Gewürzmühle oder in einem Mörser fein zerdrücken. Die Masse in der Kokosmilch verrühren und auflösen. Knoblauch abziehen, sehr fein hacken oder pressen und darunter mischen.
5.
Alles zum Gurkengemüse geben und weitere 5 Minuten bei schwacher Hitze schmoren lassen. Mit Zucker und Salz abschmecken.
Zubereitungszeit:
25-30 Minuten
Tipp:
Dazu passt Basmatireis. Das Gericht wird intensiver, wenn es mit 2 TL gekörnter Gemüsebrühe statt Salz gewürzt wird. Es schmeckt auch mit Kürbis zubereitet.
Kiribath - Milchreis
Für 4-6 Personen
200 g Basmatireis
1 EL Butter
Salz
100 ml dicke Kokosmilch (Dose)
125 g Zucker
100 g Kokosraspeln
1 Msp. Zimt
1 Msp. Muskat
etwas Butter
1.
Den Reis waschen, in einem Sieb abtropfen lassen, mit 1/2 l Wasser, Butter und 1 1/2 TL Salz in einem Topf bei mittlerer Hitze aufkochen und danach bei schwacher Hitze quellen lassen, bis die Flüssigkeit fast aufgesogen und verdampft ist. Die Kokosmilch dazugießen und unter ständigem Rühren bei schwacher Hitze weiterköcheln, bis auch sie aufgesogen ist.
2.
Inzwischen für die Füllung den Zucker mit 3 EL Wasser in einem Topf aufkochen und hellbraun karamellisieren lassen. Sofort mit 150 ml Wasser ablöschen und unter Rühren darin auflösen.
3.
Kokosraspeln, Zimt und Muskat dazugeben und bei schwacher Hitze köcheln, bis eine nur noch leicht feuchte Kokos-Karamell-Mischung entsteht.
4.
Eine kleine Schüssel oder Souffléform mit etwas Butter einstreichen, 1/3 Milchreis einfüllen, 2 EL Kokoskaramell darauf verteilen, mit dem restlichen Milchreis auffüllen und alles leicht andrücken. Den Milchreis auf einen Servierteller stürzen. Mit dem restlichen Kokoskaramell be-streut servieren.
Zubereitungszeit:
ca. 30 Minuten (plus Zeit zum Auskühlen)
Tipp:
Kiribath ist ein traditionelles Neujahrsessen. Er wird auch oft mit Sambals (scharfen, würzigen Saucen) und Currys serviert. Für die Zubereitung am besten einen beschichteten Topf verwenden.
Bibikkan - Kokosnuss-Kuchen
Für ca. 14 Stück
225 g Jaggery (Palmzucker)
150 g Kokosraspeln
100 g Weichweizengrieß
1 Kardamomkapsel
75 g Cashew-kerne
100 g getrocknete Datteln
1 TL Backpulver
1 TL gemahlener Zimt
1 Prise Salz
50 g Rosinen
75 g Orangeat, fein gehackt
etwas Butter
2 Eier, getrennt
1.
Palmzucker in 200 ml köchelndem Wasser unter Rühren auflösen. Kokosraspeln dazugeben, bei schwacher Hitze ca. 2-3 Minuten köcheln und dann kalt werden lassen.
2.
Grieß in einer trockenen Pfanne unter Rühren goldgelb rösten, dann vom Herd nehmen. Kardamomsamen aus der Kapsel lösen und im Mörser zerdrücken. Cashewkerne fein hacken. Datteln entsteinen und klein schneiden.
3.
Erst Backpulver, Zimt, Kardamom und Salz unter den Grieß mischen, dann Datteln, Rosinen und Orangeat. Alles gut unter die Kokosnussmasse rühren.
4.
Den Backofen auf 180 Grad vorheizen. Eine Kastenform (28 cm lang) dick mit Butter einstreichen.
5.
Eiweiß nicht zu steif schlagen, Eigelb verquirlen, beides unter die Teigmasse mischen, in die Form geben, glatt streichen und ca. 1 Stunde auf der untersten Leiste backen. Kuchen abgedeckt ruhen lassen, dann stürzen und abkühlen lassen.
Zubereitungszeit:
ca. 50 Minuten (plus Zeit zum Abkühlen)
Tipp:
Sie können den Kuchen auch in einer Springform in der Ofenmitte backen und zum Servieren mit Puderzucker bestreuen
stern-Wein-Tipp
Von Fabian und Cornelius Lange
Großes von der Grenze
Das Weinviertel ist für österreichische Verhältnisse zwar groß, qualitativ aber ein Zwerg. An der Grenze zur Slowakei und Tschechien gelegen, war es lange allenfalls berüchtigt - für seine Doppler, jene unförmigen Zwei-Liter-Flaschen mit Kronkorken für die Schlichtgastronomie. Ihr Inhalt: Weißwein der Rebsorte Grüner Veltliner. Geschmack: sauer. Weitere Merkmale: keine. Doch es lohnt sich, die Pferde zu satteln und das strukturschwache Weinviertel bis zum Schlagbaum zu durchqueren, bis nach Seefeld-Kadolz, dem von einem riesigen Schloss beherrschten Grenzstädtchen. Im dazugehörigen Schlossweingut des Grafen Hardegg führt Produktionsleiter Peter Veyder-Malberg Regie. Ein Quereinsteiger und Querdenker, der vor keinem Himmelfahrtskommando davonläuft und bislang aus allen siegreich heimgekehrt ist. Seit sich der Autodidakt im Auftrag seines Chefs um Weinberge und Keller sorgt, geht es mit dem Weingut stetig bergauf. Aus dem Ex-Massenwein Grüner Veltliner, mit dem sich niemand so recht mehr an den Tisch setzen wollte, hat er ein Mitglied der zivilisierten Weingesellschaft gemacht: "Veltlinsky" heißt es und stammt von den dunklen, tonigen Sandböden der Region. Der Wein ist ein sympathischer Kerl, mit dem man gern seine Zeit verbringt. Und er hat genügend Biss, sich schwierigen Aufgaben wie Geräuchertem, Wurst, Speck und Käse zu stellen. Er schmeckt selbst zu Kren, Senf, sauer eingelegten Gurken, Paprika oder Kürbis. Die Brotzeit ist Veltlinskys Paradedisziplin.
"Veltlinsky" 2002. 1 Flasche: 5,79 Euro; 6 Flaschen: 34,74 Euro (frei Haus). Über:
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