Bevor Sie alte Eier sammeln, um mich mit ihnen boshaft zu bewerfen: Ich weiß, es gibt auch andere Orte auf dieser Welt, die mit fantastischem Streetfood aufwarten. Ich denke da beispielsweise an Asien. Was mich allerdings bekümmert, zutiefst bekümmert, ist die Tatsache, dass ausgerechnet italienisches Streetfood international kaum Wertschätzung erhält. Wie kann das sein? Allein Sizilien ist ein Paradies für Foodies. An jeder Ecke werden Snacks to go zum kleinen Preis feilgeboten. Hier verrate ich Ihnen fünf Streetfood-Spezialitäten von der Insel, die dringend importiert werden sollten. In Massen.
Arancini

Die besten Arancini gab's in Agrigento auf die Hand. An einem kleinen Stand vor dem Eingang zum Tal der Tempel, inmitten des Souvenirmarktes. Wir erwarteten, dass der Snack eine ähnliche Qualität aufweisen würde wie der sonstige Nippes, der dort feilgeboten wurde. Aber wir hatten Hunger und uns stand ein anstrengender Fußmarsch in der Hitze bevor. Also griffen wir zu. Und dann noch einmal. Und noch einmal. Arancini, das sind frittierte und gefüllte Reisbällchen. In Sizilien gibt es sie an jeder Straßenecke. Mancherorts in der typischen runden Form, andernorts in einer konischen Variante. Sie sind außen knusprig, innen sämig. Dafür wird der Reis einem Risotto ähnlich zubereitet und mit verschiedenen Zutaten wie Ragout oder Pilzen vermengt. Ist die Melasse ordentlich eingedickt, wird sie geformt, paniert und frittiert. In Agrigento kamen die Bällchen mit einer fein abgestimmten Spinat-Ricotta-Füllung und einem "Allora, baby". Sie legten sich in den Magen wie ein schönes Kompliment ums Herz.
Cannoli

An einem Nachmittag in Cefalù, wir kamen gerade zurück von der Besteigung des Burgbergs La Rocca, ließen wir uns bei schattigen 36 Grad auf eine Bank fallen. Das Holz brannte uns durch den Stoff in den Hintern, die Haare klebten am Schädel. Statt miteinander zu sprechen, stöhnten wir nur alle paar Minuten ein Hitzestöhnen, beobachteten stattdessen das Treiben in dem Gässchen. Direkt gegenüber hatte sich eine Schlange gebildet. Die Wartenden trampelten sich aufgeregt gegenseitig in die Hacken, drängten zu einem kleinen Verkaufsfenster. Dann sahen wir, was sie in den Händen hielten und hasteten los. Cannoli – Gebäckröllchen wie kleine Kunstwerke. Eine frittierte, knusprige Teigrolle gibt der Spezialität einen Rahmen. Gefüllt wird das Schmalzgebäck, wenn es nach typisch sizilianischer Weise hergestellt wird, mit einer dicken Portion süßer Ricottacreme. Dazu gibt es kandierte Früchte, Pistazienstreusel und ein paar Zentimeter mehr Körperumfang.
Pane e panelle

Ich werde diesen Blick nie vergessen, mit dem mich meine Reisebegleitung nach dem ersten Bissen ansah. Es war ein irritierter Blick. Wir waren gerade erst angekommen, in diesem kleinen Küstenstädtchen im Norden. In diesem Ort, an dessen Bahnhof selten Touristen aussteigen und wo die einzigen Postkarten, die es zu kaufen gibt, bereits Patina angesetzt haben. Ein wunderbar unmoderner Ort. In der Nähe des Industriehafens, an einem ganz und gar unattraktiven Standort, entdeckten wir einen Foodtruck. Etwas in die Jahre gekommen von außen, aber erstaunlich gut besucht. Wir wählten ein Gericht, das dort alle aßen: Pane e panelle.
Panelle sind vegane, frittierte Teigstreifen aus Kichererbsenmehl. Diese werden gesnackt wie Pommes oder in einem Brot serviert. Vorzugsweise in einer Mafalda, einem sizilianischen hellen Brötchen mit Sesam. Für Irritation sorgte das Sandwich, da es sozusagen oben ohne kam, ohne Soße, ohne Salat, ohne Tomate. Und sich daher als fettige und zugleich staubige Angelegenheit entpuppte. Lecker, aber doch gewöhnungsbedürftig. Mit ein paar frischen Accessoires ließe sich das Traditionsgericht aber schnell zu einer echten veganen Streetfood-Alternative auch für deutsche Gaumen aufhübschen.
Brioche mit Eis

Ich gebe es zu, vor dieser Leckerei habe ich mich bis zum letzten Tag gescheut. Nicht etwa, weil ich Angst hatte, es würde nicht schmecken, viel mehr aus Sorge, es könnte zu gut schmecken. Ich hielt es allerdings für nicht angezeigt, diese Speise in Massen zu konsumieren. Es handelt sich dabei um eine Art Eisburger. Um der Sache mehr Deutlichkeit zu verleihen: Ich spreche von einem dicken Brioche-Brötchen, das mit schätzungsweise zwei Kilo Eis gefüllt wird. Die Leichtigkeit, mit welcher Sizilianer diese riesige Eisspezialität verdrücken, trieb mir regelmäßig die Schamesröte ins Gesicht. Am letzten Tag fasste ich mir ein Herz. Und, was soll ich sagen, es war genauso köstlich wie erwartet – aber auch ebenso füllend. Wir verausgabten uns zu Zweit an der Portion und waren danach tagelang pappsatt. Naja. Fast tagelang.
Zucchiniblüten

Die Hauptstadt Siziliens ist eine Wundertüte – wunderbar wild, wunderbar verrückt. Aber vor allem ist Palermo ein Streetfood-Mekka. Keiner sollte die Stadt verlassen, ohne die weltberühmten Märkte besucht zu haben. Einer, wenn nicht der bekannteste ist La Vucciria in der Altstadt. Dort werden die Austern als Imbiss stückweise direkt auf die Hand verkauft, die Granatäpfel frisch zum Saft gepresst und ob Frittiertes, Oliven oder Obst, alles darf gekostet werden. Und glauben Sie mir, ich habe gekostet. Tagelang habe ich nichts anderes getan, als mich durchs Sortiment zu futtern. Die meiste Zeit hatte ich nicht einmal einen Hauch von Ahnung, was mir da gerade in die Hand gedrückt wurde und das war fantastisch. Gehen Sie aber nicht, ohne die gefüllten Zucchiniblüten gekostet zu haben, sie sind ein absolutes Must-Eat in der Sommersaison. Da wäre beispielsweise die Variante Fritto misto: Dafür wird die Zucchiniblüte mit Mozzarella und Sardellenfilet gefüllt und frittiert.