Neukölln So viel Wut, so viel Angst – wie der Krieg in Nahost die Illusion des lässigen Berlins entlarvte

Pro Palästina-Demonstration in Berlin-Neukölln
"Free Palestine!", rufen die Menschen auf der Sonnenallee in Neukölln. Die Polizei ist sofort zur Stelle – Versammlungsverbot
© Patrick Junker
Die Folgen des Hamas-Terrors sind längst bei uns angekommen. Wie lebt das sonst so lockere Berlin damit? Ein Straßenbericht aus Neukölln.

Etwas hat sich verändert. Etwas ist nicht mehr so, wie es mal war. An der Kreuzung von Sonnenallee und Reuterstraße in Berlin-Neukölln ruft ein Einsatzleiter der Bereitschaftspolizei in sein Funkgerät: "Größere Menschenansammlung hier, wir brauchen dringend mehr Kräfte!" Am Richardplatz, ein paar Straßen weiter, ruft ein arabisch aussehender Mann einem Passanten zu: "Du siehst aus wie ein Israeli, ich hau dir deine Scheißbrille kaputt!"

In Prenzlauer Berg markieren Unbekannte ein Wohnhaus, in dem eine Jüdin lebt, mit einem aufgesprühten Davidstern. Im jüdischen Moses-Mendelssohn-Gymnasium blieben in der vergangenen Woche viele Stühle in den Klassenzimmern leer. Zahlreiche Schüler wurden von ihren Eltern nicht zum Unterricht geschickt, aus Angst um ihre Sicherheit. Diana, die Elternvertreterin, sagt: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass meine Kinder in Deutschland eine Zukunft haben."

Erschienen in stern 43/23