Seit fünf Jahren fehlt im Südschwarzwald jede Spur von Scarlett Salice. Fieberhaft suchten die Polizei, die Bergwacht und auch die Feuerwehr mit Hundestaffeln, Hubschrauber und Drohnen nach ihr. Auch in der ZDF-Fernsehsendung "Aktenzeichen XY... Vermisst" war ihr Verschwinden ein Thema. Alles erfolglos. Nun soll die Suche nach der jungen Wanderin mit einem Foto auf Smoothie-Flaschen erneut aufgenommen werden.
Neben dem Bild der damals 26-Jährigen aus dem ostwestfälischen Bad Lippspringe will der Fruchtsafthersteller True Fruits auch mit dem Foto der verschwundenen Hilal Ercan aus Hamburg helfen, Vermisstenfälle aufzuklären. Vier Wochen lang würden die Bilder der Frauen auf den Flaschen abgebildet, teilte das Unternehmen aus Bonn zur Marketingaktion mit. "Für die Familien ist es entscheidend, dass neue Hinweise eingehen, und das kann nur passieren, wenn viele Menschen von der Suche erfahren."
Vater hofft noch auf gute Nachrichten
Der Vater von Scarlett Salice hofft deshalb auch nach so vielen Jahren der Ungewissheit, seine Tochter eines Tages wiederzusehen. "Die Hoffnung ist: Solange sie nicht gefunden wurde, kann sie noch leben", sagt Ralf Salice.
Die Kriminalpolizei Waldshut-Tiengen ist nach eigenen Angaben vorab über die Suchaktion informiert worden. Allerdings sei diese rein privat und ohne behördliches Zutun initiiert worden. "Erkenntnisse zum Ablauf des Prozesses der Hinweisbearbeitung liegen uns bislang nicht vor", sagt Polizeihauptkommissar Christoph Efinger. Jeder Hinweis könne hilfreich sein, ergänzt er. "Und jede Polizeidienststelle nimmt Hinweise zu vermissten Personen entgegen."
Flaschen sollen in 30.000 Supermärkten stehen
Auf wie vielen Smoothie-Flaschen die Vermisstenanzeigen zu sehen sind, verrät das Unternehmen nicht. Man könne die Suche nach den beiden Frauen durch die Aktion aber in 30.000 Supermärkten in Deutschland, Österreich und der Schweiz sichtbar machen, sagte eine Sprecherin.
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True Fruits hatte im vergangenen Jahr schon einmal eine Vermisstenanzeige auf den Smoothie-Flaschen platziert. Daraufhin seien die Familien der beiden vermissten Frauen auf das Unternehmen zugekommen und hätten um Hilfe gebeten.
Vermisste Wanderin auf dem Schluchtensteig unterwegs
Die vermisste Scarlett Salice war fast am Ende ihrer Wandertour auf dem beliebten Schluchtensteig im Südschwarzwald unterwegs. Von Todtmoos aus war sie zur letzten Etappe nach Wehr aufgebrochen - doch dann verliert sich ihre Spur. Als sie nicht - wie verabredet - bei einer Freundin auftauchte, wurde sie am 20. September 2020 als vermisst gemeldet.
Die Polizei schließt weiterhin nicht aus, dass die junge Frau in dem steilen, unwegsamen und mit Schluchten durchzogenen Waldgebiet verunglückt ist. Zweieinhalb Jahre nach ihrem Verschwinden wurde das Todesermittlungsverfahren nach mehr als 500 Hinweisen eingestellt.
Verschwunden auf dem Weg zum Kaugummi-Kaufen
Die zweite Vermisste, Hilal Ercan, war erst zehn Jahre alt, als sie 1999 in einem Einkaufszentrum direkt neben ihrem Wohnort in Hamburg verschwand. Sie wollte sich mit einer D-Mark Kaugummi kaufen - doch sie kehrte nie zurück.
Der Fall des damals zehnjährigen Mädchens liegt nach wie vor bei der Staatsanwaltschaft. Aktuell gebe es keinen neuen Stand, sagte eine Sprecherin der Behörde. An der Aktion auf den Glasflaschen sind Polizei und Staatsanwaltschaft auch in diesem Fall nicht beteiligt.
Hilals Bruder Abbas Ercan betont: "Da Hilal immer noch nicht zu Hause ist, ist es meine Pflicht, ihr Schicksal zu klären, für Gerechtigkeit zu sorgen und den Täter zu finden. Er soll sich in seiner Haut nicht sicher fühlen."
Zahlreiche Vermissten-Fälle bleiben ungeklärt
Laut Bundeskriminalamt (BKA) galten zum Stichtag 1. Januar 2025 in Deutschland 9.420 Personen als vermisst. Der allergrößte Teil solcher Fälle werde allerdings innerhalb weniger Tage aufgeklärt. Bei etwa drei Prozent der vermisst gemeldeten Personen gebe es allerdings auch nach einem Jahr noch keine Gewissheit, was mit ihnen passiert ist, schreibt das BKA.
True Fruits hat in den vergangenen Jahren immer wieder mit ungewöhnlichen Werbekampagnen breite Aufmerksamkeit erzielt und auch viel Kritik eingesteckt. Die jüngste Aktion erinnert an eine landesweite Kampagne, mit der in den USA in den 1980er Jahren Fotos vermisster Kinder auf Milchkartons gedruckt wurden, um die Suche zu erleichtern.