Nach den Festnahmen wegen eines mutmaßlichen Anschlagsplans auf einen Weihnachtsmarkt in Niederbayern werten Extremismus-Ermittler Beweismittel aus. Es gehe dabei vor allem um elektronische Datenträger, sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft München. Zu Details wollte er sich unter Verweis auf das laufende Verfahren nicht äußern. Derweil forderte die SPD im Landtag vergeblich eine Sondersitzung des Innenausschusses zu den Vorfällen – noch vor Weihnachten.
Die fünf Männer hielten sich rechtmäßig in Deutschland auf
Bei den Männern handelt es sich den Ermittlern zufolge um einen 56-jährigen Ägypter, einen 37-jährigen Syrer und drei Marokkaner im Alter von 22, 28 und 30 Jahren. Die fünf Männer hielten sich laut Innenministerium allesamt rechtmäßig in Deutschland auf. Der Ägypter war demnach bereits seit 1995 hier, er habe aktuell eine sogenannte Niederlassungserlaubnis, also eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Der Syrer reiste 2023 ein und erhielt subsidiären Flüchtlingsschutz. Die drei marokkanischen Staatsangehörigen reisten 2025 im Rahmen der Fachkräfteeinwanderung mit einem Visum ein.
Der Ägypter, ein islamischer Prediger, soll nach derzeitigem Erkenntnisstand in einer Moschee im Raum Dingolfing-Landau zu einem Anschlag aufgerufen haben, "um möglichst viele Menschen zu töten oder zu verletzen", wie die Generalstaatsanwaltschaft erklärte.
Die drei Marokkaner sollen demnach bereit gewesen sein, den Anschlag auszuführen. Ihnen wird vorgeworfen, sich zum Mord bereiterklärt zu haben. Der Syrer soll die Männer in ihrem Entschluss bestärkt haben. Laut Generalstaatsanwaltschaft gehen die Ermittler von einem islamistischen Motiv aus, als Tatwaffe sollte wohl ein Fahrzeug genutzt werden.
Ermittler handelten trotz Plänen im "Anfangsstadium"
Dass die fünf Männer am Freitag festgenommen wurden, obwohl sich ihre Pläne laut Generalstaatsanwaltschaft noch "in einem frühen Anfangsstadium befanden", lag offenbar auch an der Art des geplanten Angriffs. Die Vorbereitungszeit für einen potenziellen Anschlag mit einem Fahrzeug auch ohne Festlegung auf eine konkrete Zeit oder einen konkreten Markt hielten die Ermittler für möglicherweise so kurz, dass sie nach einem Hinweis des bayerischen Verfassungsschutzes schnell handelten.
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Drei Männer wurden laut Generalstaatsanwaltschaft an der Grenze zu Österreich festgenommen, zwei weitere in Niederbayern. Demnach waren beim Zugriff rund 100 Polizisten mit Spezialkräften im Einsatz.
Präventivgewahrsam statt U-Haft für einen Verdächtigen
Da einer der fünf Männer nicht in Untersuchungshaft sitzt, sondern in polizeilichem Präventivgewahrsam, werden die Ermittlungen auch zeigen müssen, ob der Verdacht gegen ihn für einen Haftbefehl ausreicht. Laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) soll auch der richterlich angeordnete Gewahrsam zumindest über das Ende der Weihnachtszeit hinauslaufen. Damit sei "erst mal Ruhe".
In Bayern können Menschen nach einer richterlichen Entscheidung bis zu einen Monat lang festgehalten werden, um die Begehung einer Straftat zu verhindern. Dieser Zeitraum kann um höchstens einen weiteren Monat verlängert werden.
SPD wollte Vorfall vor Weihnachten im Landtag thematisieren
Aus Sicht der SPD sollte der Innenausschuss des Landtags noch vor Weihnachten in einer Sondersitzung über die Vorfälle beraten. Doch die Unterrichtung wird noch etwas auf sich warten lassen. Wie die SPD mitteilte, wurde der Antrag abgelehnt. Herrmann werde daher erst Anfang Februar im Ausschuss zu den Vorfällen berichten, teilte ein Fraktionssprecher mit.
Polizeigewerkschaften fordern Konsequenzen
Die beiden großen Polizeigewerkschaften forderten nach den Festnahmen mehr Möglichkeiten für Nachrichtendienste und Ermittler. "Wir müssen endlich vernünftig in die innere Sicherheit investieren, ausreichende Maßnahmen zur besseren Vernetzung der Sicherheitsbehörden treffen, unnötige datenschutzrechtliche Hürden abbauen und unsere Sicherheitsgesetze an die aktuelle Gefährdungslage anpassen", sagte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Florian Leitner, in München.
Der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Thorsten Grimm, sagte: "Im europäischen Kontext gesehen, muss es das Ziel sein, solche Anschlagspläne durch einen gemeinsamen europäischen Geheimdienst entdecken zu können, um nicht mehr abhängig von außereuropäischen Diensten zu sein." Gerade der Verfassungsschutz sei in den vergangenen Jahren "immer mehr in seinen Möglichkeiten beschnitten" worden.
Bayerns Innenminister Herrmann hatte dagegen schon am Wochenende betont, der Anschlag habe vor allem "dank der hervorragenden Zusammenarbeit unserer Sicherheitsbehörden" verhindert werden können: "Wir sind in der Lage, unsere Bürgerinnen und Bürger zu schützen!"