Nach dreieinhalb Jahrzehnten in der Opposition will die CDU in Rheinland-Pfalz wieder die Staatskanzlei erobern: Parteichef Gordon Schnieder ist zum CDU-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2026 gewählt worden. Er bekam bei einem Landesparteitag in Morbach im Hunsrück 204 von 205 Stimmen - bei nur einer Gegenstimme.
Der zur Unterstützung der rheinland-pfälzischen CDU angereiste CDU-Bundeschef und Kanzler Friedrich Merz sprach von einem "sensationellen Wahlergebnis". Er bekräftigte, Deutschlands Freiheit und Demokratie müssten in Zeiten verschiedener Bedrohungen verteidigt werden - in diesem Kontext stehe auch Rheinland-Pfalz. Deutschland sei "eines der schönsten Länder der Welt" – viele wollten herkommen, wenige das Land verlassen. In Rheinland-Pfalz wiederum habe einst Einheitskanzler Helmut Kohl (CDU) seine politische Karriere gestartet, um dann nach Bonn zu wechseln.
Schnieder: "Diesmal laufen wir im Vollsprint über die Ziellinie"
Genau wie Merz rief auch Schnieder seine Partei zu Zuversicht auf. "Lasst uns kämpfen", forderte der 50-jährige Christdemokrat. "Uns wird die Luft nicht ausgehen. Diesmal laufen wir im Vollsprint über die Ziellinie", betonte Schnieder. Wiederholt rief er das erstmals vorgestellte Wahlkampfmotto der CDU: "Weil's jetzt gilt".
Auch die Bundestagspräsidentin klatscht im Hunsrück
Auch Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU), eine Rheinland-Pfälzerin, war anwesend. Insgesamt waren rund 450 Delegierte und Gäste zum Parteitag gekommen.
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Schnieder, der Bruder des ebenfalls anwesenden Bundesverkehrsministers Patrick Schnieder (CDU), will nach der Landtagswahl am 22. März 2026 Ministerpräsident werden. Die CDU hat bislang sieben Landtagswahlen in Folge verloren - die SPD regiert bereits seit 1991 in Rheinland-Pfalz.
Nach Parteiangaben sind bis zur Landtagswahl mehrere Termine mit Merz vorgesehen, um die CDU bei ihrem neuen Anlauf auf die Mainzer Staatskanzlei zu unterstützen.
In Umfragen liegt die CDU gegenwärtig vor der SPD. Wäre die Direktwahl eines Ministerpräsidenten möglich, würde gemäß aktuellen Befragungen allerdings der amtierende SPD-Regierungschef Alexander Schweitzer gewinnen.
Auf Platz zwei der CDU-Landesliste wurde die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Marion Schneid gewählt, auf Platz drei Landtagsvizepräsident Matthias Lammert. Die stellvertretende Fraktionschefin Jenny Groß kandidiert auf Platz vier vor dem Parlamentarischen Geschäftsführer Marcus Klein. Der 2021 als Spitzenkandidat gescheiterte Ex-Fraktionschef Christian Baldauf ist auf dem siebten Platz – mit 169 Ja- und 19-Neinstimmen bei acht Enthaltungen.
Elf Frauen und 41 Männer kandidieren
Auf den ersten zehn Rängen der Liste stehen abwechselnd gleich viele Männer und Frauen, also jeweils fünf. Insgesamt treten 52 CDU-Kandidaten bei der Landtagswahl an, darunter elf Frauen.
Schnieder plädierte in seiner Rede unter anderem für Entbürokratisierung, Vorratserschließung von Gewerbegebieten, kostenfreie Meisterausbildung, KI-unterstützte Videoüberwachung in "Angsträumen" für Frauen, ein "verpflichtendes Gesellschaftsjahr" für junge Menschen, eine "Pflegeoffensive" sowie mehr Geld und Entscheidungsfreiheit für Kommunen. Bei Kitas solle es wieder verlässliche Öffnungszeiten geben, zudem verbindliche Sprachstandserhebungen für Viereinhalbjährige und einjährige "Intensivklassen" für Flüchtlingskinder.
Gordon Schnieder: Keine Zusammenarbeit mit extremen Kräften
CDU-Landeschef Schnieder versicherte zudem, es werde nie eine Zusammenarbeit der CDU im Land mit extremen politischen Kräften geben, "in keiner Art und Weise". Er bekam nach seiner Wahl zum Spitzenkandidaten eine kleine Stieleiche im Topf.
Vor der Halle des Parteitags demonstrierten laut Polizei zunächst rund 100 Menschen. Sie protestierten den Veranstaltern zufolge gegen "Stillstand, Angst und Ausgrenzung". Kanzler Merz warfen sie vor, erneut "Öl ins Feuer der Spaltung" zu gießen. Dabei bezogen sie sich auf dessen früheren Aussagen zum Thema Sicherheit - Merz hatte einst von einem Problem "im Stadtbild" gesprochen und auf Nachfrage gesagt: "Fragen Sie mal Ihre Töchter." Die Demonstranten zogen auch durch Morbach.