Psychologie Unseren täglichen Kick gib uns heute – wie die Sucht nach Belohnungen uns krank macht und was man dagegen tun kann

  • von Nina Poelchau
Eine Frau im roten Kleid trägt einen Einkaufskorb voll mit roten High Heels
Betroffene haben meist bereits erkannt, dass zum Beispiel das 100. Paar High Heels die innere Leere nicht füllen kann
© Peter Dazeley / Getty Images
Liken, shoppen, zocken, Pornos schauen: Immer mehr Menschen erliegen den Belohnungsanreizen großer Internetkonzerne. Die Neurologin Heike Melzer erklärt, was das mit dem Gehirn macht und wie man den verlockenden Ködern entkommt.

Das Belohnungssystem in unserem Gehirn ist doch eigentlich eine gute Sache. Es motiviert uns, uns anzustrengen. Tatsächlich schadet es heute vielen Menschen aber oft extrem. Passt unser Gehirn nicht mehr in unsere Welt?
Belohnungen sind eine super Sache, aber die Dosis macht das Gift – und die ist heute extrem hoch. Unser Gehirn wurde seit Jahrmillionen auf Mangel programmiert. Ressourcen waren knapp. Essen und Sexualität entschieden über Leben und Tod und die Weitergabe der Gene. Im Vordergrund stand harte Arbeit, im Hintergrund gab es ab und an Vergnügung, Spiel und Spaß. Heute leben wir in einer Zeit des Überflusses mit Belohnungsreizen überall. Leider hinken die älteren Gehirngebiete, in denen Belohnung, Triebe und Emotionen reguliert werden, diesem System-Update hinterher. 

Wer hat Interesse daran, uns zu verführen?
Über Belohnungsreize geköderte Menschen sind die Top- und Dauerkonsumenten großer Konzerne wie Amazon, Meta oder Bytedance, die Milliarden verdienen. Belohnungen für Menschen sind raffinierter als der Wurm an der Angel, funktionieren aber oftmals nach ganz einfachen reflektorischen Mechanismen wie in der Biologie. 

Es blinkt und glitzert und verspricht uns, wie der Wurm am Angelhaken dem Fisch, unseren Hunger zu stillen – und wir beißen an?