Rudi Völler kommt in die Lounge auf der Leverkusener Südtribüne gestürmt, als wäre sie ein Strafraum und gleich segelt ein Eckball hinein. "Leute, das könnt ihr nicht machen", ruft er zur Begrüßung, leicht außer Atem. Draußen auf dem Flur habe er so eine Leinwand gesehen und anderes Fotozeugs, dabei sei doch klar: "Ich mag es einfach nicht, immer diese gestellten Bilder!" Man könne ihn gern beim Kaffeetrinken fotografieren, zwei, drei schnelle Schüsse. Er habe sich extra ein dunkelblaues Hemd angezogen, damit man eventuelle Flecken nicht sieht – "nicht so wie früher beim Calli, wo du auf der Knopfleiste ablesen konntest, was es zum Mittagessen gab". (Gemeint ist Reiner Calmund, der langjährige Fußballchef von Bayer 04 Leverkusen.)
Völler, 63, jedenfalls ist schwer zu beruhigen, und wohl auch wegen solcher Eruptionen hat ihn der Deutsche Fußball-Bund (DFB) verpflichtet. Der Verband brauchte dringend jemanden, der ihn aus der Lethargie der Bierhoff-Jahre holt mit zuletzt drei missratenen WM- und EM-Turnieren. Seit Februar ist Völler zurück beim DFB, diesmal als Sportdirektor. Von 2000 bis 2004 hatte er die Nationalelf als Teamchef betreut, danach stieg er ins Leverkusener Management ein.
Herr Völler, noch ein Jahr bis zum Eröffnungsspiel der Europameisterschaft 2024 in München. Wo steht das deutsche Nationalteam heute?