VG-Wort Pixel

Futtermittel-Skandal Kontrolleure fordern Lebensmittel-Europol

Pferdefleisch, Eier, vergifteter Futtermais: Die Vielzahl der Lebensmittelskandale verschreckt die Deutschen. Und nicht nur Verbraucherschützer fragen sich: Was läuft beim Kontrollsystem schief?

Nach dem Skandal um giftige Schimmelpilze in Futtermais hat er Vorsitzende des Bundesverbandes der Lebensmittelkontrolleure, Martin Müller, europaweit intensivere Kontrollen von Lebensmitteln gefordert. "Je größer Lieferungen sind, desto umfassender müssen Proben genommen werden. Dafür brauchen wir Spezialkräfte mit besonderer Qualifikation", sagte Müller der "Passauer Neuen Presse".

Es sei Zeit für eine Entföderalisierung der Lebensmittelkontrollen und eine Bündelung der Kräfte, um die Probleme zentral und mit größerem Fachwissen angehen zu können, sagte Müller. "Uns fehlen in Deutschland 1500 qualifizierte Lebensmittelkontrolleure. Man kann es nennen, wie man will: Wir brauchen eine Art Lebensmittel-Europol. Es ist lange genug geredet worden. Jetzt muss gehandelt werden." Es sei erschreckend, dass solch große Mengen von verunreinigtem Futtermittel überhaupt nach Deutschland gelangen konnten. Bei einem Nicht-EU-Land wie Serbien müsse man besonders genau hinschauen, forderte Müller.

Am Freitag war bekanntgeworden, dass aus Serbien importierter Mais mit dem krebserregenden http://www.stern.de/gesundheit/futtermittel-skandal-so-gefaehrlich-ist-das-schimmelpilz-gift-1978347.html; Schimmelpilz Aflatoxin B1# vergiftet ist. Der Mais ist auch an Rinder verfüttert worden und gelangte so in die Milch. Besonders betroffen ist Niedersachsen, wo Hunderte Milchbetriebe vorsorglich gesperrt wurden.

Foodwatch wirft Bundesregierung Untätigkeit vor

Die Organisation Foodwatch wirft der Bundesregierung unterdessen Untätigkeit vor. "Wir haben bei Futtermittelkontrollen http://www.stern.de/wirtschaft/news/bio-eier-skandal-warum-die-kontrollen-nicht-funktionieren-1976145.html ;erhebliche Schwachstellen,# die eigentlich auch bekannt sind", sagte Pressesprecher Martin Rücker der Nachrichtenagentur DPA. Immer wieder seien Gift- und Schadstoffe über Futtermittel in die Nahrungskette gelangt. Trotz vieler Forderungen an die Politik sei nichts Entscheidendes passiert. Die Bundesregierung habe es gescheut, die Futtermittelindustrie zu systematischen Kontrollen zu verpflichten. "Das rächt sich jetzt und zeigt sich bei diesem Futtermittelskandal", sagte Rücker.

Nach Erkenntnissen von Foodwatch habe es schon vor Monaten Warnungen vor der Belastung von Futtermais aus Serbien gegeben: "Insofern ist die Frage: Warum ist nicht viel früher etwas geschehen?", betonte Rücker. "Wir erwarten, dass die Behörden jetzt erst mal alles auf den Tisch legen, was sie wissen", fügte er hinzu. Es müsse nicht nur geklärt werden, welcher Zeitraum von dem Skandal betroffen sei, sondern auch, welche betroffenen Produkte in den Handel gelangt seien. Außerdem müssten die Behörden die Messdaten mit den Giftstoff-Konzentrationen veröffentlichen.

Rücker widersprach der Aussage, Verbraucher könnten sich über ihr Konsumverhalten vor solchen Skandalen schützen. "Wir können ja nicht mit der Laborausrüstung in den Supermarkt gehen und analysieren, ob denn das Rindfleisch tatsächlich Pferdefleisch ist, ob denn die Milch tatsächlich frei von Aflatoxin ist", sagte Rücker. "Wir müssen uns darauf verlassen können, dass die Lebensmittelsicherheit gewährleistet ist." Hier stehe die Politik in der Pflicht.

Bundesamt verzichtet vorerst auf Verzehrwarnung

Dessen ungeachtet will das Bundesinstitut für Risikobewertung nicht vor dem Verzehr bestimmter Produkte warnen. Der Präsident des Instituts, Andreas Hensel, sagte der "Saarbrücker Zeitung": "Die bisher festgestellten Werte sind weit weg von einer lebertoxischen Wirkung für den Menschen."

Für eine Empfehlung zu einem Verzehrverzicht sei es zu früh, sagte Hensel. Der Verbraucher könne deshalb "erst einmal weiter Milch trinken und muss auch nicht auf andere Produkte verzichten". Höchstgehalte legten grundsätzlich fest, ob die Ware handelbar sei oder nicht. Bisher sei aber nur eine einzige, geringfügige Überschreitung der Werte in der Rohmilch festgestellt worden.

In Deutschland würden jeden Tag Millionen von Tieren mit Futtermitteln gefüttert, die zu Hunderttausenden Tonnen importiert seien, sagte Hensel. Das relativiere auch das Ausmaß des Vorfalls.

kng/DPA DPA

Mehr zum Thema

Newsticker