Sorge vor Strahlung Nachfrage nach Jodtabletten steigt – Experten warnen vor Einnahme

Hand hält mehrere Packungen Jodtabletten vor einem Atomkraftwerk
Die Nachfrage nach Jodtabletten steigt an.einigen Apotheken sind sie sogar ausverkauft.
© Benjamin Horn/ Eibner-Pressefoto / Picture Alliance
Aus Sorge vor einer atomaren Katastrophe decken sich viele Menschen mit Jodtabletten ein. Experten warnen davor, die Präparate ohne entsprechende Empfehlung einzunehmen.

Seitdem Wladimir Putin seine Atomstreitkräfte in Alarmbereitschaft versetzt hat, scheint die Angst vor einer nuklearen Katastrophe in Deutschland stetig zu wachsen. Offenbar sorgen sich die Bürger um die Freisetzung radioaktiver Strahlung. Denn viele Menschen decken sich mit Jod-Tabletten ein, um sich im Ernstfall vor gesundheitlichen Schäden zu schützen.

"Wir hören aus vielen Apotheken, dass die Nachfrage stark angestiegen ist", sagte eine Sprecherin des Deutschen Apothekerverbands auf Nachfrage von "Focus Online". In einigen Apotheken in Nordrhein-Westfalen seien Jodtabletten sogar ausverkauft, wie der Vorsitzende des Apothekerverbandes Nordrhein, Thomas Preis, der Deutschen Presse-Agentur am vergangenen Mittwoch berichtete.

Jodtabletten nur nach Empfehlung einnehmen

Dabei warnen Experten davor, das Präparat auf eigene Faust ohne entsprechende Anweisung zu schlucken. "Die Einnahme von Jodtablette sollte nur nach ausdrücklicher Aufforderung durch die zuständigen Behörden erfolgen", heißt es vom Bundesamt für Strahlenschutz. Im Falle einer nuklearen Katastrophe kann radioaktives Jod freigesetzt werden, das sich in der menschlichen Schilddrüse anreichern und das Risiko für Schilddrüsenkrebs erhöhen kann.

Eine Packung Jodtabletten
Die Einnahme der hochdosierten Tabletten kann zu unerwünschten Nebenwirkungen führen.
© Fabian Sommer / Picture Alliance

Durch die Einnahme der Tabletten kann die Schilddrüse so viel Jod einlagern, dass eine Sättigung erreicht ist und die radioaktive Form des Elements vom Körper nicht mehr aufgenommen wird. Es kommt zur sogenannten "Jodblockade". Momentan sei das jedoch nicht nötig. Dr. Matthias Zähringer, Leiter der Abteilung Radiologischer Notfallschutz am Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) betont im Gespräch mit der "Apotheken Umschau", dass es derzeit keinen Hinweis auf erhöhte Strahlung gibt.

Jodtabletten hoch dosiert

"Man sollte keinesfalls einfach so Jod einnehmen, sondern auf die entsprechende Empfehlung der Katastrophenschutzbehörden warten", sagt Zähringer. Denn die Einnahme von Jod kann teilweise gefährliche Nebenwirkungen mit sich bringen. Die Tabletten sind hoch dosiert. Nach Angaben der Verbraucherzentrale handelt es sich um das "500-Fache der normalen Empfehlung für die tägliche Zufuhr". Ab einer Menge von 500 µg gilt die Einnahme nicht mehr als sicher.

Eine bisher nur unterschwellige Schilddrüsenüberfunktion kann sich durch Jodtabletten verstärken, schreibt die "Apotheken Umschau". Im schlimmsten Fall kann das zu einem Herz-Kreislauf-Versagen führen. Besonders gefährlich kann das für Menschen im Alter von 45 Jahren werden. Ihnen rät das Bundesamt für Strahlenschutz selbst im Fall einer radioaktiven Katastrophe von dem Jodpräparat ab, da die Risiken von Nebenwirkungen den Nutzen überwiegen. Die Schilddrüsen von Kindern, Heranwachsenden und Schwangeren sind ebenfalls besonders empfindlich.

Jodtabletten werden im Notfall ausgegeben

Auch vom vorsorglichen Lagern der Tabletten raten die Experten ab. Denn in ganz Deutschland sind an mehr als 180 verschiedenen Millionen Standorten Jodtabletten gelagert, die von dort an die Bevölkerung verteilt werden. "Im Ereignisfall werden sie an Feuerwehrwachen, Rathäusern, Apotheken oder bekannten Wahllokalen an die Bevölkerung abgegeben", teilt das Bundesamt für Strahlenschutz mit.

Bei einem atomaren Notfall würde die Katastrophenschutzbehörde die entsprechenden Informationen über die Medien verbreiten. Dr. Matthias Zähringer verweist auf das feine Netz an Messstationen, das sich durch die EU zieht. "Wir würden frühzeitig Bescheid wissen, wenn irgendwelche Gefahr besteht", gibt der Experte Entwarnung.

lhi

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