Wenn der Schädel brummt, greifen viele Betroffene erst einmal zur Selbsthilfe. Es gibt ja genug Mittel aus der Apotheke. Das ist in Ordnung. Doch etwa ein Prozent der Deutschen nimmt täglich Tabletten gegen den Schmerz, teilweise bis zu zehn Stück. Dann wird es gefährlich. "Geschieht das regelmäßig über einen längeren Zeitraum", sagt Hartmut Göbel, Schmerzexperte von der Schmerzklinik Kiel, "besteht die Gefahr, dass die Kopfschmerzen durch den Arzneimittelmissbrauch verstärkt werden. Im schlimmsten Fall entstehen chronische Dauerkopfschmerzen."
Wie viele Pillen sind noch in Ordnung?
Die meisten Fachleute meinen: Wer in einem Monat an zehn Tagen oder mehr Schmerzmittel einnimmt, ist in Gefahr. Und zwar unabhängig von der verwendeten Anzahl der Tabletten oder deren Dosierung. Dann können sich Kopfschmerzen entwickeln, deren Ursache die Medikamente selbst sind: sogenannte Medikamentenübergebrauchskopfschmerzen oder MÜK, auch schmerzmittelbedingte Kopfschmerzen oder medikamenteninduzierte Kopfschmerzen genannt.
In Prinzip kann jedes Schmerzmittel Kopfschmerzen verursachen, wenn Sie es zu häufig einnehmen. Noch bedenklicher wird es, wenn Sie gleichzeitig weitere Medikamente verwenden, die auf die Nervenzellen des Gehirns einwirken, wie zum Beispiel Beruhigungsmittel oder Schlaftabletten.
Das Gehirn stellt sich auf Schmerzmittel ein
Durch Arzneimittel verursachte Kopfschmerzen entstehen, weil zwei Faktoren fatal zusammen wirken:
- die permanente Angst der Betroffenen vor der nächsten Schmerzattacke und
- die biologischen Veränderungen in jenem Teil des Nervensystems, der Schmerzreize verarbeitet.
Setzen die Gequälten die Schmerzmittel ab, stellt sich Kopfschmerz ein. Schnell nehmen sie erneut Medikamente, aus Angst vor der Pein. Gleichzeitig wirken die Präparate immer schlechter, weil sich die körpereigenen Schmerzregler schon auf die chemischen Substanzen eingestellt haben. Die Folge: Die Betroffenen erhöhen die Dosis - aber auch daran gewöhnt sich der Körper.
Eine Medikamentenpause ist der einzige Ausweg
Es gibt nur einen Ausweg, der Aussicht auf Erfolg hat: die Medikamentenpause. Sie sollten die Schmerzmittel radikal absetzen und bis zu acht Wochen keine einnehmen. Das können Sie sowohl ambulant als auch in einer Klinik machen. Weil Sie unter massiven Entzugserscheinungen leiden könnten, empfehlen Experten, unter ärztlicher Aufsicht zu pausieren. Wenn Sie den Entzug zu Hause machen, dann sollten sie sich von spezialisierten Schmerztherapeuten beraten lassen. Oder Sie suchen eine spezialisierte Kopfschmerzklinik auf.
Zu den Entzugserscheinungen zählen unter anderen starke Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Schwindelgefühle, Herzrasen und Halluzinationen.
Symptome
Es ist schwierig, einen Kopfschmerz, der durch Schmerzmittel verursacht wird, von dem ursprünglich vorhandenen Kopfschmerz zu unterscheiden: Die Symptome sind relativ ähnlich. Zudem wechseln Kopfschmerzen, die durch Medikamente entstehen, oft zwischen dem Symptombild der Migräne und dem des Spannungskopfschmerzes hin und her. Auch Mischformen sind möglich. Es schmerzt kontinuierlich stärker und häufiger, bis ein täglicher Dauerkopfschmerz entsteht.
Qual vom Aufstehen bis zum Schlafengehen
Ob Sie schon einen durch Schmerzmittel ausgelösten Kopfschmerz haben oder noch einen natürlich bedingten, lässt sich oft schlecht auseinanderhalten. Haben Sie schon jahrelang regelmäßig hohe Dosen Schmerzmittel eingenommen, besitzen Sie ein hohes Risiko, dass Ihre Kopfschmerzen von den Medikamenten herrühren.
Etwa 80 Prozent der Betroffenen entwickeln nach mehreren Jahren einen täglichen Dauerkopfschmerz, der sie vom Aufwachen bis zum Schlafengehen begleitet. In vielen Fällen führt der Medikamentenmissbrauch zusätzlich zu Magenproblemen, Blutarmut sowie Nieren- oder Nervenschäden.
Fachleute können solche Patienten, die seit Jahren zu viele Schmerzmittel gebrauchen, deshalb oft schnell erkennen: Die Menschen sehen häufig bleich aus, ihr Gesicht wirkt fahl, graue Augenränder verstärken den Eindruck. Die Lippen erscheinen blass, die Haut welk. Für eine sichere Diagnose reicht dieses äußere Erscheinungsbild aber keinesfalls aus.
Diagnose
Grundsätzlich kann jedes Mittel gegen Kopfschmerzen selbst Kopfschmerzen auslösen - wenn jemand es zu oft einnimmt. Sogar gängige Substanzen wie Acetylsalicylsäure (ASS), besser bekannt als Aspirin, oder Paracetamol sind davon nicht ausgenommen.
Ob ein medikamentenbedingter Kopfschmerz vorliegt, können Sie mit Sicherheit nur feststellen, indem sie die Arzneistoffe absetzen: über mindestens zwei Wochen, besser sind acht Wochen. Leiden Sie anschließend weniger unter Kopfschmerzen oder unter Ihrem früher üblichen Schmerzmuster, dann hat es sich um einen schmerzmittelbedingten Kopfschmerz gehandelt.
Wenn Sie noch keine Pause gewagt haben, überprüfen Sie, wie lange und regelmäßig Sie solche Arzneien schon nehmen. Fachleute sehen die Grenze bei zehn Tagen oder mehr pro Monat, unabhängig von der verwendeten Dosis.
Besondere Gefahr lauert bei Kombinationspräparaten. Sie enthalten gleich mehrere Wirkstoffe auf einmal, häufig auch Koffein. Studien der Universitätsklinik Kiel belegen, dass gerade solche Tabletten für die größte Anzahl der Fälle von Dauerkopfschmerzen durch Medikamente verantwortlich sind.
Analysieren Sie Ihre Symptome genau
Spannungskopfschmerzes und Migräne fühlen sich nur wenig anders an als der Kopfschmerz, der durch Medikamente entsteht. Checken Sie Ihre Symptome anhand der nachfolgenden Listen - vielleicht kommen Sie dem Übel ja auf die Spur.
Spannungskopfschmerzes hat folgende Charakteristiken:
- Er kann auftreten am ganzen Kopf, am Hinterkopf, an der Scheitelregion und der Stirn,
- er kann mehrere Stunden bis zu einem Tag lang andauern,
- er tritt gelegentlich bis täglich auf,
- die Beschwerden sind leicht bis mittel stark,
- er fühlt sich dumpf und drückend an,
- es gibt kaum Begleiterscheinungen wie Übelkeit,
- ausgelöst wird er zunächst durch Stress oder Wetterwechsel, wenn er chronisch ist, stellt er sich auch ohne Auslöser ein.
Migräne hat diese Merkmale:
- Sie tritt überwiegend einseitig auf,
- dauert vier bis 72 Stunden an,
- tritt etwa ein bis sechs Mal pro Monat auf,
- sie fühlt sich pulsierend, hämmernd, pochend an,
- sie ist oft verbunden mit Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Lärmempfindlichkeit,
- Alkohol, Stress und Hormonschwankungen lösen sie aus,
- auch Wochenenden sind beliebte Auslöser,
- den Migräneanfall lindern Ruhe und Dunkelheit.
Kopfschmerz, der durch Medikamente entsteht, hat diese Kennzeichen:
- Er betrifft den ganzen Kopf, ist meist beidseitig,
- wenn er einseitig auftritt, wechselt er ab und an die Seite,
- die Beschwerden treten mindestens einige Stunden am Tag auf. Ganze 80 Prozent der Betroffenen haben den Kopfschmerz als ständigen Begleiter - vom Aufstehen bis zum Schlafengehen.
- Über die Hälfte leidet an einem dumpf-drückenden Kopfschmerz. Bei den restlichen Betroffenen hat der Schmerz einen pulsierenden Charakter oder eine Mischform aus beiden Symptomen.
- Auch Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Lärmempfindlichkeit sind dabei möglich.
- Zudem nennen Geplagte häufig Begleiterscheinungen wie Schwindel, Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit oder Müdigkeit.
- Der Schmerz imitiert anfänglich den zugrundeliegenden Kopfschmerz, zum Beispiel die Migräne.
Therapie
Um den Kopfschmerz loszuwerden, müssen Sie aufhören, Schmerzmittel einzunehmen. Es nützt nichts, nur die Dosis zu verringern oder die Medikamente seltener zu schlucken. Nur eine absolute Pause hilft. Sie sollte je nach Schweregrad der Abhängigkeit zwischen zwei und acht Wochen lang sein. Den Entzug können Sie zu Hause machen, mithilfe eines niedergelassenen Schmerztherapeuten, in Schmerzambulanzen in Krankenhäusern oder in spezialisierten Kliniken.
Der Arzt, die Sie behandelt, wird Sie zunächst über Ihre Abhängigkeit und über die Schwierigkeiten während der Pause aufklären. Bereits am ersten Tag Ihrer Therapie müssen Sie sämtliche Medikamente gegen Ihre Kopfschmerzen absetzen. Die Folge: Kopfschmerzen. Weitere Entzugssymptome können sein:
- Übelkeit und Erbrechen,
- Schwindelgefühle,
- Fieber,
- Angstzustände,
- Beklemmungen,
- Herz- oder Pulsrasen,
- Halluzinationen.
Am dritten und vierten Tag werden Ihre Beschwerden wahrscheinlich den Höhepunkt erreicht haben, anschließend klingen sie allmählich ab. Die Qualen des Entzugs lassen sich durch spezielle Medikamente lindern: Dies sind leichte Neuroleptika, die Ärzte sonst gegen psychische Störungen verabreichen. Möglicherweise nützt Ihnen auch eine begleitende Verhaltenstherapie, sie kann die Behandlung unterstützen.
Sollten Sie zuvor auch Beruhigungsmittel verwendet haben, müssen diese Pharmaka ebenfalls über einige Wochen hinweg langsam reduziert und schließlich ganz abgesetzt werden. Wichtig ist, dass Sie diese Substanzen nicht plötzlich weglassen. Sonst drohen Ihnen möglicherweise ein sogenanntes Medikamentendelirium und epileptische Anfälle.
Eines Morgens sind die Kopfschmerzen weg
Nach ein bis zwei Wochen geht es den meisten Betroffenen besser: Eines Morgens erwachen sie fassungslos, weil sie die Folter im Kopf zum ersten Mal seit langer Zeit nicht mehr spüren. Wie lange Sie entziehen müssen, hängt von der Schwere des Falls ab. Die Therapie kann zwischen fünf Tagen und einem Monat dauern.
Nach dem Entzug sind zwar die andauernden Qualen verschwunden, doch das Problem ist dadurch nur halb gelöst. Denn das ursprüngliche Leiden bleibt meist weiterhin bestehen. Damit der Teufelskreis der Abhängigkeit nicht erneut beginnt, sollten Sie mit vorbeugenden Dingen gegen Ihre zugrundeliegenden Kopfschmerzen beginnen.
Nach dem Entzug geht die Therapie weiter
Nach der Pause kann der Arzt herausfinden, unter welcher Art von Kopfschmerzen Sie ursprünglich gelitten haben und Sie entsprechend behandeln. Vorbeugende Maßnahmen, die ohne Medikamente auskommen, sollten dabei Vorrang haben. Dazu zählen:
- eine gesunde Lebensführung,
- Sport,
- Biofeedback-Verfahren,
- Stressbewältigungstrainings oder
- Entspannungstechniken.
Tipps
Wenn Sie vermeiden wollen, dass Sie durch Medikamente Kopfschmerzen bekommen, denken Sie daran, dass Vorbeugen immer am besten ist: Oft lassen sich die Symptome durch genügend Schlaf- und Erholungsphasen sowie durch regelmäßige Bewegung deutlich verringern. Greifen Sie nur in Ausnahmefällen zu Schmerzmitteln. Versuchen Sie es zuerst mit anderen Methoden wie Massagen mit Pfefferminzöl oder Entspannungsübungen.
Mittel gegen Migräne und andere Kopfschmerzen sollten Sie höchstens zehn Tage im Monat anwenden. Verwenden Sie möglichst Medikamente, die nur einen einzigen Wirkstoff enthalten. Vor allem von Kombipräparaten, die Koffein enthalten, ist abzuraten. Tragen Sie nicht ständig Kopfschmerztabletten bei sich. Sind die Pillen stets erreichbar, ist die Gefahr groß, nach der Packung zu greifen ohne lange nachzudenken.
Falls Sie unter Migräne leiden und Spannungskopfschmerzen verspüren, muss das nicht zwangsläufig ein Anzeichen für eine Migräneattacke sein. Probieren Sie zunächst, die Sache ohne Medikament - und mit Hausmitteln - zu überstehen.
Suchen Sie einen Arzt auf, wenn Sie häufig unter Kopfschmerzen leiden. Eine Selbstmedikation über einen längeren Zeitraum ist riskant.
Seien Sie nicht enttäuscht, wenn die ärztliche Behandlung nicht sofort zum Erfolg führt. Die Therapie ist eine komplexe Angelegenheit, weil Kopfschmerzen durch viele verschiedene Faktoren entstehen können. Ihr Arzt muss die Therapie individuell an Sie anpassen. Selbst ein Spezialist braucht dafür unter Umständen ein paar Wochen.
Haben Sie den Verdacht, Ihre Kopfschmerzen seien schon auf Medikamente zurückzuführen, notieren Sie, was, wie viel und wann Sie etwas einnehmen. Das hilft Ihnen, zu erkennen, ob Sie gefährdet sind.
Wenn das Problem schon da ist
Möglicherweise sind Sie bereits gefährdet oder gar abhängig. Dann sollten Sie sich folgendes klarmachen: Ihre Kopfschmerzen werden Sie nur los, wenn Sie die Schmerzmittel absetzen. Das ist der einzige Weg. Wenn Sie weiterhin Schmerzmittel nehmen, nutzt eine Behandlung nichts. Es wird nie besser werden.
Sollten Sie eine Medikamentenpause planen, lassen Sie sich von einem Arzt helfen. Allerdings bezahlen die Krankenkassen keine ausführliche Beratung zum Thema Kopfschmerz durch Schmerzmittel. Daher wird es beim Hausarzt vielleicht schwierig werden.
Sie können Ihrem Arzt helfen, indem Sie vor der Schmerzmittelpause einen Kopfschmerz-Kalender ausfüllen. Dort notieren Sie, wie oft und in welcher Dosis Sie Schmerzmittel einnehmen - sowohl freiverkäufliche als auch rezeptpflichtige.
Sollten Sie Medikamente mit Substanzen einnehmen, die dem Morphin ähneln, weisen Sie Ihren Arzt darauf hin. Im Gegensatz zu allen anderen Schmerzmitteln dürfen diese nicht abrupt abgesetzt werden, sondern nur allmählich.
Machen Sie die Pause unter Aufsicht
Lassen Sie sich während der Medikamentenpause von einem Experten begleiten. Das kann ein Schmerztherapeut sein, aber auch ein Spezialist einer Schmerzambulanz. Sie können auch in eine Klinik gehen. Ein Entzug dauert zwischen fünf und 14 Tagen. Suchen Sie sich für diese Zeit seelischen Beistand bei Freunden oder in der Familie.
Seien Sie sich im Klaren darüber, dass Sie Ihren alltäglichen Aufgaben während eines Entzugs nicht nachkommen können. Sorgen Sie im Voraus dafür, dass Ihr Arbeitgeber und die Familienmitglieder auf Ihren Ausfall vorbereitet sind.
Passen Sie auch danach auf sich auf
Ist der Entzug geschafft, sollten Sie sich immer wieder bewusst machen, dass Ihre Beschwerden sich deshalb gebessert haben, weil Sie keine Schmerzmittel mehr nehmen.
Führen Sie auch danach weiterhin ein Notizbüchlein, in das Sie eintragen, wann und wie viele Tabletten Sie genommen haben. So vermeiden Sie, die Maximaldosis erneut zu überschreiten. Greifen Sie nach der Medikamentenpause nur dann wieder zu Schmerzmitteln, wenn nichts anderes hilft.
Und: Lassen Sie sich gegen die Kopfschmerzen behandeln, wegen denen Sie zu häufig zu Schmerzmitteln gegriffen haben.
Expertenrat
Professor Hartmut Göbel von der Schmerzklinik Kiel beantwortet Ihre Fragen.
Warum können Schmerzmedikamente wie ein Suchtmittel wirken? Nimmt jemand nur gelegentlich Schmerzmittel ein, hemmen diese Substanzen verschiedene Botenstoffe im Nervensystem, die Schmerzen übertragen. Auf diese Weise lindern die Arzneimittel die Schmerzen. Wenn Sie sehr oft Tabletten einnehmen, also an mehr als zehn Tagen pro Monat, registriert dies Ihr Nervensystem und versucht gegenzusteuern. Dazu setzt es verstärkt Botenstoffe frei. Will jemand jetzt das Schmerzmittel weglassen, sind zu viele Botenstoffe im Nervensystem und der Entzugskopfschmerz setzt ein. Der erinnert die Betroffenen sofort daran, weitere Schmerztabletten einzunehmen. Damit ist der Teufelskreis geschlossen. Es ist extrem wichtig, dass der Arzt den schmerzmittelbedingten Kopfschmerz diagnostiziert. Nur so kann er denjenigen richtig behandeln.
Welche Tabletten sind besonders gefährlich?
Grundsätzlich kann jedes Medikament, das zur Akuttherapie von Kopfschmerzen wirksam ist, schmerzmittelbedingten Kopfschmerz auslösen und aufrechterhalten. Aus Untersuchungen wissen wir, dass besonders Schmerztabletten mit kombinierten Wirkstoffen diesen Kopfschmerztyp verursachen. Die internationale Kopfschmerzgesellschaft hat daher für diese Kombinationspräparate wesentlich strengere Grenzen gesetzt: Sie sollten nicht so oft eingenommen werden wie Einzelsubstanzen oder Triptane. Substanzen wie Acetylsalicylsäure, Paracetamol oder Ibuprofen erhalten die Kopfschmerzen aufrecht, wenn die Patienten mehr als 15 Tage im Monat diese Medikamente nehmen. Kombinationspräparate verursachen Kopfschmerz schon, wenn sie an mehr als zehn Tagen pro Monat missbräuchlich eingenommen werden. Manche Betroffene nehmen von solchen Mitteln 20 bis 30 Tabletten pro Tag ein, und dies oft über Monate und Jahre.
Unterscheiden sich die Symptome bei den verschiedenen Wirkstoffen?
Nein. Die Kopfschmerzen können zwar sehr unterschiedlich sein. Das liegt dann aber am zugrundeliegenden Kopfschmerz und nicht an den Medikamenten. Dieser mischt sich mit einem dumpf-drückenden oder pulsierenden, mittelstarken Dauerkopfschmerz. Stoppt jemand die Schmerzmittel, tritt ein Entzugskopfschmerz mit starker Intensität auf. Dieser Absetzkopfschmerz dauert bei Kombinationsschmerzmitteln, Ergotalkaloiden (Migränemitteln) und Opioiden (morphinähnlichen Schmerzmitteln) besonders lange, hier ist der Entzug also sehr schwer und langwierig. Leichter ist das Absetzen von Substanzen wie Acetylsalicylsäure, Paracetamol, Ibuprofen oder Triptan, weil sie nur bestimmte Regelkreise im Nervensystem beeinflussen. Aus diesen Gründen plädieren wir in der Kopfschmerzbehandlung für letztere Präparate.
Forschung
Wie hoch die Gefahr eines Rückfalls nach einem Entzug ist, hat ein Ärzteteam um Zaza Katsarava von der Universitätsklinik Essen überprüft. Das Risiko ist im ersten halben Jahr nach Absetzen der Medikamente am größten: In diesem Zeitraum wurde knapp ein Drittel der insgesamt 96 beobachteten Patienten rückfällig.
Die Studie belegt aber: Wer das erste Jahr ohne Schmerzmedikamente aushält, hat es meist überstanden. In den darauf folgenden drei Jahren wurden nur noch weitere zwei Patienten rückfällig. Leidensgeprüfte mit Migräne hatten übrigens deutlich seltener einen Rückfall als Menschen, die ursprünglich unter chronischem Spannungskopfschmerz gelitten hatten.