Volle Krankenhäuser Höchststand von Corona-Erkrankten auf Intensivstationen. Sind die Kapazitäten bald erschöpft?

Intensivstation
Neuer Höchststand: Die Intensivstation der Krankenhäuser füllen sich zunehmend mit Covid-19-Patienten.
© Felix Kästle / DPA
Die Zahl der Corona-Erkrankungen steigt weiter, auch die Intensivstationen füllen sich. Jetzt wurde ein neuer Höchststand in den Kliniken erreicht. Experten befürchten, dass der Platz eng werden könnte.

Mit dem Steigen der Infektionszahlen nimmt auch die Zahl der schweren Corona-Verläufe zu. Immer mehr Covid-19-Patienten müssen in den  Krankenhäusern behandelt werden. Die Betten in den Intensivstationen füllen sich. Am Montag wurde nun ein neuer Höchststand erreicht. Und das Ende der Fahnenstange ist nicht abzusehen. Experten erwarten, dass die Zahlen in den kommenden Wochen weiter ansteigen und Betten sowie Personal in den Kliniken knapp werden könnten, wenn keine neue Regelungen in Kraft treten.

671.868 Menschen haben sich Stand heute laut Robert Koch Institut (RKI) in Deutschland seit Beginn der Pandemie nachweislich mit Sars-CoV-2 angesteckt, allein in den vergangenen sieben Tagen sind 126.841 bestätigte Fälle hinzugekommen. Eine Entwicklung, die sich auch in den Intensivstationen widerspiegelt. Dort stieg die Zahl der gemeldeten intensivmedizinisch behandelten Covid-19-Fälle laut Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) auf nun 3005 Patienten. Damit hat sich die Zahl in den vergangenen drei Wochen mehr als verdreifacht. Am 19. Oktober waren es noch 851 Fälle. Die neuen Daten belegen ein Rekordhoch. Bisher hatten maximal 2933 Covid-19-Patienten (18. April) gleichzeitig auf Intensivstationen betreut werden müssen. 

Corona-Übertragungen steigen weiter

Das Problem: Während im April die Infektionszahlen nach und nach abnahmen, ist das aktuell nicht abzusehen. Die Zahl der erfassten Neuinfektionen steigt weiter und lag laut neuesten Daten des RKI je 100.000 Einwohner über sieben Tage bei 139. Bis der Teil-Lockdown, der seit vergangenem Montag in Kraft ist, auch in den Infektionszahlen erste Wirkung zeigt, kann es aufgrund der Zeitspanne von Ansteckung bis Erfassung bis zu drei Wochen dauern.

"Aktuell ist eine weitere Zunahme der Übertragungen in der Bevölkerung in Deutschland zu beobachten", heißt es im RKI-Lagebericht von Sonntagabend. Experten befürchten daher, dass auch die Zahl der Covid-19-Patienten, die in den kommenden Wochen auf den Intensivstationen betreut werden müssen, weiter Fahrt aufnimmt. 

"Spitzenwerte in vier Wochen"

Im Vergleich zum Frühjahr würden derzeit mehr mit dem Virus infizierte Menschen auf anderen Stationen betreut, sagte DIVI-Präsident Uwe Janssen gegenüber der "Deutschen Presse-Agentur". Es sei zu erwarten, dass von diesen ein Teil noch auf den Intensivstationen landen werden. Dazukommt, dass sich die Zahl an Neuinfektionen erst verzögert in schweren Verläufen und schließlich in der Belegung der Intensiv-Stationen niederschlage.

Besonders betroffen sind Menschen 60 plus. Ihr Risiko nach einer Infektion mit Covid-19 auf der Intensivstation zu landen, ist besonders hoch. "In vier Wochen werden wir die Folgen der Spitzenwerte jetzt sehen", so Janssen. Schon jetzt seien einige Zentren am Anschlag, vereinzelt müssten bereits Patienten, die an Covid-19 erkrankt sind, in andere Kliniken gebracht werden. 

Leere Betten, aber kein Personal

Von den aktuell beim DIVI gemeldeten rund 29.350 in Deutschland zur Verfügung stehenden Intensivbetten, gehören 13.212 zur Kategorie High-Care, an denen eine invasive Beatmung möglich ist. Derzeit sind davon laut DIVI 5637 High-Care-Betten unbelegt. Laut Angaben der Kliniken, die ihre Daten seit dem Frühjahr täglich an das DIVI übermitteln müssen, stehen außerdem rund 12.400 Intensivbetten zur Verfügung, die im Notfall innerhalb von sieben Tagen in Betrieb genommen werden könnten. Die aktuelle Belegungssituation der intensivmedizinischen Bereiche in den Krankenhäusern ist im DIVI-Intensivregister einsehbar. 

Die Sache hat allerdings einen Haken. Denn ob die Betten belegt werden können, steht auf einem anderen Blatt. Janssen warnte bereits in der vergangenen Woche davor, dass die Kliniken auch freie Betten meldeten, für die kein Pflegepersonal zur Verfügung stehe. Im Schnitt kümmern sich um jedes Intensivbett fünf Pflegekräfte. 

Auch Intensivmediziner Stefan Kluge berichtete gegenüber dem "Bayerischen Rundfunk" vergangene Woche von leerstehenden Betten, die auf Grund von Personalmangel beispielsweise in München nicht belegt werden könnten. "Wir haben jetzt schon angefangen, Pflegepersonal zu bitten, wieder auf der Intensivstation zu arbeiten, und wir machen nach und nach Bereiche auf den normalen Stationen zu oder fahren den OP runter, weil wir das Personal jetzt auf der Intensivstation brauchen", sagte der Direktor der Klinik für Intensivmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE).

Während im Frühjahr alle Kliniken aus dem Regelbetrieb genommen wurden, ist das derzeit nicht der Fall. In Berlin trat am Samstag allerdings eine Verordnung in Kraft, wonach in den Krankenhäusern nur noch Aufnahmen, Operationen und Eingriffe durchgeführt werden, die planbar sind und medizinisch dringlich. Im Gegenzug erhalten die Kliniken eine Freihaltepauschale. Die Umstellung ermöglicht es, Intensivbetten und Personal für Covid-19-Erkrankte freizuhalten. Eine Regelung, von der DIVI-Direktor Janssen bereits vor einer Woche sagte, dass er sie für bundesweit notwendig erachte.

Quellen: DIVI, RKI, Bayerischer Rundfunk, dpa

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