Ratgeber Alternativmedizin Entspannung trainieren

Von Edzard Ernst
Die Anthroposophische Medizin fußt auf rational schwer zugänglichen Prinzipien, und für ihre Wirksamkeit fehlen überzeugende Belege. Riskant wird sie da, wo ihre Ärzte von schulmedizinischen Eingriffen abraten - etwa vom Impfen.

Tausende lebenswichtiger Prozesse laufen im Körper ab, ohne dass wir sie wahrnehmen. Da werden Nährstoffe abgebaut und zu Körperzellen transportiert; es werden Signalstoffe gebildet, die die Funktion entfernt gelegener Organe modifizieren, und elektrische Impulse generiert, über die eine Zelle mit einer anderen kommuniziert. Andere Körperfunktionen ignorieren wir weitgehend, obwohl wir sie erkennen können. Zum Beispiel sind wir uns normalerweise nicht bewusst, dass unser Herz pausenlos pumpt, dass unsere Lungen Luft ein- und ausatmen oder dass unsere Muskeln sich kontinuierlich an- und entspannen.

Prof. Dr. Edzard Ernst, Leiter der Abteilung für Komplementärmedizin an der Universität Exeter, ist Experte für die wissenschaftliche Beurteilung alternativer Heilmethoden.

Biofeedback ist eine Behandlungsform, die solche unwillkürlichen Abläufe des Körpers sichtbar, hörbar oder fühlbar macht, mit dem Ziel, sie mit unserem Willen zu beeinflussen. Das können beispielsweise die Herzfrequenz, der Blutdruck, die Atemfrequenz, die Hauttemperatur, die Muskelspannung oder die elektrischen Ströme im Gehirn sein.

Ärzte, Psychologen, Physiotherapeuten und zahlreiche andere Behandler setzen Biofeedback bei einer breiten Palette von Beschwerden ein. Bei Stress ist es besonders hilfreich. Stress kann sehr viele Ursachen haben, aber die körper¬liche Reaktion ist immer sehr ähnlich: Es werden Stresshormone (z. B. Adrenalin) ausgeschüttet, die eine Reihe von Phänomenen hervorrufen: Herzfrequenz, Blutdruck und Atemfrequenz steigen, der Muskeltonus erhöht sich, man beginnt zu transpirieren, und das Gehirn sendet typische elektrische Signale aus. Im Prinzip können all diese Phänomene auf einem Monitor oder über einen Lautsprecher wahrnehmbar gemacht werden. Man muss dafür nur das Körpersignal (z. B. Blutdruck) elektronisch messen.

Genau das passiert

bei der Therapie mit Biofeedback. Der Patient sieht oder hört Signale, die ihm beispielsweise die Höhe seines Blutdrucks oder die Anspannung seiner Muskeln anzeigen. In mehreren Sitzungen lernt er dann, diese Funktionen seinem Willen zu unterwerfen. Je zuverlässiger ihm das gelingt, desto effektiver bekämpft er die Ursache der Blutdruck-oder Muskeltonus-Erhöhung: den Stress.

So weit die Theorie - aber was zeigen die klinischen Studien zu dieser Behandlungsform? Im Großen und Ganzen ist die Datenlage äußerst positiv. Etwa ein Dutzend aussagekräftige Studien spricht dafür, dass Stress der verschiedensten Ursachen mit Biofeedback effektiv behandelbar ist. Nicht nur das: Der Effekt ist auch von langer Dauer, wenn die Willkürkontrolle erst einmal erlernt wurde. Weitere Vorteile des Trainings sind seine weitgehende Nebenwirkungsarmut und die Tatsache, dass die Therapie relativ kostengünstig sein kann.

Ein Nachteil ist natürlich, dass der Patient ein beträchtliches Durchhaltevermögen an den Tag legen muss: Die Methode kann nicht in einer Sitzung erlernt werden. Für viele ungeduldige Stress-Junkies mag dies ein nicht unerhebliches Hindernis zum Erfolg darstellen.

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