Presseschau "Netter Onkel Thommy": So kommentieren Medien Gottschalks letzte "Wetten, dass..?"-Sendung

"Wetten, dass..?"
In einem für ihn erstaunlich schlichtem Look eröffnete Thomas Gottschalk die vorerst letzte "Wetten, dass..?"-Ausgabe. 
© Alexander Hassenstein / Getty Images
Es war sein letztes Mal: Am Samstagabend moderierte Thomas Gottschalk seine 154. "Wetten, dass..?"-Sendung. Die Medien beurteilten seinen Abschied mit gemischten Gefühlen.

Zum letzten Mal moderierte Thomas Gottschalk am Samstagabend "Wetten, dass ..?". Am Ende der Sendung verabschiedete er sich mit den Worten: "Ich bin nicht verzweifelt, mein Leben geht weiter und ich freue mich auf alles, was kommt." Er habe bei "Wetten, dass ..?" eine "gute Zeit" gehabt. 

Die hatten am Samstag allerdings nicht alle TV-Kritiker. Das Medienecho auf Thommys Abschiedsshow fiel gemischt aus. So wurde "Wetten, dass..?" kommentiert: 

RND: "Dass aber trotz Eurovisions-Fanfare, gütig klatschendem Publikum und einem für seine Verhältnisse dezentem weinroten Kimono-Anzug einiges anders ist, merkt man gleich danach: Es solle keine öffentliche Grablegung zum morgigen Totensonntag gesendet werden, sagt Gottschalk. 'Ich bin noch nicht tot nach dieser Veranstaltung hier', verkündet er seinem ersten Gast Matthias Schweighöfer ungewohnt schwermütig. In den einstweiligen Komplettruhestand will er sich mit diesem Abend nicht versetzen lassen. Und zeigt doch immer wieder, dass der Zeitpunkt längst überfällig ist. Er redet langsamer als früher, spricht zu Beginn in die falsche Kamera 'Top, die Wette gilt', begrüßt Schweighöfer als Matthias Schweinsteiger und den echten 'Schweini' als Bastian Schweigsteiger. Kann passieren."

"Bild"-Zeitung: "Er [Gottschalk] mag nicht mehr, weil er sich keinen Maulkorb anlegen will. Nicht mehr jedes Wort auf jede Goldwaage legen – aus Angst vor Shitstorms im Netz. Leider verständlich. Seine Show war das bundesdeutsche Lagerfeuer für Alte wie Junge, für Denker und Drechsler, Baggerfahrer und Bundeskanzler. Die Show zum Kuscheln, Lachen, Staunen. Versetzt mit ein paar harmlosen Gags zu Politik, Fußball, Feminismus, schräger Mode. Statt Lagerfeuer gibt's heute Millionen Störfeuer im Netz. Viele sind schnell empört, entsetzt! Hinter jedem Spruch steckt: verborgener Sinn, Abgründe, Niedertracht, Verschwörung!"

"Augsburger Allgemeine": "Am Samstagabend macht sich Thomas Gottschalk das größte Abschiedsgeschenk selbst. Es ist fast unerhört: Nicht nur, dass er das "alter-weißer-Mann-sein" bleiben lässt. Er stellt überdies seine Gäste in den Vordergrund, nicht sich. Verzichtet auf Gags um der Gags willen. Verzichtet überhaupt fast auf Gags. Netter Onkel Thommy. Sogar die Peinlichkeiten, die vielfach aus seiner schlechten Vorbereitung resultieren, bewegen sich im unteren Bereich der Gottschalk-Peinlichkeits-Skala. Wobei: Wie spricht man eigentlich Ivanović aus, die Frau von 'Bastian Schweigsteiger' oder 'Bastian Stein...' oder 'Sebastian...'? Komplett wurschtegal."

"DWDL": "Vor allem aber habe er im Fernsehen immer das gesagt, was er auch zuhause auch gesagt habe. 'Inzwischen rede ich zuhause anders wie im Fernsehen. Und das ist auch keine dolle Entwicklung.' Gottschalk weiter: 'Und bevor jetzt irgendein verzweifelter Aufnahmeleiter hin- und herrennt und sagt: Du hast wieder einen Shitstorm hergelabert – dann sage ich lieber gar nix mehr.' Es sind Worte, die durchaus als Kritik an der gesellschaftlichen und medialen Entwicklung verstanden werden können – aus denen der inzwischen 73-Jährige nun seine Konsequenzen zieht. Zumindest mit Blick auf 'Wetten, dass..?', denn verstummen wird Gottschalks Stimme im Fernsehen auch nach diesem Abend nicht."

"Rolling Stone": "Julia, die Strichcode-Erkennerin, wird Wettkönigin. Sie umarmt Gottschalk, und er hält seltsam lange ihre Hand. Dann geht er auf Frank Elstner zu, der in der ersten Reihe steht. Er dankt dem noblen Mentor und Erfinder der Sendung, der wie stets die wärmsten Worte findet. 'Ich habe nicht den Eindruck, dass ich einer letzten Sendung beigewohnt habe – sondern dem besten Gottschalk. Ich mache jetzt etwas, das ich noch nie gemacht habe: Ich umarme dich öffentlich. Und wie geht Thomas Gottschalk aus der Sendung? Er geht nicht, er fährt.'"

"Berliner Morgenpost": "Jetzt war es wirklich das letzte Mal! Am Samstagabend verabschiedete sich Thomas Gottschalk (73) von der legendärsten TV-Show der deutschen Fernsehgeschichte. Für sein großes Finale von 'Wetten, dass..?' um ZDF begrüßte er in Offenburg rund 2000 Zuschauer im Publikum und platzierte wie gehabt deutsche und internationale Stars auf seinem Sofa. Ganz ohne eindrückliche, skurrile und teilweise sogar peinliche Momente ging das jedoch nicht vonstatten. Namensverwechsler, spontane Gesangsdarbietungen, ein kleiner Zoff und sogar eine irre Zäpfchen-Geschichte – auch an diesem Abend wurde kaum ein Fettnäpfchen ausgelassen."

"Neue Zürcher Zeitung": "'Wetten, dass . . .?' ist überwiegend eine migrantenfreie Zone geblieben. Das Publikum rein deutsch, ebenso die Wett-Teilnehmer, die Sendung ist ein erholsames Erlebnis der Selbstvergewisserung. Wir sind noch da, wie schön. Weltstars hingegen haben ihre Auftritte mitunter mehr erlitten als erlebt. Da musste man durch, denn wenn man auf dem finanzstarken deutschen Markt etwas verkaufen wollte, konnte man mit einem einzigen Auftritt bei Gottschalk eine riesige Menge Menschen erreichen."

 

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