Eine Geigerin spielt im hüfthohen Steppengras, eine Flötistin steht auf rotem Sand und Dirigent Matthew Wood schwingt den Taktstock in der unendlichen Wüstenweite. Das ist Darwins Symphonieorchester, bei den Proben für sein nächste Konzertereignis. Das junge Ensemble, bekannt für seine ungewöhnlichen Auftritte, ist wieder auf Tour. Die Kulisse ist dieses Mal besonders spektakulär: Das Orchester spielt Freitag und Samstag unterm Sternenhimmel vor dem Uluru, dem Felsmassiv mitten in Australien.
"Dort zu spielen ist seit 20 Jahren ein Traum gewesen", sagt Orchestermanager Guy Ross. "Die schönste Kulisse, die man sich vorstellen kann." Die Faszination des Uluru liegt in der Geografie: In der tausende Quadratkilometer weiten Wüste ragt plötzlich der drei mal zwei Kilometer große und 348 Meter hohe Sandstein aus dem Boden.
Fast surreal wird das Bild in der Abendsonne: Dann leuchtet das Massiv knallig orange aus dem rötlichen Wüstenboden. Weil auf tausende Kilometer Entfernung ringsum keine größeren Städte stehen, ist auch der Sternenhimmel einzigartig. Fast eine halbe Million Touristen reisen für diesen Blick jedes Jahr an den entlegenen Ort, 450 Kilometer südwestlich der nächsten Stadt, Alice Springs.
Digitales Mischpult und Didgeridoo
Unter freiem Himmel präsentiert das Orchester am Freitag (18. Oktober) Stücke aus Verdi-Opern wie Aida und La Traviata. "Wir haben supersensitive Mikrofone und ein ausgeklügeltes digitales Mischpult", sagt Ross. "Das einzige Problem wäre Wind, aber das Konzert ist abends, da ist es windstill." Am Samstag spielt das Orchester dann australische Kompositionen. Dann kommt auch das Didgeridoo, ein Instrument der Ureinwohner Aborigines zum Einsatz,
Der Uluru ist Weltnaturerbe und liegt mitten in einem von Aborigines verwalteten Nationalpark. Er spielt in der Mythologie eine große Rolle. Aborigines deuten bestimmte Formationen in dem Sandstein als Zeugnis von mythischen Kämpfen und Ritualen. Der Aborigine-Stamm der Mutitjulu will das Besteigen stoppen. Noch ist es geduldet. "Man steigt ja auch nicht auf den Vatikan, oder auf buddhistische Tempel", sagte Vince Forrester, Mitglied des Mutitjulu-Ältestenrates, dem Sender ABC.
"Wohl mehr was für Touristen"
Den 1200 zahlenden Gästen pro Konzert dient der rund zwölf Kilometer Luftlinie von der Bühne entfernte Uluru nur als Hintergrund. Die meisten Konzerttickets wurden für mehrere hundert Euro im Erlebnisreisepaket verkauft, Flug und Unterkunft inklusive. Eine elitäre Veranstaltung für Reiche sei das trotzdem nicht, sagt Ross. "Wir laden die Leute aus der Umgebung umsonst zur Generalprobe ein."
Ein paar hundert Meter vom Uluru entfernt liegt das Dorf Mutitjulu mit etwa 200 Aborigine-Einwohnern. Von dem Konzert wussten viele dort kurz vor dem Auftritt nichts. "Welches Orchester?", fragt der Einwohner Philip. Der Mitarbeiter in der Jobbörse weiß ebenso wenig. "Wir haben hier noch keine Faltblätter oder sonst Information bekommen", sagt er. "Wie sollen die Leute auch hinkommen? Hier haben wenige Transportmittel. Über die Straße sind es 26 Kilometer bis zum Hotel." Eine Mitarbeiterin der Gesundheitsstation glaubt: "Das Ganze ist wohl mehr was für Touristen."