Die Fans reiben sich die Hände, eine Million Euro liegen als Preisgeld bereit. Die fünfte Big-Brother-Staffel ist gestartet und hat neun neue Kandidaten ins Haus gelockt. Sie alle sind bereit, für das Preisgeld jede nur erdenkliche Entbehrung und Demütigung in Kauf zu nehmen.
Die erste Big-Brother-Staffel mit Zlatko und Jürgen war der deutschen Nation Kult- und Hassobjekt zugleich. Das Experiment, junge Leute unter ständiger Kamera- und Mikrofonüberwachung zusammen in einen nach außen abgeschirmten Observierungs-Container zu stecken, spaltete die Nation. Miesestes Trash-Fernsehen aus der Reality-Ecke fluchten die einen, tolles Medienprojekt mit wissenschaftlichem Analyse-Potenzial frohlockten die anderen. Der Rest der Nation freute sich über derbe Streitereien, nackte Brüste unter der Dusche und über die Erkenntnis, dass die Jungs und Mädels im Container genauso beziehungsunfähig, zänkisch und mies gelaunt wie man selber war.
Das Big-Brother-Projekt ist nach dem ersten Erfolg durch Höhen und Tiefen gegangen. Auf dem Höhepunkt des Reality-Wahns sendete RTL die einzelnen Staffeln zu schnell hintereinander und sorgte so für einen gähnenden Überdruss beim Zuschauer, der schnell auf die Quoten drückte. Seit vergangenem Jahr heißt deswegen die Devise: Nur noch eine Staffel pro Sendejahr. Anders geht es inzwischen auch gar nicht mehr, da RTL 2 den Status Quo der vierten und nach längerer Pause wiederum sehr erfolgreichen Staffel gar nicht halten möchte. Härter, länger, fieser - so heißt ab sofort die Devise. Und die erste Änderung am Konzept ist, dass die fünfte Staffel nicht wie sonst immer drei Monate dauert, auch nicht sechs, sondern gleich ein ganzes Jahr. 365 Tage müssen die Kandidaten im Container also ausharren. Das ist eine elendig lange Zeit, während der die Container-Gefangenen die Europa-Fußball-Meisterschaft, die amerikanische Präsidentenwahl und sicherlich auch noch eine neue Staffel "Ich bin ein Star, holt mich hier raus" verpassen werden. Doch das Geld lockt. Das Preisgeld von einer Million Euro wird dafür sorgen, dass es kein nobles Wir-sind-alle-gute-Freunde-Gefühle mehr im Container gibt. Die Insassen werden intrigieren, ihren Sex spielen lassen, Zweckbündnisse schließen und alles in ihrer Macht stehende unternehmen, um nicht vor der Zeit rausgewählt zu werden. Das bisher ausgelobte Preisgeld von 100.000 Euro war gut fürs Konto, eine Weltreise und ein ruhiges Studium. Mit einer Million Euro kann man aber ein ganz neues Leben beginnen. Das ist denn auch eine wahrlich satanische Versuchung, die in der Frage mündet: "Was bist du bereit, für so viel Geld zu tun?"
Neun Kandidaten sollt ihr sein
Wer traut es sich zu, für ein ganzes Jahr sein normales Leben aufzugeben? Wer verzichtet auf den Kontakt zur Familie, zu seinem Partner, zu den Freunden? Wer stellt sich der Chance, vielleicht, unter Umständen, eventuell eine Million Euro zu gewinnen, und verpflichtet sich dafür, 365 Tage lang auf Kinobesuche, gemütliche Fernsehabende, sportive Aktivitäten im Verein oder unbeobachtete Liebesspiele mit dem Freund oder der Freundin zu verzichten?
Wieder haben sich 20.000 unerschrockene und wahrscheinlich auch sehr blauäugige Kandidaten bei Endemol gemeldet, um für die neue Staffel gecastet zu werden. Mit einem inzwischen geschulten Kennerblick haben die Verantwortlichen einmal mehr eine Melange aus schrillen, schrägen, normalen und bodenständigen Typen zusammengestellt, bei denen untereinander sicherlich ein gewisses Konflikt- und Liebespotenzial besteht. Die neuen Kandidaten müssen ja auch unbedingt ungewöhnlich im Kern sein, ansonsten wird es ihnen kaum gelingen, das Publikum ein Jahr lang jeden Abend an den Fernseher zu binden. Schließlich wird der Gewinner erst im März 2005 gekürt.
Muskulöser Familienvater
Zu Beginn der neuen Staffel ziehen neun Kandidaten in den Container ein. Ihre Namen und ihre Daten stehen bereits fest. Bei den Jungs fällt der 39-jährige Achim auf. Er ist 1,91 Meter groß, 94 Kilo schwer und treibt gerne Sport. Der muskulöse Kaufmann aus der Rödermark in Hessen ist verheiratet und hat eine 7-jährige Tochter, die sicherlich nicht gerne ein Jahr ihres Lebens auf den Papa verzichtet. Den kümmert das anscheinend wenig, da er sich schon offen auf die Frauen im Container freut. Schließlich lässt er sich gerne von schönen Frauen verführen. RTL 2 meldet, dass seine Frau diese Aktivitäten durchaus toleriert. Ob sie das auch tut, wenn Achim unter den Kameras des Big-Brother-Hauses loslegt, das wird sich noch zeigen.
Auch Sascha S. ist ein Frauentyp. Das 26-jährige Männermodel ist 187 Zentimeter groß und 81 Kilogramm schwer. Sascha ist bereits für Diesel und Calvin Klein auf dem Laufsteg gestiegen. Mit Boxen, Tennis, Squash und Fitness hält er sich für die Mädels fit. Denn Sascha ist kein Kostverächter und gilt als Womanizer. Obwohl der blonde Jüngling Single ist, kann er sich Sex im Haus nur dann vorstellen, "wenn die Richtige dabei ist". Keine Panik, liebe Zuschauer: Nach einem Jahr ohne jeden Sex im Haus wird ihm jede Frau im Haus als die Richtige vorkommen.
Stripper und Frauenschwarm
Der dritte Frauenschwarm im Bund ist Jerry, 23 Jahre alt und Industriemechaniker aus Stuttgart. Der 1,88 Meter große und 88 Kilo schwere Showdancer und Stripper macht gerne Sport, weiß aber auch, wie man Parties feiert und anschließend gepflegt abhängt. Jerry macht einen sympathischen Eindruck - trotz Ulf-Glatze. Er hat einen dreieinhalbjährigen Sohn aus einer früheren Beziehung und kann laut eigener Aussage keiner schönen Frau widerstehen. Jerry: "Ich mache mit, um an meine eigenen Grenzen zu gelangen."
Gegenüber seinen Mitkonkurrenten fällt der 34-jährige Michael aus Berlin optisch stark ab. Der bärtige Arbeitslose ist am Körper großflächig und ziemlich bunt tätowiert und scheint eher aus der Proll- denn aus der Modelecke zu kommen. Da wundert es auch nicht, dass der 180 Zentimeter große und 81 Kilo schwere Single am liebsten Dart spielt und auf der Harley durch die Gegend brettert. Den Führerschein für seinen rauchenden Kilometerfresser darf Michael ruhig abgeben: Im Container darf er gerade einmal im Pool seine Runden drehen. Eine Beziehung kann sich der Motorradmann im Haus durchaus vorstellen. Sein Motto ist: "Ich mache wegen der persönlichen Herausforderung mit."
Arbeitsloser Altenpfleger
Schlecht einzuschätzen ist Sascha M. Der 29-jährige arbeitslose Altenpfleger aus Eberbach bei Heilbronn hat dicke Ringe im Ohr, ein Piercing unter der Unterlippe und einen gebleichten Kinnbart, der jeder Ziege zur Ehre gereichen würde. Der Single, der gerne mit Freunden flirtet, kann sich als Nullnummer oder als Frauenversteher ins Machtgefüge im Container einfügen. Auch mit seinen Hobbies kann Sascha M. vorerst nicht punkten. Er steht darauf, Musik zu hören und sich mit Freunden zu treffen. Fehlendes Selbstvertrauen kann man ihm jedenfalls nicht nachsagen.
Erfahrene Big-Brother-Gucker wissen bereits: Die Männer verstehen sich meistens ganz gut und kommen eher mit der ungewohnten Situation zurecht. Das geballte Zickenpotenzial liegt bei den Frauen. Sie alleine legen auch den erotischen Kurs im Haus fest. Entsprechend sorgfältig wurden die Mädels gecastet. Drei Frauen stehen bereits fest, die vierte wird als Überraschungsgast ins Haus einziehen.
Zickenpotenzial
Der erste Hingucker im Haus ist die 24-jährige Franziska. Die 1,78 Meter große und 70 Kilo schwere Blondine liebt das Tanzen, die Musik, das Abhängen mit den Freunden und das Handballspielen. Die Schöne mit dem sündigen Lächeln ist selbstständige Promoterin aus Arnsberg im Sauerland. Sie ist Single und steht auf One-Night-Stands, was beim Zuschauer sicherlich bereits sämtliche Alarmsirenen angehen lässt: Da geht doch sicherlich etwas. Gewinnt Franziska, möchte sie die Million nutzen, um eine eigene Szene-Bar zu eröffnen. Dazu passt auch ihr Lebensmotto: "Aus der Reihe tanzen und was Verrücktes machen, gehört zu meinem Leben".
Auch nicht von schlechten Eltern ist Sandra. Die 22-jährige Stripperin und Gogo-Tänzerin ist 175 Zentimeter groß und 52 Kilo schwer. Sie hat einen zweijährigen Sohn, der bei den Eltern des Vaters lebt. Anscheinend hat sie auch kein besonders großes Interesse daran, ihn in dieser so wichtigen Lebensphase zu sehen, sonst würde sie nicht für ein Jahr in den Container einwandern. Das gibt ein deutliches Minus bei den Sympathiewerten und ein ordentliches Plus beim Schlampenstatus. Doch Sandra scheint auf der Sexwelle zum Erfolg reiten zu wollen. Sie steht auf viele Affären: "Ich brauche Sex. Hauptsache, es gibt genügend Kondome im Big-Brother-Haus". Und: "Ich werde allen beweisen, dass ich eine geile Berlinerin bin."
Nacktfotos in der Badewanne
Auch die dritte Kandidatin ist nicht prüde, wie erste Nacktfotos in der Badewanne beweisen, die RTL 2 an die Presse verteilt. Sylvia ist 34 Jahre alt, 168 Zentimeter groß und 53 Kilo schwer. Die schwarzhaarige Griechin arbeitet als Stylistin in Heilbronn und lebt erst seit kurzem in einer neuen Beziehung - die allen Bedenken der Außenstehenden nach sicherlich das Jahr im Container nicht überstehen wird. Die bis vor wenigen Monaten noch in Griechenland lebende Teilnehmerin möchte durch Big Brother berühmt werden und auf diese Weise gute Jobs bekommen. Dieser Wunsch reicht sicherlich nicht aus, um beim Publikum zu punkten. Eine erste Rauswurfkandidatin, die es sicherlich nicht lange im Container machen wird.
Doch wer ist die Überraschungskandidatin? Die Bild-Zeitung brachte es bereits vor der ersten TV-Sendung heraus. Es ist die 28-jährige Kader Loth. Das schöne Mädchen arbeitete als Nacktmodel und firmierte als "Miss Penthouse". Nach der Trennung von Schauspieler Sven Martinek leckt die Lady im Big-Brother-Container ihre Wunden. Und vielleicht geht ja auch hier noch etwas. Kader Loth zu BILD: "Ich suche einen Mann. Habe seit sechs Monaten keinen Sex mehr."
Soziale Zwiebelschichten
Das Big-Bother-Haus wurde für die neue Staffel komplett umgebaut. Es ist jetzt - inklusive Garten - 650 Quadratmeter groß und teilt sich in die drei Bereiche Reich (220 Quadratmeter), Normalo (80) und Survivor (30). 52 Kameras übertragen Bilder aus jedem Winkel, 68 Mikrofone fangen jedes Geräusch ein.
Die Dreiteilung des Wohnraums hat Methode und wird für ordentliches Konfliktpotenzial sorgen. Gut haben es die Reichen. Sie haben eine Wohnung vom Allerfeinsten, einen großen Garten, einen Pool und eine eigene Sauna. Ihr üppiges Budget reicht locker aus, um sich auch hochtrabende Wünsche zu erfüllen. Um das Geld zu bekommen, müssen die Reichen nicht einmal arbeiten. Spaß haben die Kandidaten in dieser Gruppe sicherlich an der Luxusliste. Mit ihrer Hilfe können sie sich Sonderdienstleistungen wie etwa eine Massage erkaufen. Neu: Es ist auch möglich, sich Aktivitäten außerhalb des Big-Brother-Hauses zu gönnen, etwa eine Runde Golf auf kurzem Grün. Zur gleichen Zeit darf aber immer nur ein reicher Bewohner auf einmal das Haus verlassen.
Strafe von "Big Brother"
Von der Villa in die Sozialbauwohnung: Die Normalos leben den Durchschnitt. Ihre Wohnumgebung besteht aus einem Schlafzimmer, einem Bad mit Dusche, einer Küche, einem Wohnzimmer und einer kleinen Gartenterrasse - alles im nichtssagenden Stil des sozialen Wohnungsbaus. Da darf auch der röhrende Hirsch im Wohnzimmer nicht fehlen. Die Normalos müssen Wochenaufgaben erledigen. Wie hoch ihr Geldbudget pro Woche ist, hängt davon ab, wie gut sie diese Aufgaben bewältigen. Böse: Die nichtsnutzigen Reichen wählen für ihre "Freunde" aus zwei Vorschlägen die Wochenaufgabe aus, die die Normalos dann abzuleisten haben. Haben die Normalos zu wenig Geld in der Kasse, können sie außerdem Frondienste bei den Reichen antreten, die dann auch bezahlt werden. Ein solcher Dienst kann bis zu zwei Stunden dauern. Die Reichen können sich so zum Beispiel bekochen lassen. Sie können die Normalos aber auch damit beauftragen, den Wohnbereich aufzuräumen oder die Wäsche zu bügeln. Verweigert ein Normalo seinen Dienst, kann er von "Big Brother" bestraft werden.
Bleiben die Survivors - die im wahrsten Sinne des Wortes ärmsten Schweine im Container. Sie haben kein Dach über dem Kopf und leben unter freiem Himmel. Das ist kein Scherz, sondern der nackte Wahnsinn. Ihnen steht anstelle eines Herdes auch nur eine Feuerstelle zur Verfügung; sie müssen ihr Essen also über dem Lagerfeuer brutzeln. Anstelle einer Toilette gibt es auch nur ein klassisch-miefiges Plumpsklo. Auf warmes Wasser muss natürlich ebenfalls verzichtet werden, das kann man sich schließlich über dem Lagerfeuer erwärmen. Anstelle eines warmen Bettchens wartet ein schnöder Schlafsack auf die frierenden Genossen. Zu übel, dass die Survivors einen direkten Blick auf den Plantschepool der Reichen haben. Geld bekommen die Survivors auch keins. Sie erhalten stattdessen einmal in der Woche einen Vorrat mit den wichtigsten Grundnahrungsmitteln. Dabei müssen die Körner für das Mehl allerdings noch geschrotet und die Hühner für den Braten noch gerupft werden. Die Survivors können von den Reichen gemietet werden - für Verwöhndienste. Weigert sich ein Dienstleister, seinen Job zu erledigen, trifft die Strafe gleich sein gesamtes Team. Keine Frage: Das Leben im Armenbereich ist alles andere als schön.
Rein und Raus im Haus
Was passiert in den ersten Wochen nach dem Start der neuen Big-Brother-Staffel? Am ersten Abend ziehen neun Kandidaten ins Haus. Je drei von ihnen werden auf die einzelnen Wohnbereiche im Haus verteilt. Wie sich die Kandidaten einleben, zeigt RTL 2 jeden Abend um 19 Uhr. In den ersten Wochen geht es immer am Donnerstag um 20 Uhr 15 live zur Sache: Ein Kandidat muss das Haus verlassen. Dafür rücken dann jeweils drei neue Kandidaten in den Container nach - je einer für jeden Wohnbereich. Am 25. März ist es dann so weit: 15 Personen sind im Big-Brother-Haus, je fünf in jedem Bereich. Bis dahin dürfen die Kandidaten nicht ihren Wohnbereich verlassen. Später sorgen dann die klassischen Aufgaben dafür, dass die einzelnen Kandidaten einmal mehr an ihre Grenzen gehen können. Je nachdem, wie sie sich bei den Battles behaupten, wechseln die Insassen im Fernsehknast das Lager und damit auch die Hierarchie.
Bei den Wettkämpfen wird es Challenges und Matches geben. Challenges finden nicht im Haus statt, sondern werden spektakulär in ganz Deutschland abgehalten. Bei der Challenge "Geisterwrack" geht es etwa mitten in der Nacht zu einem alten Gasometer, der inzwischen als Tauchrevier zum Einsatz kommt. Hier muss der ausgewählte Bewohner mit der Taschenlampe in der Hand nach einem Schatz tauchen. Oder es kommt zum "Backdraft". Nach einer kurzen Schulung in einer Feuerwehr muss der Proband alleine einen Brand löschen und zwei Babypuppen aus den Flammen holen. Maximal zwei Personen beteiligen sich zur gleichen Zeit an den Challenges.
Fiese Wettkämpfe
Die Matches finden im Haus in einem eigens dafür eingerichteten Raum oder draußen auf dem Matchfield statt. Hier lädt "Big Brother" etwa zum Match "Cooles Outfit". Dabei geht es etwa darum, ein in Wasser getauchtes und dann im Kühlraum vereistes Kleidungs-Outfit mit den blanken Händen aufzutauen und dann anzuziehen. Lustig klingt auch die "Drop Zone": Ein Kandidat klettert in eine 60 Zentimeter dünne waagerechte Röhre, die dann auf 15 Meter Höhe gezogen wird. Anschließend kippt die Röhre in die Diagonale. Wer sich am längsten im Rohr festhalten kann, gewinnt das Match.
Nach dem 1. April 2004 finden dann auch wieder im wöchentlichen Wechsel die gewohnten Nominierungen und Auszüge statt. Sicherlich werden dann auch noch mehr Kandidaten ins Haus nachrücken, sonst wäre der Container ja schon vor der Zeit leer.
Neue Staffel, neue Moderatoren. In der fünften Staffel kümmern sich Ruth Moschner ("Freitag Nacht News") und Oli P. (Gute Zeiten Schlechte Zeiten) darum, die Geschehnisse im Haus für den Zuschauer transparent darzustellen.
Carsten Scheibe