Sie bildeten das magische Dreieck des Abends im Berliner Konzerthaus am Gendarmenmarkt: Richard Gere, die rechte Hand des Dalai Lamas auf Mission "Free Tibet", Sir Bob Geldof, Afrikas größter Fürsprecher und verbaler Einheizer, und Sharon Stone, geborene Marktschreierin, die schon auf einer Wohltätigkeitsgala bei den Filmfestspielen in Cannes die Rekordsumme von mehr als vier Millionen Euro für die Aidsforschung zusammenkratzte. Auch diesmal war kein Geldbeutel vor ihr sicher.
Seit sechs Jahren ist die Spenden-Gala "Cinema for Peace" einer, wenn nicht der Höhepunkt der Berlinale. Essen und Trinken für einen guten Zweck, da lassen sich auch Eins-A-Promis nicht lange bitten, werfen sich in ihre schicksten Fummel und kaufen Tickets für 600 Euro. Der Erlös der Gala kommt tibetischen Flüchtlingen und Kindern in der Krisenregion Darfur im Sudan zu Gute.
Christopher Lee, Wolfgang Joop, Katharina Witt, Moritz Bleibtreu, Oliver Hirschbiegel, Tokio Hotel, Martina Gedeck, Julia Jentsch, Eva Padberg, Katja Riemann in ihrer Funktion als Unicef-Botschafterin, Unicef-Deutschland-Vorsitzende Heide Simonis und viele andere waren dabei. Schirmherrin ist Präsidentengattin Eva Köhler, die ohne ihren Mann gekommen war und in ihrer einleitenden Rede die Vorbildfunktion betonte, die Künstler auf viele Menschen haben. Sie saß am Haupttisch in der Mitte neben Richard Gere, gegenüber von Sharon Stone, die wiederum Catherine Deneuve neben sich hatte.
Clint Eastwood als Stimme der Menschlichkeit geehrt
Zwei Plätze weiter thronte Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, die "rote Heidi", die gerne mal ihrem Tischnachbarn Bob Geldof den Rücken tätschelte. Sie übergab einen Preis an Forest Whitaker für seine Rolle des manischen Diktators von Uganda Idi Anim in "The Last King of Scotland". Dann warf sie noch mit Zahlen um sich, bedauerte die schlechte Relation der Ausgaben für Entwicklungshilfe gegenüber der für Waffen und gelobte Besserung von Seiten der Bundesregierung. Tosender Beifall. Forest Whitaker ist tief gerührt, sprach von seiner afrikanischen Herkunft und erzählte, wie er sich in Afrika, im Dschungel, auf die Suche nach den Wurzeln der Menschheit begab. Alle sprangen auf, Grünen-Chefin Claudia Roth als allererste, klatschen ekstatisch Beifall und waren tief gerührt.
Dresscode des Abends: graues Zottelhaar
Nicht nach künstlerischen, sondern nach humanitären Kriterien werden die Preise bei "Cinema for peace" vergeben. Wim Wenders, der sich auch Frisur-technisch an den Geldof'schen Style des Abends angepasst hatte - langes graues Zottelhaar -, ehrte Clint Eastwood für sein Kriegsspektakel "Flags of our fathers"/"Letters from Iwo Jima", weil es die Sinnlosigkeit des Krieges auf beiden Seiten der Front verdeutlicht. Eastwood bedankte sich mit zwei Sätzen per Videobotschaft.
Kein Meinungsfreiheit in Russland
Marianne Faithfull und Antonio Banderas übergaben zusammen den Preis für die eindrucksvollste Doku über den Krieg in Tschetschenien an ein russisches Autorenduo. Die erinnerten an die Journalistin Anna Politkowskaja, die immer wieder über diesen Krieg berichtet hatte und vor vier Monaten ermordet wurde. In Russland könne man immer noch nicht seine freie Meinung sagen, ohne Angst um sein Leben zu haben.
Knackige Reden, tiefe Emotionen, auch peinliche Momente blieben nicht aus: Schauspielerin Diane Kruger, die ihrem eigenen Regisseur Bille August für "Goodbye Bafana" einen Preis übergab, Regisseur Dani Levy, der jungen Filmtalenten einen Scheck von 15.000 Euro übergeben sollte, aber ohne Scheck dastand.
Geldofs beherzter Appell, Deutschland soll's richten
So steuerte man auf den Höhepunkt des Abends zu. Der englische Filmproduzent Richard Curtis "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" berichtete von seinen Besuchen in Afrika, von aidskranken Familien und dass er 700 Millionen Dollar gesammelt habe, um die Armut zu lindern. Er und Bob Geldof, dieser Rebell mit Absicht, würden sich gegenseitig die Preise zuschanzen, so funktioniere um für Afrika zu kämpfen. Bob wiederum hielt eine flammende Rede: "Geben Sie Afrika verdammt noch mal was zu essen". Deutschland habe beim G8-Gipfel in Heiligendamm die politische Kraft, etwas zu ändern. Auch habe Gerhard Schröder 2005 unterschrieben, dass die Bundesregierung 0,5 Prozent des Bruttosozialprodukts für Entwicklungshilfe für Afrika zur Verfügung stellen werde. "Dieses Versprechen kann keiner brechen, auch nicht seine Nachfolger." Der Angesprochene fehlte, ebenso wie Angela Merkel. Danach gab es minutenlang stehende Ovationen für Geldof.
Richard Gere kämpft für freies Tibet
Und dann kam er, der Hauptredner des Abends, Richard Gere, bekennender Buddhist und Kämpfer für ein freies Tibet, verlagerte den Focus von Afrika nach Asien. In epischer Breite erzählte er, unter welch menschenunwürdigen Bedingungen Mönche und Nonnen flüchten und von chinesischen Grenzsoldaten "wie Langhaarschafe im Gebirge" erschossen werden. Er appellierte ebenfalls an Deutschland und Merkel, die mit der G-8-Präsidentschaft die große Möglichkeit habe, China zu einer anderen Tibet-Politik zu ermutigen, so Gere. Der Beifall war frenetisch, bis das Essen serviert wurde.
Kurze Pause für Felchen auf grünem Apfel, schottischen Lachs auf Balsamkraut, Kalbsfilet mit Ackerbohnen, Zitronenfondant mit Gewürz-Blätterteig, dann kam die eigentliche Show der Gala, Motto: Geldbeutel auf. Sharon Stone betrat die Bühne, die geborene Marktschreierin. Mit unglaublicher Hartnäckigkeit versteigerte sie Luxusartikel wie Galakarten oder Spazierfahrten in teuren Autos, trieb die Preise in astronomische Höhen, alles für den guten Zweck. Und während Frau Stone noch Geld sammelte, eröffnete Schauspieler Joseph Fiennes mit Freundin zu 70er-Jahre-Disco im Nebenraum die After-Show-Party. Tanzen für eine bessere Welt.