Wer wie an Ostern seine Eier suchen wird, das ist in diesem Jahr noch nicht geklärt. Wem Sie am Sonntagabend rhetorisch fein säuberlich entfernt wurden, das wiederum dürfte allen seit Angela Merkels mattem Auftritt bei Anne Will klar sein.
Nein, das ist wirklich nicht Armin Laschets Tag. Und das schon seit Wochen. Man wäre geneigt, zu sagen "seit Monaten" – wäre nicht zwischenzeitlich diese Wahl zum CDU-Parteivorsitzenden gewesen, aus der ebendieser Laschet siegreich hervor ging.
Micky Beisenherz: Sorry, ich bin privat hier
Mein Name ist Micky Beisenherz. In Castrop-Rauxel bin ich Weltstar. Woanders muss ich alles selbst bezahlen. Ich bin ein multimedialer (Ein-)gemischtwarenladen. Autor (Extra3, Dschungelcamp), Moderator (ZDF, NDR, ProSieben, ntv), Podcast-Host ("Apokalypse und Filterkaffee"), Gelegenheitskarikaturist. Es gibt Dinge, die mir auffallen. Mich teilweise sogar aufregen. Und da ständig die Impulskontrolle klemmt, müssen sie wohl raus. Mein religiöses Symbol ist das Fadenkreuz. Die Rasierklinge ist mein Dancefloor. Und soeben juckt es wieder in den Füßen.
Nun schien es vor Kurzem noch ausgemachte Sache, dass der Unionsvorsitzende sich zum Kanzler hochpetern würde. Zu stabil war die Kanzlerinnenpartei in den Umfragen, zu schwach die Konkurrenz. Das ist circa zwei Millionen an dubiosen Nebeneinkünften und täglich 25.000 Neuinfektionen her. Während die Osterruhe zumindest in vielen Impfzentren greift.
Jetzt regiert vor allem die Unzufriedenheit. Und in NRW ein Ministerpräsident, dessen pandemisches (V)Irrlichtern die Bundeskanzlerin nicht mehr lange tatenlos anschauen mag. Sätze wie "wir müssen mit einer großen Ernsthaftigkeit jetzt die geeigneten Maßnahmen einsetzen. Und einige Bundesländer tun das, andere tun es noch nicht" lassen nur wenig Platz für Interpretationsspielraum.
Wenn es um ihren Parteivorsitzenden geht, beachtet die Kanzlerin vorbildlich die Abstandsregeln. Und Laschet seinerseits möchte auch lieber seiner Linie treu bleiben. Was er nicht weiß, ist: Er hat gar keine.
Warum löschen, wenn der Keller qualmt?
In der MPK spricht er sich mit für Osterruhe aus und verabschiedet die Notbremse - nur, um all das zeitnah wieder zu verweigern und, tja, was eigentlich? "Wenn die Lage dramatischer wird, bin ich für jeden Vorschlag des Bundes offen."
Der Vorschlag des Bundes, so darf man Merkel interpretieren, wäre, die bestehenden Vereinbarungen einzuhalten, um es nicht noch dramatischer werden zu lassen. Das scheint aber die Sache von Mad Dog Laschet nicht zu sein. Warum löschen, wenn der Keller qualmt? Man kann sich doch auch prima an der brennenden Wohnzimmertischdecke noch eine anstecken.
So richtig überraschend ist das allerdings nicht von einem Mann, dessen virologische Expertise sich auch nach einem Jahr einzig und allein auf die Schönwetterauskunft von Maxi Biewer stützt. Sind wir ehrlich: Schon die Notbremse war ein ziemlich irrsinniger Stunt.
Armin Laschet tritt aufs Gaspedal
Der Inzidenzignorant Laschet allerdings tritt sogar noch aufs Gaspedal, während die Karre schon rauchend an der Mauer hängt. Trotzdem will er 130 fahren und hofft, dass die Mauer nachgibt. "Wir brauchen Tübingen überall", lässt der Mann sich zitieren. Was er bekommen wird: Thüringen überall.
Denn in dem sehnsuchtsvoll betrachteten Covid-Gallien des verhaltensauffälligen Grünen Oberbürgermeisters fußt das Konzept der testbasierten Wiederaufnahme gesellschaftlichen Lebens auf der Grundlage niedriger Inzidenzen. (Wie man dazu gelangen kann, hat zuletzt Portugal recht kurz, schmerzhaft, gleichsam eindrucksvoll bewiesen.) Und selbst dort, an der Playa de Palmer gehen die Infektionszahlen wieder rauf.
Geradezu suizidal ist es, jenseits der 100er-Marke weiter öffnen zu wollen und zu glauben, man könne das Virus durch möglichst viel Normalitätssimulation veräppeln, wenn man es nur beharrlich genug versucht. Herrgott, dieser Irrsinn geht so weit, dass sogar Köln darüber nachdenkt, Corona-Modellstadt werden zu wollen. Köln! Das muss man sich mal vorstellen. Virologische Schüttelschecks, ausgestellt von trotzigen Landesvätern.
Mittlerweile sind viele "mütend"
Jetzt ist nicht Armin Laschet allein auf diesem Pfad, sondern auch sein Parteikollege Tobias Hans und der dauerzerknirschte Berliner Bürgermeister Michael Müller, dessen Konzept des "Testen und Bummelns" Angela Merkel ebenfalls öffentlich abkanzelte. (Dass das "Testen und Impfen verbummeln" zuvorderst auf ihre Kappe geht, lassen wir an dieser Stelle mal unerwähnt.)
Allerdings war nur einer von denen auf einem recht trittfesten Pfad Richtung Kanzleramt. Zumindest bis Januar. Nun jedoch sind viele "mütend", wieder andere fühlen sich pandämlich regiert. Und das Gesicht dieser Maßlosigkeit ist The Artist formerly known as Kanzlerinnen-Intimus Armin, dessen derzeitige Bestandsaufnahme wie folgt ausfällt: "Es darf nicht zum allgemeinen Ton werden, anderen Ministerpräsidenten ihre Infektionszahlen oder Todeszahlen vorzuhalten."
Stellt sich die Frage: Warum nicht? Wie ambitionslos kann man sein, nicht genau mit der Minderung ebendieser glänzen zu wollen. Speziell, wenn man nicht nur ein Bundesland, sondern gleich die gesamte BRD führen will.
Armin Laschet wirkt volksnah
Dass wir uns nicht falsch verstehen: Laschet scheint ein netter Mann zu sein. Er wirkt aufrichtig und authentischer als der ungleich talentiertere Kompetenzverkäufer aus dem Süden. Volksnah, möchte man sagen. Nur: Wer führen will, darf den Bürgern nicht so nah sein, dass er jegliche Objektivität verliert. Der muss der Bevölkerung mehr als nur einen Schritt voraus sein.

Das bedeutet, nicht nur nach Umfragen zu regieren. Nicht danach zu entscheiden, was die Bürger wollen - sondern was sie brauchen. Konsequent und verlässlich sein. Wer es allen recht machen will, wird zum Gesicht des Kompromissmanagements.
Der Ministerpräsident NRWs ist kein Schwein, kein Soziopath und kein Querdenker. Er ist lediglich jemand, der auf zu viele hört und gleichzeitig zu viele ignoriert. Ein Mann, dessen ausgeprägte Unfähigkeit zum selektiven Hören ihn lähmt.
Wollen wir alle ein Ende des Lockdowns? Aber ja doch. So zügig wie möglich. Könnte ein kurzer, harter und vor allem echter Lockdown uns schneller dorthin bringen? Vieles spricht dafür.
Will ich solche 14 Tage erleben? Natürlich NICHT. Was ich will, ist eine Regierung, die über meinen Willen (und meine Ahnungslosigkeit) hinweg alles tut, was geboten ist, um der Problematik schnell Herr zu werden.
Sein Weg führt ganz sicher nicht ins Kanzleramt
Das soll nicht klingen wie das permanente Einschlussgelechze, von dem vor allem diejenigen befallen scheinen, die finanziell wie ich vergleichsweise wenig vom Lockdown betroffen scheinen. Und doch erscheint es sinnvoll, die Bude einmal von Grund auf virologisch zu entrümpeln, um mal wieder klar sehen zu können. Besser ein Ende mit Shutdown als ein Shutdown ohne Ende.
Es scheint, die letzte Zahl, die Armin Laschet nicht überfordert hatte, war die auf der Bergmannsmarke seines Vaters. Sein Weg führt weder aus der Krise – und ganz sicher nicht ins Kanzleramt. Dass sie das auch nicht mehr für eine gute Idee hält, das hat die Kanzlerin am Sonntag Abend recht deutlich klar gemacht.
Viel inspirierter wirkte sie darüber hinaus allerdings auch nicht.