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M. Beisenherz: Sorry, ich bin privat hier Kater unser

Micky Beisenherz über Kater Kimba
Nach 18 Jahren ist Kater Kimba zurückgekehrt.
© Polizei Berlin / DPA
Nach 18 Jahren ist Kater Kimba in Berlin zu seinem Herrchen zurückgekehrt. Eine Episode, sehr signifikant für das Verhältnis zwischen Mensch und Katze, findet Micky Beisenherz.

Die gute Nachricht zuerst: das Vieh ist zurück. Und es geht ihm gut. Das war es dann aber auch schon. Nicht ohne Erstaunen nahm ich dieser Tage die Top-Meldung aus Berlin zur Kenntnis: "Kater Kimba ist wieder zuhause."

Dass dies jetzt eine Eilmeldung wert sein sollte, war schon etwas verwunderlich, bietet die Hauptstadt für gewöhnlich doch genug Stoff, um eine handelsübliche Zeitung auf die gewöhnliche Dicke zu bekommen: Massenschlägerei am Alexanderplatz, Jens Spahn, der öffentlich seine überwundene Hirnverstopfung zelebriert und natürlich immer wieder der Lothar Matthäus unter den denkmalgeschützen Gebäuden, der BER.

Micky Beisenherz: Sorry, ich bin privat hier

Mein Name ist Micky Beisenherz. In Castrop-Rauxel bin ich Weltstar. Woanders muss ich alles selbst bezahlen. Ich bin ein multimedialer (Ein-)gemischtwarenladen. Autor (Extra3, Dschungelcamp), Moderator (ZDF, NDR, ProSieben, ntv), Podcast-Host ("Apokalypse und Filterkaffee"), Gelegenheitskarikaturist. Es gibt Dinge, die mir auffallen. Mich teilweise sogar aufregen. Und da ständig die Impulskontrolle klemmt, müssen sie wohl raus. Mein religiöses Symbol ist das Fadenkreuz. Die Rasierklinge ist mein Dancefloor. Und soeben juckt es wieder in den Füßen.

Besonders allerdings war dann doch der Zeitpunkt der Rückkehr des Tieres: nach 18 Jahren. Achtzehn Jahre! In dieser Zeit wird der FC Bayern circa 22 Mal Deutscher Meister, Gerhard Schröder heiratet ein halbes Dutzend Mal und die Stadt Berlin errichtet in Brandenburg ganz lässig einen Flugha... lassen wir das.

Nach fast zwei Jahrzehnten also brachte die Berliner Polizei das Tier zu seinem Besitzer zurück. Etwas unterernährt und verfilzt. Dem Kater ging es kaum besser. Offenbar hat Kimba viele Jahre auf der Straße verbracht, aber auch weiter keine Anstalten unternommen, sich mal bei seinem Herrchen zu melden.

Dieses wiederum gab sich begeistert ob der Rückkehr des Streuners. In der Wohnung allerdings ergeben sich nun Revierkämpfe. Kimba wurde natürlich längst durch Stubenkater "Katz" ersetzt. Vermeintliche Witwen, die nach dem Zweiten Weltkrieg zu schnell wieder geheiratet haben, wissen, was Herrchen jetzt fühlen muss.

Man kann nur mutmaßen, wie misstrauisch sich Besitzer und Flüchtlingskater bei der Rückkehr angesehen haben müssen. "Ach, guck. DA hat sich aber einer schnell getröstet." Eigentlich eine Episode, sehr signifikant für das Verhältnis zwischen Mensch und Katze.

Minka und Maunzi übernehmen den Instagram-Account

Eine Verbindung, die gestörter kaum sein kann. Jahre-, ja, jahrzehntelang buhlt man um die Aufmerksamkeit und Zuneigung des haarenden Mitbewohners, der ab und an strategisch günstig um das Bein seines Vermieters herum scharwenzelt. Ging es dem Tier früher lediglich darum, sich dergestalt für einen Teller Sheba zu prostituieren, langt die reine Nahrungsbeschaffung heute nicht mehr: Hunderttausende Deutsche haben schlicht nicht bemerkt, dass ihr Facebook- oder Instagram-Account längst von Minka, Maunzi oder Rocco übernommen wurde und sie nur noch humanoide Erfüllungsgehilfen sind. Gerade gut genug, Fotos des Stubentigers (kicher) zu machen und hochzuladen. Wäre da nicht ab und an ein geteilter Beitrag zum Thema Flüchtlinge und Ausländer - der Besitzer würde gänzlich hinter dem Tier verschwinden.

Wieviel schöner ist es da doch, einen Hund zu besitzen. Ein herrlich kritikloser Speichellecker, der vor allem den von der Gesellschaft enttäuschten oft als engste Bezugsperson dient. Der Hund liebt dich. Egal, wie du bist. Selbst Hitler hatte einen Hund. Und sogar der hat nicht einmal mit den Augen gerollt.

Hunde sind treudoof. Nicht selten hat man von Fällen gehört, wo das Herrchen beim Pilawa gucken auf der Couch verstorben ist, während der Hund brav neben dem mittlerweile steifen Vorgesetzten Wache hielt. Nicht einmal Pilawa konnte Wuffi davon abhalten.

Eine Form der Auswilderung

Zu sowas ist eine Katze gar nicht in der Lage. Die marschiert schon los, während das Frauchen noch röchelnd am Boden liegt. Allerdings nicht, um Hilfe zu holen. Die Tür vom Nachbarn war gerade auf, und er kommt gerade vom Einkaufen.

Nehmen wir nur Kimba. Bereits kurz nach dem Umzug von München nach Berlin machte sich das Tier durch ein geöffnetes Fenster aus dem Staub. Soll Herrchen doch sehen, wie es klar kommt. 

Gut, jetzt muss man fair sein: Von München nach Kreuzberg zu ziehen, das ist, nun, also... Eine Form der Auswilderung, die man nicht einmal einem Menschen zumuten sollte. Da war Kimba schlauer. Herrchen ist also ohne Kater aufgewacht. Das kriegen in der Hauptstadt auch nur die wenigsten hin. 

Dafür ist er noch gut genug

Was genau das Tier die letzten fast zwei Jahrzehnte gemacht hat, kann man sicher irgendeinem Blog entnehmen. Eines allerdings steht fest: Nach dem Umzug nach Berlin zwei Jahrzehnte später hungrig, verfilzt und arbeitslos zurück in die Arme von Papa zu flüchten - da zumindest sind sich Tier und Mensch dann doch sehr ähnlich.

Katzen haben übrigens eine Lebenserwartung von, richtig: 18 Jahren. Man kann also getrost davon ausgehen, dass das Tier zurück gekommen ist, um häusliche Pflege in Anspruch zu nehmen.

Dafür ist er dann noch gut genug, der Mensch.

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