Sie ist eine der beliebtesten Deutschen. Ihre Songs machen Millionen von Menschen in Deutschland, Österreich und der Schweiz "atemlos". Ihre Musik verkauft sich besser als Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt. Ihre Konzerte füllen Fußballstadien. Er dagegen, ist fast das Gegenteil: hart, nicht immer politisch korrekt und "weiß wer der Babo ist".
Die Rede ist von Schlager-Star Helene Fischer und dem Rapper Haftbefehl. Die beiden sind so unterschiedlich wie Russland und die USA, Fast-Food-Fetischisten und Veganer oder Skinny-Jeans und Baggy Pants. Doch jetzt machen die beiden tatsächlich zusammen Musik.
Grund dafür ist der Youtuber Dr. Bootleg. Der hat einen Mashup aus zwei Songs der Künstler gemixt. Und zwar hat er Helene Fischers "Lass mich in dein Leben" und Haftbefehls "Anna Kournikova" mit der Hilfe von ganz viel Autotune auf einen schlagertypischen Beat gelegt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, dafür, dass sein Channel nur knapp 500 Abonnenten hat: fast 80.000 Aufrufe in nicht einmal fünf Tagen.
Helene Fischers Musik ist alles, nur nicht tiefgründig
Es funktioniert tatsächlich: Schnulzen-Schlager und Gangster-Rap in einem Mix vereint. Und doch muss man sagen, dass es gut ist, dass es "nur" ein Mashup ist. Was für den Mainstream ein Novum darstellt, ist für den Hip-Hop eine Beleidigung.
Jetzt mögen Schlager- und popkulturelle Fanatiker hochschrecken und sagen: "Wie kann man nur so etwas behaupten? Helene Fischers Musik ist tiefgründig und so ehrlich." Ach, wirklich?
Texte über Liebe, das Leben, Schmerz und Freude sind tiefgründig? Haftbefehl dagegen, der in seinen Texten von Gewalt auf den Straßen, Drogenproblemen, Armut und Unterdrückung der Unterschicht und der breiten Masse rappt, ist für viele Menschen ein niveauloser Asozialer. Das ist doch eine verkehrte Welt!
Jemand wie Haftbefehl passt dem Mainstream nicht
Aber so ist es in Deutschland. Vom Mainstream wird eher eine hüllenlose, gut aussehende Blondine mit Songtexten voller Worthülsen verehrt als ein Rapper mit Migrationshintergrund. Als einer, der es geschafft hat, das Umfeld seiner Herkunft zu verlassen: eine Welt voller Drogen, Gewalt und Armut. Und eben das versucht Haftbefehl, in seinen Texten zu verarbeiten.
Aber anstatt ihn zu feiern, weil er das geschafft hat, wird er von vielen Medien und Menschen für seine Texte verurteilt. Helene Fischer aber bekommt eine Live-Show im Fernsehen nach der anderen. Es ist die schöne, heile Welt, die dabei jedes Mal aufs Neue inszeniert wird.
Jan Böhmermann hat es in seiner Sendung auf den Punkt gebracht: Es verkauft sich einfach besser. Die Leute wollen keinen Menschen, der Dinge anspricht, die ihnen nicht gefallen. Sie wollen eine Helene Fischer, die singt, dass ihr Herz wie nach einem Marathon schlägt. Sie wollen das hören, was sie sich wünschen: Friede, Freude, Eierkuchen.
Haftbefehl macht Helene Fischers Musik ertragbar
Tja, und da passt dieser über 1,90 Meter große Offenbacher Rapper mit seinen Texten nicht hinein. Da will niemand hören, dass "Chabos wissen, wer der Babo ist". Es sei denn, sie merken, dass Haftbefehl bei den Jugendlichen ankommt, weil er authentisch ist, weil er nichts verharmlost, und tatsächlich erfolgreich ist. Dann wollen sie ihn alle haben. Dann feiern sie es, dass ein Dr. Bootleg ein Mashup aus den Songs der beiden macht.
Eigentlich sollte Helene Fischer dankbar sein, dass sie jetzt einen Song mit Haftbefehl hat. Es ist nämlich der erste Song von ihr, der nicht aus leeren Worthülsen besteht und eine perfekte Welt vorgaukelt. Zum ersten Mal ist ihre Musik erträglich. Dank Dr. Bootleg und Haftbefehl.
